Ein Mort zur Frage der Beteiligung des Bayerischen Kunstgewerbes an der Ausstellung in 5t. Louis ,90-,.
als ihr göttliches Dominium an, wie Monarchen es
in Bezug auf ihre Sphären tun. Wo dieses Prinzip
als das allein zu Recht bestehende gepflegt wird,
trägt es den Stempel feudaler Gesinnung an sich.
Die Anteilhaber betrachten es als ihr ureigenstes Feld,
genau so wie die Theologen beanspruchten, die allein
berechtigten Verbreiter der göttlichen Lehre zu sein.
Die Künstler allein maßen sich das Recht der Kritik
zu; sie allein entschieden, was gut, was nicht gut fei.
Mir wollen aber, daß Kunst und die daraus ent-
springenden Genüsse eindringe in alle Lebensverhält-
nisse. Damit ist nicht gesagt, daß wir alle selbst aus-
übende Künstler werden sollen, obschon von der Zu-
kunft zu hoffen ist, daß wir ebensogut zeichnen wie
schreiben und lesen lernen, daß
Musik ein ebensolches Erfor-
dernis des Ausdruckes werde,
wie die Sprache. Mir müssen
lernen, die künstlerische An-
schauung in unser ganzes
Lebenswerk zu tragen; wir
müssen all die schöpferische
Begabung, die jedem in grö-
ßerem oder geringerem Maße
verliehen ist, in unser Tun
und Treiben einzuflechten
lernen. Die Kunst muß also
der Arbeit sich vermählen.
Indem wir das politische Leben
nicht in ein em Zentralorgan
vereinigt zu sehen wünschten,
ward es Aufgabe, eine Reihe
von Einrichtungen ins Leben zu
rufen, welche zufammenge-
n o m m e n die Verkörperung der
neuen Staatsform darstellen. A)ir
müssen gleiches im sozialen Leben
in Bezug auf die Kunstübung
zu erreichen suchen. Stellen wir
dem Staate als der „Vereinigung
der politischen Kräfte" die „künst-
lerische Werktätigkeit im ganzen" (worlcsbop) zur
Seite! Die drei Begriffe, die sich hier untrennbar
vereinigen müssen, sind Arbeit, Kunst, Erziehung.
Die »Inckustrial Art League« bedeute fernerhin nicht
bloß eine Vereinigung Einzelner, sie soll vielmehr
die Trägerin einer sozialen Bewegung werden, einer
Bewegung, die das ganze Volk umfaßt, einer Be-
wegung, welche die Arbeit frei macht und als
Folgeerscheinung die Durchdringung aller Gesell-
schaftskreise mit künstlerischen Bedürfnissen hervor-
| ruft, welche allein, wie Morris richtig sagt, den
! Lebensgenuß veredeln. Die zahlreichen Anwesenden
aus allen Staaten der Union sollen in dieser Richtung
' wie Apostel wirken und vor allem der Anschauung
zum Durchbruche verhelfen, daß das künstlerische
| Moment in der Erziehung nicht auch fernerhin bloß
einigen Auserlesenen zugute komme." — So lautete
etwa die Eröffnungsrede des Vorsitzenden.
Man sieht, wie Ideen, die Liberty Tadd und
einige Gleichgesinnte mit ihren Erziehungsprinzi-
pien schufen, rasch Schule machen. Amerika ist der
Boden, um solche Ideen zu propagieren und rasch
in die Tat umzusetzen Daß darin ein immenser
kultureller Fortschritt liegt, ist nicht zu bezweifeln.
Eharakteristisch für amerikanische Verhältnisse ist es,
daß ein hoher Geistlicher, Erzbischof Ireland von
St. Paul, mit in die Diskussion eingriff und das be-
handelte Thema als eine der wichtigsten Aufgaben
eines jeden bezeichnete, dem die pebung der staat
lichen Gesamtheit am Perzen liege. Seine Aus-
führungen atmeten den Ausdruck hoher Begeisterung
für die Sache: „Schönheit und Nützlichkeit", so schloß
2,6
als ihr göttliches Dominium an, wie Monarchen es
in Bezug auf ihre Sphären tun. Wo dieses Prinzip
als das allein zu Recht bestehende gepflegt wird,
trägt es den Stempel feudaler Gesinnung an sich.
