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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Roessler, Arthur: Der Bund zeichnender Künstler in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0213

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Der Bund zeichnender Künstler in München.

er bedarf der Farbe, um den
ganzen Zauber seiner träume-
rischen Aunst entfalten zu können
aber nicht der grellen direkten
Bpektralfarben, sondern der ver-
nebelten Zwischenstufen, der
graunebelblassen, inilchigblauen,
mondgrünen Tönungen der abend-
lichen Dämmerung. Die Litho
graphien, die der Aünstler in
den letzten zwei Zähren schuf,
zeigen all seine exquisiten Vor-
züge als Aünstler der farbigen
Graphik. Neben der Lithogra-
phie hat Liebermann in der
jüngsten Zeit versucht, eine neue,
ich meine damit für ihn neue,

Technik anzuwenden, mittels der
farbige Blätter auf trockenein
Wege hergestellt werden können.

Die Fettfarbenstiftzeichnung ist es.

Ls hat freilich schon vor Lieber-
mann — um nicht historisch zu
werden, nenne ich nur Angelo
Zank — mancher Aünstler mit
Fettfarbenstiften gearbeitet, aber es
hat, soviel mir bekannt ist, noch
keiner das damit zu erzielen ver-
mocht, was Liebermann erzielte.

Zank selbst hat, vielleicht zu
nervös, mit Wasserfarben in die
Ltiftzeichnung hineingearbeitet,
während Liebermann ausschließ-
lich nur Stifte verwendet, mit
denen er erstaunliche technische
und künstlerische Ergebnisse her-
vorbringt. Ls scheint, daß sich
aus diesen,, von den Künstlern
ziemlich vernachlässigten Aus-
drucksmittel Wirkungen werden
herausholen lasten, die man nicht
ahnt. Die Delikatesse der von
Liebermann mit Farbstiften ge-
machten Bilder hat viele er-
staunt, und der Aünstler ist auch
bereits vou Aollegen und Aunst-
forfchern gefragt worden, „womit" diese neuen
kleinen und deliziösen Blätter eigentlich „gemacht"
wurden; ob am Ende ein geheim gehaltenes Ver-
fahren hierbei in Anwendung komme. Lrnst Lieber-
mann konnte darauf natürlich nur lachend antworten:
„Nein. Zch gebrauche bloß gewöhnliche, in jeder
Zeichenrequisitenhandlung erhältliche Fettfarbenstifte."

. Weinkarte von £j. Lek-Gran, München.

Mb man ihm diese Antwort auch glaubt, weiß ich
nicht, ich hätte sie ihn, vielleicht auch nicht ganz
geglaubt, wenn ich nicht gesehen hätte, wie die
Blätter in dieser neuen, sauberen und ausdrucks-
reichen Technik entstehen.

Hermann Bek-Gran, ein geborener Hesse, wurde
von seinen Eltern als halbjähriges Aind mit nach

Aunst und handwelk. 53. Zahrg. 7.

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