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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Roessler, Arthur: Der Bund zeichnender Künstler in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0216

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Der Bund zeichnender Aünstler in München.

327. Plakat rum f;. Lek-Gran, München.

Sonöeravt eines vorschwaigerscheu (hier lies: vorbek-
granschen) Meisters „erinnert". Li quis dixerit —
rufen sie — daß diese Base, diese Wolkenqualle, diese
Madonna, dieses Hutzelgcrippe, dieser Sonnentropfen,
dieser Trevettentrödler an Vinckebooms, Stuerbout,
Metsu, Gyck oder Isaac van Nickele nicht erinnere:
ANATHEMA, sit! So geht es in allen Singarten.
Das nennt man seit Goethe: nach den „Quellen der
Kultur" stöbern.

Wir wollen also nicht nach den Quellen suchen,
nicht die Herkunft erschnüffeln, sondern ihn schauen.
Bek-Gran kommt auf kuriosen Wegen zu uns, gerne,
wenn er uns heiter vermutet; auf Speisekarten schlägt
er seine Kapriolen, macht er seine Späße. Gr
zeichnet zwei wohlbeleibte Kumpane, die unter Ach
und Weh und Müh' und Schweiß riesige Würste

schleppen, die dann, wenn sie in Wirklichkeit vor
uns auf denr zinnernen Teller duftend liegen, leider
gar nicht mehr fo groß sind. ©der er zeichnet das
Abenteuer eines braven Wanderers, den das Wald-
weben wundersam umspinnt, dessen staunenden Augen
sich köstliche Gestalten zeigen; oder er zeichnet die
neckischen Weingeister, die wir wohl spüren, die zu
sehen wir aber seine Augen brauchen. Was Beck-
Gran zeichnet, ist unzählbar. Tausende von Vig-
netten, Schlußstücken, Zierleisten und Alphabeten *) hat
er entworfen und viele Plakate, Speisekartenbilder,
Satzumrahmungen und Textillustrationen. Das
meiste wird sich wohl nicht mehr eruieren lassen,
denn es ist inr Auftrag für Schriftgießereien gezeichnet
und von diesen ohne Bek-Grans Namen oder Thiffre
herausgegeben worden und im Gebrauch.

Mit Vorliebe bringt er in seine Blätter einen
anekdotischen Zug. Gr ist kein hinterhältiger
Witzler, sein Humor hat Stulpstiefel an und lacht
breit heraus. Gr hat aber auch noch ganz andere
lichte, leichte, zierliche Zeichnungen geschaffen, nicht
nur so altdeutsch derbe Landsknechtsbilder; Zeich-
nungen, die es beweisen, daß Bek-Gran auch „etwas
anderes kann". Da sind beispielsweise die filigran-
feinen Umrahmungen des Textes der Denkschrift,
welche von der Firma Brend'ainour, Simhart & To.
anläßlich der Errichtung ihres Zweiggeschäftes in
Düsseldorf herausgegeben wurde, zu erwähnen, die
voller geschmeidiger Anmut den Letternsatz umschließen
und in ihrem gelben Druck aussehen, als wenn sie
aus Golddraht gebogen wären. Als andere Bei-
spiele für diese andere Art Bek-Grans können die
in diesem Kjeft reproduzierte Tanzkarte und die Wein-
karte (Abb. 323 u. 5240 gelten. © ja, der Künstler
hat sich auch den modernen Stil des Buchschmucks
angeschaut, das, was Tiffarz, Vriesländer, Tippel
und andere machen, und er hat dann gezeigt, daß
er derlei graziöse Linienspielereien auch recht gut,
mindestens gleich gut, zu zeichnen vermag; aber er
hat sich bald wieder von der modischen „Draht-
binderei" aus dem Papier abgewandt, die ihm zu
zierlich, weichlich, weibisch vorkommt, und ist zu
seinen an den altdeutschen Holzschnitt anschließenden
kräftigen Zeichnungen zurückgekehrt. Nun ist es merk-
würdig, daß Bek-Gran seine sämtlichen Illustrationen
und den sonstigen Buchschmuck, wie beispielsweise die
hier abgebildeten Kalenderblätter, die von einem
Berufsxylographen für Holzschnitte gehalten wurden,
mit dem Pinsel auf das Papier hinzieht. Gs beweist
dies, welch eminenter Techniker Bek-Gran ist. Große

‘) Auch die großen Initialen dieser Zeitschrift sind Bek-

Grans werk. ^ . ....

Die Schriftleitung.

lSS
 
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