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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Ausländische Fachleute über die deutsche Gruppe auf der Turiner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0093

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Ausländische Fachleute über die deutsche Gruppe auf der Turiuer Ausstellung.

ist, umschließt eineu überhöhten Bogen freierer Form,
auf dessen Schlußstein oben in breiten goldenen Leitern
„Germania" steht, während darüber kühn der schwarze
Adler angebracht ist.

Tritt nian nun ein, so findet man einen ge-
wölbten f)of oder Borplatz, in welchen das Licht von
oben hereinfällt, gedämpft durch die grünen Blätter
herabhängender Reben — in der Mitte ein ver-
senktes Brunnenbecken, behütet von zwei mysteriösen
sphinxähnlichen Nymphen mit tiefsinnigem Gesichts-
ausdruck. Der Entwurf zu diesem Raum ist von
der Haud des Herrn Behrens, des bekannten Ham-
burger Architekten.

Unter dem Schatten der gewölbten Bogen hin-
durch gelangt man aus der graugrünen Stim-
mung dieses Vorplatzes zu anderen Höfen und Ge-
mächern, die sich rechts und links anschließen und in
denen die verschiedenen Staaten des Deutschen Reiches
ausgestellt haben — wobei die einzelnen Länder
stets deutlich bezeichnet sind, sowohl in Bezug auf
Entwurf und Anordnung der Höfe und Wohnräume,
als auch in Bezug auf die Einzelgegenstände, wie
Mobiliar, Dekorationsgegenstände u. s. w.

So sehen wir nach und nach Preußen, Sachsen,
Bayern, Baden, Württemberg, Hessen und Hamburg
und bekommen einen Begriff, was die tonangebenden
dekorativen Künstler leisten können. Da finden wir
eine von Herrn Wichtendahl aus Hannover gemalte

\2y. Kupferne Theekanne von A. Rüben, ausgeführt
von Karl Wiedstruck, Wien.

Kapelle, durch ihre düstere, andächtig stimmende
Beleuchtung und ihre ursprüngliche Empfindung ein-
drucksvoll. Ein ergreifendes Wandgemälde, das als
Abschlußdekoration eines anderen Raumes dient, lenkt
unsere Aufmerksamkeit auf sich. Es stellt einen in
Stahl gekleideten Ritter an der Seite eines nackten
Weibes dar, auf dem Hintergrund grüne Blätter
und Blüten. Leider stören zwei auffallende moderne
Glasfenster, die an sich aber gut sind, stark den Ge-
samteindruck des Wandgemäldes."

Trane beschreibt dann kurz den Billingschen
„Kaiser Wilhelm Raum" und fährt fort:

„Weiterhin betreten wir den prächtigen,
von Architekt Kreis entworfenen Majolika-
salon und den vornehmen Raum von
Olbrich, sowie — gleichsam das Herz der
ganzen deutschen Abteilung —• das ent-
zückende, von H. v. Berlepsch entworfene
deutsche Haus, mit seinem reizenden Hof,
seinen Balkons und heiter bemalten Wän-
den. Die Motive der letzteren rufen im
Beschauer Erinnerungen an hohes grünes
Gras wach, aus dem die Blumen nach
oben streben und sich zu einem reizenden
Fries vereinigen. Alles ist gedanken- und
phantasievoll, und die in der Zeichnung
und Dekoration dieser Höfe der deutschen
Gruppe entfaltete Erfindungsgabe flößt die
höchste Achtung ein, sowohl vor der ganzen
Organisation, als auch vor der Geschick-
lichkeit der Handwerker, welche so trefflich
unter der genialen Leitung H. v. Berlepschs
gearbeitet haben.

Überhaupt war es lehrreich und unter-
haltend, den brüderlichen und freundlichen
Verkehr zu beobachten, welcher die deut-
schen Künstler und Kunsthandwerker,

J30. Taschentuch (Klöppelspitze) von Franziska lhoffmanninger, Wien;
ausgeführt vom k. k. Lentral-Sxitzenknrs.

U

Aunst und Handwerk 53. Iahrg. Heft 3.
 
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