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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Ein Wort zur Frage der Beteiligung des Bayerischen Kunstgewerbes an der Ausstellung in St. Louis 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0236

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Ein Wort zur Frage der Beteiligung des Bayerischen Aunstgewerbes an der Ausstellung in St. Louis \yoq,.

übrigen örtlichen Verhältnissen angepaßte Ausstattung
der Innen-Architektur. Alledem kommt die weit
größere Freiheit der Baubestimmungen wesentlich ent-
gegen, nicht minder aber die absolut nur praktischen
Erwägungen folgende Verwendung der Baumate-
rialien, sowie die äußerst niedrigen Preise vieler Roh-
produkte (vor allem polz), mit denen Europas Pro-
duktion, die russische vielleicht ausgenommen (diese
kommt aber kaum in Betracht), zu konkurrieren nicht
vermag. Man baut in den Vereinigten Etaaten
durchschnittlich billiger, sicher aber weitaus praktischer
als bei uns. Fehler, die frühere Generationen be-
gingen (3. B. in den 5tädteanlagen), lassen sich aller-
dings vielfach nicht wieder gut machen. Indes schafft
der alle Areise durchziehende Wunsch, das »home«
ebenso praktisch als gemütlich auszustatten, an und
für sich schon andere Bedürfnisse als mancherorts in
Europa, wo die Wohnung in sehr vielen Fällen
bloß die Rolle eines Absteigequartiers, das Wirts-
haus aber die bedeutendere Rolle spielt. Eine gute
gesunde Wohnung gehört mit zu den Grundbedin-
gungen des gesunden Bürgertums und seiner Äuße-
rungen.

Vielfach schon wurde betont, daß in Amerika das
Fehlen historischer Tradition J) eine folgerichtige Ent-
wicklung der ange-
wandten Künste sehr
erschwere und daß die
Amerikaner mithin da-
rauf angewiesen seien,
ihre Anregungen nach
dieser Richtung von
auswärts herzuholen.
Damit ist nun freilich
keineswegs gesagt, daß
diese Beeinflussung von
außen eine fortwährend
erneuerte sein müsse;
denn unter Um-
ständen leitet sich

i) Das „Fehlen
der historischen Tra-
dition" hat drüben
die Frauensrage längst
in ein weit höheres
Stadium gebracht als
es in der Alten Welt
mit ihrer vielfach ganz
zn Anrecht weiter
bestehenden Tradition
der Fall ist. In den
verschiedenen vor-
353. ständen der St. Louis-

Ausstellnng sind eine
ganze Reihe von ar-

voti importierteit
Ideen eine ganz
eigeilartige, mehr
und mehr selbst-
ständigen Charak-
ter annehmende
Entwicklung ab.

Japan z. B. emp-
fing inl 6. Jahr-
hundert unserer
Zeitrechnung vom
asiatischen Konti-
nent her durch bud-
dhistische Priester
den Reim zu einem
Aufschwung ohne-
gleichen ; der Ans-
druck der Leistun-
gen streifte das
Fremdartige, Im-
portierte allmäh-
lich vollständig ab
und bekam etwas
durchaus selbst-
ständiges. Der eu-
ropäische Westen
dagegen bekam im
frühen Uiittelalter mannigfache Anregungen aus
dem Grient und hat dieselben allmählich so um-
geformt, daß kaum mehr von „fremdartigen Er-
scheinungen" die Rede sein kann. Gleiches wieder-
holte sich im s7. und l8. Jahrhundert; mithin ist die
Wahrscheinlichkeit groß, daß bei der Entwicklung
amerikanischer Verhältnisse ähnliches eintrete. An
vorzüglichen Arbeitskräften ist drüben ebensowenig
Mangel, wie an künstlerisch veranlagten Individuen;
alledem aber kommt der geradezu riesige Reichtum
an Naturprodukten zu Pilse. Das Fehlen einer über-
nommenen Tradition ist nur eine scheinbare Lücke;
die Ausbildung örtlicher Eigenart wird dadurch nur

beitenden, nicht etwa bloß mit ihrem Namen repräsen-
tierenden Damen tätig als »Soarä ok Lady Managers«, darunter
z. B. Frau Anni Moores, welche den Ruhm beanspruchen darf,
als erste Frau ein äußerst bedeutendes Bankunternehmen ge-
leitet zu haben. Fräulein Llise Reasoner ist zur Repräsentantin
der preßangelegenheiten ernannt. Sie nimmt damit einen
ebenso wichtigen als arbeitsvollen Posten ein. Andere Damen
sind als Spezialkommissäre, z. T. auch im Auslande, tätig, so
Miß Florence thayward in England. Vor allem aber ist alles,
was Frauenarbeit heißt bei der Ausstellung, ausschließlich einem
Damenkomitee unterstellt, das keine „protectricen" kennt, sondern
nur Arbeit. In Amerika heißt es eben schon längst nicht mehr:
„Die Frau und der Dfen sollen zu ksause bleiben", vielmehr
setzt man eine Ehre darein, als Dame auch was zu wissen, zu
können, zu leisten I
 
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