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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Ebe, Gustav: Neubildungen im Bereiche der Baugliederungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0081

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Neubildungen im Bereiche der Baugliederungen.

\\6. Bibliothekwand von lvilh. Michael, München.

Das für die jedesmalige historische Aunstperiode
bezeichnende stilistisch-ornamentale Element der Wand-
bildung beruht wesentlich aus den zum Ausdruck des
latenten statischen Lebens dienenden Formen, die
keineswegs technisch - materiellen Ursprungs sind,
sondern der künstlerisch bildenden Phantasie entstam-
men. Eines der frühesten Beispiele dieser Art ist
die ägyptische Hohlkehle, als Ausdruck freier Endigung.
Dieselbe wird in allen altorientalischen Etilen ange-
wendet, ob autochthoir oder von Ägypten übertragen,
bleibt unentschieden. Ein Ubauersockel ist in Ägypten
selten vorhanden. — Auf die griechische Wand wurden,
abgesehen von dem Dachkranze, der mit dein Eäulen-
gerüst in engster Verbindung steht, die Fuß- und
Bekrönungsglieder der Ante mit größter Feinheit des
ästhetischen Empfindens übertragen, und es wird
schwer sein, sie ganz zu vermissen oder durch andere
zu ersetzen. — Die Gotik hat sich nicht von der Ver-
wendung des antiken Eockelprofils frei halten können,
und wenn dies dennoch in der Epätzeit des Stils

der Fall ist, so tritt eine einfache Echräge, der so-
genannte Wasserschlag, als praktisch zweckliche, aber
ästhetisch nichtssagende Form an seine Etelle. Das
Abschlußgesims der gotischen Wand ist keine freie
Bekrönungsform, sondern eine Bezeichnung des Dach-
randes, der häufig noch eine Balustrade folgt. Die
bjauptgesimse der Renaissancebauten sind entweder
von dem der Wlauer vorgestellten Halbsäulen- oder
Vilastergerüst in der Größe abhängig, oder sie be-
ziehen sich als Bekrönung auf den ganzen Baukörper.
)n den ^nnenräumen der Renaissancebauten von
monumentaler Bedeutung wird die Wandbildung
häufig von der Außenarchitektur entlehnt und erscheint
als Halbsäulen- oder Hülasterstellung mit dem zu-
gehörigen Hauptgesimse, meist unter Weglassung des
Frieses, oder es wird mindestens ein Architravstreif
und ein nach diesen! bemessenes Deckengesims an-
gebracht. Das Rokoko vermeidet in seinen Raum-
bildungen ganz, den statischen Gegensatz zwischen
Decke und Wand durch irgend ein Gesims zu be-
 
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