Die Anteilhaber betrachten es als ihr ureigenstes Feld,
genau so wie die Theologen beanspruchten, die allein
berechtigten Verbreiter der göttlichen Lehre zu sein.
Die Künstler allein maßen sich das Recht der Kritik
zu; sie allein entschieden, was gut, was nicht gut fei.
Mir wollen aber, daß Kunst und die daraus ent-
springenden Genüsse eindringe in alle Lebensverhält-
nisse. Damit ist nicht gesagt, daß wir alle selbst aus-
übende Künstler werden sollen, obschon von der Zu-
kunft zu hoffen ist, daß wir ebensogut zeichnen wie
schreiben und lesen lernen, daß
Musik ein ebensolches Erfor-
dernis des Ausdruckes werde,
wie die Sprache. Mir müssen
lernen, die künstlerische An-
schauung in unser ganzes
Lebenswerk zu tragen; wir
müssen all die schöpferische
Begabung, die jedem in grö-
ßerem oder geringerem Maße
verliehen ist, in unser Tun
und Treiben einzuflechten
lernen. Die Kunst muß also
der Arbeit sich vermählen.
Indem wir das politische Leben
nicht in ein em Zentralorgan
vereinigt zu sehen wünschten,
ward es Aufgabe, eine Reihe
von Einrichtungen ins Leben zu
rufen, welche zufammenge-
n o m m e n die Verkörperung der
neuen Staatsform darstellen. A)ir
müssen gleiches im sozialen Leben
in Bezug auf die Kunstübung
zu erreichen suchen. Stellen wir
dem Staate als der „Vereinigung
der politischen Kräfte" die „künst-
lerische Werktätigkeit im ganzen" (worlcsbop) zur
Seite! Die drei Begriffe, die sich hier untrennbar
vereinigen müssen, sind Arbeit, Kunst, Erziehung.
Die »Inckustrial Art League« bedeute fernerhin nicht
bloß eine Vereinigung Einzelner, sie soll vielmehr
die Trägerin einer sozialen Bewegung werden, einer
Bewegung, die das ganze Volk umfaßt, einer Be-
wegung, welche die Arbeit frei macht und als
Folgeerscheinung die Durchdringung aller Gesell-
schaftskreise mit künstlerischen Bedürfnissen hervor-
| ruft, welche allein, wie Morris richtig sagt, den
! Lebensgenuß veredeln. Die zahlreichen Anwesenden
aus allen Staaten der Union sollen in dieser Richtung
' wie Apostel wirken und vor allem der Anschauung
zum Durchbruche verhelfen, daß das künstlerische
| Moment in der Erziehung nicht auch fernerhin bloß
einigen Auserlesenen zugute komme." — So lautete
etwa die Eröffnungsrede des Vorsitzenden.
Man sieht, wie Ideen, die Liberty Tadd und
einige Gleichgesinnte mit ihren Erziehungsprinzi-
pien schufen, rasch Schule machen. Amerika ist der
Boden, um solche Ideen zu propagieren und rasch
in die Tat umzusetzen Daß darin ein immenser
kultureller Fortschritt liegt, ist nicht zu bezweifeln.
Eharakteristisch für amerikanische Verhältnisse ist es,
daß ein hoher Geistlicher, Erzbischof Ireland von
St. Paul, mit in die Diskussion eingriff und das be-
handelte Thema als eine der wichtigsten Aufgaben
eines jeden bezeichnete, dem die pebung der staat
lichen Gesamtheit am Perzen liege. Seine Aus-
führungen atmeten den Ausdruck hoher Begeisterung
für die Sache: „Schönheit und Nützlichkeit", so schloß
2,6