Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

DOI Artikel:
Roessler, Arthur: Der Bund zeichnender Künstler in München
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0200

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Bund zeichnender Künstler in München.

zufällig irrgegangen ist oder von einem gewissen
Drang auf die Suche nach diskret abseits liegenden
Mrten getrieben wird. Die Graphiker wollen aber
nicht länger so nebenbei mitgenommen werden; sie
beanspruchen überhaupt mehr Respekt für ihre Dunst,
weil ja nicht selten in einein gezeichneten Blatt mehr
Dunst enthalten ist, als in einein großen Gemälde.
Und schließlich ist es ja just die graphische Dunst,
welche Dinge, die man täglich in die pand nimmt
oder sonst vor Augen hat, verschönt; daß diese, die
Dinge verschönernden Arbeiten von den Dritikern,
ihrem Wert gemäß mehr als bisher gewürdigt werden
sollen, daß sie nicht nur bei der Besprechung eines
Druckwerkes mit einigen kärglichen Worten als
„Schmuck" bloß erwähnt werden mögen, verlangen
die Dünstler. Also: weil der einzelne gegen die Miß
stände der großen Ausstellungen, ob sie nun Jury
oder pängekommission oder sonstwie benannt sein
inögen, nichts ausrichten kann, und weil der einzelne
im Wust verschwindet, taten sich einige einzelne zu-
sammen ; denn als Sondergruppe haben sie ihren
eigenen Raum, der nicht schlecht sein kann, haben sie
ihre eigene Jury und ihre eigene pängekommission;
als Sondergruppe sind sie übersichtlicher für den
Dritiker, für das Publikum leichter erkennbar, weil
sie im geschloffenen Dreis eindringlicher, intimer
wirken.

Das erste öffentliche Auftreten des Bundes
zeichnender Dünstler in München gelegentlich der
vorjährigen Dunstausstellung im Glaspalast, in den:
ihnen ein separater Saal überlassen worden war,
hatte einen ebenso großen kritischen wie praktischen
Erfolg nach sich gezogen, so daß die Zweckmäßigkeit
des Bundes dadurch wohl auch für alle Borsichtigen
und Trauinichnichte bewiesen wurde.

Neben den praktischen Zwecken, von welchen
eben die Rede war und deren Wahrung die Grün-
dung des Bundes galt, hat sich nun aber auch all-
mählich, fast unbemerkt, eine gemeinsame Note in
ästhetischer Beziehung aus den Wesenstiefen und den
Oberflächen herausgebildet. Die Bündler haben
keine ehernen Tafeln mit eingegrabenen fakrosanten
Satzungen errichtet, sie verlangen nicht die Ablegung
eines Bekenntnisses, sie fordern kein anderes Gelübde
als das der Eigenart, und dennoch ist ihnen eins
gemein: ihnen gilt die Dunst mehr als die Natur.
Sie sind bewußte Stilisten, wenn ich so sagen darf,
da doch eigentlich Stil künstlerisches Bewußtsein ist.

Die Mitglieder des Bundes schaffen, nur wenige
ausgenommen, zumeist Arbeiten angewandter Dunst.
Sie sagen, daß es unrecht ist, wenn man gering-
schätzig von der angewandten Dunst als der kleinen
spricht. Es gibt keine „große" und keine „kleine"

Dunst, es gibt nur eine Dunst, die sich im großen
oder kleinen äußert. Daß eine künstlerische Zierleiste
weniger Dunst bedeute als eine vielquadratmetrige
bemalte Leinwand, bestreiten sie. Die angewandte
Dunst erscheint ihnen sogar als die nienschlich be-
deutendere, denn sie ist es, die das Leben verschönt,
die den verloren gegangenen Zusammenhang zwischen
der Erde und dem Pimmel einigermaßen wieder
hcrstellt.

Das vorliegende Pest, das dem „Bund zeich-
nender Dünstler in München" gewidmet ist, erhebt
weder mit den Illustrationen, noch mit dem Text
den Anspruch als erschöpfende Darstellung genommen
zu werden, es will bloß die Gründungsmitglieder
des Bundes vorstellen. Im Verlaufe des nächsten
perbstes wird sich vielleicht eine Ergänzung der
heutigen Publikation mit gutem Recht herausbringen
lassen. Inzwischen wird die heurige Dunstausstellung
im Glaspalast, welche der „Bund zeichnender Dünstler
in München" korporativ beschickt, Gelegenheit geben,
mit allen Mitgliedern bekannt zu werden.

* *

*

3;o. Satirisches Signum von F. ljegenbart, München.

Der Radierer Fritz pegen bart, ein gebürtiger
Salzburger, jedoch väterlicherseits ein Deutschböhme,
hatte, nach einem kurzen Aufenthalt an der Prager
i Akademie, bei Frank Dirchbach studiert, worauf er
in Dinkelsbühl zwei Jahre mit experimentaler Malerei
verbrachte. Nach München zurückgekehrt, machte er
i sich durch aparte Zeichnungen in den „Fliegenden
! Blättern" und in der „Jugend" bekannt. Diese
, Anfänge waren jedoch durchaus nicht dazu angetan,

| den künftigen Meister der Radiernadel ahnen zu
j lasten; und doch ist Fritz pegenbart ein meisterlicher
j Radierer. Er ist wahrhaft ein Dünstler, denn er
! verfügt nicht nur über eine finessenvolle Geschicklich-

;8o
 
Annotationen