308. „Das Nest." Nach einer Griginalradierung von ff. Hegen bart, München.
(Der (Kund zeichnender Aünskker
in München.
(Von ÄrHur Aoeszker.
ine Gruppe mehr. Die vielen
Sonderbünde sind ja schier so
etwas wie Kleinstaaterei, aber es
ist ihnen doch auch Gutes nicht
abzusprechen: Zntiinität und
Eigenart, fremde Einflüsse ver-
mögen nicht stark wirksani zu werden, denn die
Bundesgenossen beeinflussen sich gegenseitig; und die
sind doch irgendwie immer verwandt oder gleich-
gesinnt in vielen Hinsichten. Oft erzeugt diese gegen-
seitige Einwirkung eine gewisse Ähnlichkeit, gemein-
schaftliche Stimmung, ja selbst Gleichart der Technik;
immer verhindert es das Untersinken einzelner unter
das Niveau des Bundes. „Diese Gruppen fangen
immer als bloße Aggregate an, zufällige Vereine
von Menschen, welchen irgend ein Ziel gemein ist.
Aus der gemeinsamen Richtung entsteht durch Be-
ziehung und Verkehr bald eine Sympathie. Durch
sie bekommt das Aggregat erst eine Form, nun tritt
einer vor, die anderen schließen sich an, teilen sich
ein, man gliedert sich, wird organisch — unwillkürlich
hat sich die bloße Gruppe zu einer Art von polis
entwickelt mit einer Autorität, mit ungeschriebenen,
aber festen Gesetzen, mit einem gemeinsamen Willen,
der mehr als die Summe der einzelnen Energie ist;
und unwillkürlich nimmt jeder einzelne nun vom
Ganzen das Maß und die Bestiminung für seine
sämtlichen Verhältnisse an. Das Wundervolle solcher
Gruppen ist es, daß sie, oft zuerst bloß zu irgend
einen: Zweck verbunden, allmählich in sich einen
dirigierenden Geist erzeugen, eine aus den einzelnen
zusammengezogene, aber dann wieder in die einzelnen
zurückwirkende Seele, ein Pathos oder wie inan es
immer nennen mag, das nun auch die anderen
menschlichen Beziehungen der Mitglieder so sicher
bestimmt, wie nur der Wille eines Vaters oder die
Satzung eines Priesters." So haben sich eigentlich
auch einige Aünstler nicht aus ästhetischen Gründen
zum „Bund zeichnender Aünstler in München" ver
einigt, nicht das Verlangen „Schule" zu machen hat
sie zusammengeführt, sondern einfach die Erwägung
der praktischen Vorteile, die einer solchen Aorporation
zuteil werden. Aus der Absicht, eine Wehr der
zeichnenden Aünstler gegen die großen, alles ver-
schluckenden Ausstellungen, in denen man als über-
wiegenden Eindruck den einer unübersehbaren er-
schreckenden Massenhaftigkeit empfängt, zu schaffen,
entstand der Bund. Der einzelne Aünstler verliert
sich mit seinen wenigen Stücken in der dultbunten
Menge wirklich allzu leicht. Am ehesten verliert sich
der Graphiker, denn seine Bilder werden, wenn es
ihm glücken sollte „anzukommen", als Füllsel an die
Wände dunkler Gänge und versteckter Aammern ge-
hängt, in die man nicht hineingerät, wenn man nicht
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(Der (Kund zeichnender Aünskker
in München.
(Von ÄrHur Aoeszker.
ine Gruppe mehr. Die vielen
Sonderbünde sind ja schier so
etwas wie Kleinstaaterei, aber es
ist ihnen doch auch Gutes nicht
abzusprechen: Zntiinität und
Eigenart, fremde Einflüsse ver-
mögen nicht stark wirksani zu werden, denn die
Bundesgenossen beeinflussen sich gegenseitig; und die
sind doch irgendwie immer verwandt oder gleich-
gesinnt in vielen Hinsichten. Oft erzeugt diese gegen-
seitige Einwirkung eine gewisse Ähnlichkeit, gemein-
schaftliche Stimmung, ja selbst Gleichart der Technik;
immer verhindert es das Untersinken einzelner unter
das Niveau des Bundes. „Diese Gruppen fangen
immer als bloße Aggregate an, zufällige Vereine
von Menschen, welchen irgend ein Ziel gemein ist.
Aus der gemeinsamen Richtung entsteht durch Be-
ziehung und Verkehr bald eine Sympathie. Durch
sie bekommt das Aggregat erst eine Form, nun tritt
einer vor, die anderen schließen sich an, teilen sich
ein, man gliedert sich, wird organisch — unwillkürlich
hat sich die bloße Gruppe zu einer Art von polis
entwickelt mit einer Autorität, mit ungeschriebenen,
aber festen Gesetzen, mit einem gemeinsamen Willen,
der mehr als die Summe der einzelnen Energie ist;
und unwillkürlich nimmt jeder einzelne nun vom
Ganzen das Maß und die Bestiminung für seine
sämtlichen Verhältnisse an. Das Wundervolle solcher
Gruppen ist es, daß sie, oft zuerst bloß zu irgend
einen: Zweck verbunden, allmählich in sich einen
dirigierenden Geist erzeugen, eine aus den einzelnen
zusammengezogene, aber dann wieder in die einzelnen
zurückwirkende Seele, ein Pathos oder wie inan es
immer nennen mag, das nun auch die anderen
menschlichen Beziehungen der Mitglieder so sicher
bestimmt, wie nur der Wille eines Vaters oder die
Satzung eines Priesters." So haben sich eigentlich
auch einige Aünstler nicht aus ästhetischen Gründen
zum „Bund zeichnender Aünstler in München" ver
einigt, nicht das Verlangen „Schule" zu machen hat
sie zusammengeführt, sondern einfach die Erwägung
der praktischen Vorteile, die einer solchen Aorporation
zuteil werden. Aus der Absicht, eine Wehr der
zeichnenden Aünstler gegen die großen, alles ver-
schluckenden Ausstellungen, in denen man als über-
wiegenden Eindruck den einer unübersehbaren er-
schreckenden Massenhaftigkeit empfängt, zu schaffen,
entstand der Bund. Der einzelne Aünstler verliert
sich mit seinen wenigen Stücken in der dultbunten
Menge wirklich allzu leicht. Am ehesten verliert sich
der Graphiker, denn seine Bilder werden, wenn es
ihm glücken sollte „anzukommen", als Füllsel an die
Wände dunkler Gänge und versteckter Aammern ge-
hängt, in die man nicht hineingerät, wenn man nicht
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