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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Ebe, Gustav: Neubildungen im Bereiche der Baugliederungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0263

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Neubildungen im Bereiche der Baugliedernngen.

malern scheint die Bekrönung in Hohlkehlen- oder
Zinnenform das einzige Gesims gewesen zu sein,
wenigstens im plusteren.

Die Aranzgesimse der griechischen Architektur
tragen ebenso wie die Säulenordnungen, zu denen
sie gehören, den unverwischbaren Stempel nationaler
Eigenart und sind so vollendet in ihren Einzelformen,
daß sie bei ihrer Ver-
wendung an modernen
Bauwerken denselben
den stilistischen Charakter
der vergangenen Aunst-
periode und einer im
Sinne der neuen Rich-
tung unzulässigen Nach-
ahmung aufprägen müs-
sen. In der Tat er-
scheint die Wiederholung
des antiken Aranzgesim-
ses an modernen Bauten
um so weniger gerecht-
fertigt, als dasselbe be-
reits im Verlaufe der
römischen Aunstperiode
nicht mehr seine Bedeu-
tung als organische Bau-
form bewahrte, indem
öfter die notwendige
Voraussetzung einer hin-
terliegenden Decken- und
Dachbildung fehlte. —•

Indes ist noch kein
Ersatz für das antike
Aranzgesims gefunden,
und man sieht dasselbe
bei modernen Bauten
überall da, wo man zur
Erreichung einer höheren Monumentalität
das Säulengerüst nötig zu haben glaubt.

Die Ableitung der Formen des antiken
Aranzgesimses aus dem Holzbau braucht
hier, als unerheblich für den Zweck un-
serer Erörterung, nur nebenbei erwähnt
zu werden; jedoch zeigt dasselbe an den
besten griechischen und römischen Denk-
mälern einen tadellosen mit Überlegung angeordneten
Steinschnitt.

Die kleinen Gesimsprofile, Platten, Wulste,
Rundstäbe und Aehlen, welche in der Antike zur
Begrenzung und Verbindung der stützenden und ge-
tragenen Bauglieder dienen und in der Mehrzahl
am Säulengerüst und dem zugehörigen Aranzgesimse
Verwendung finden, sind echt griechische Formen und

werden im Dorischen durch Malerei, im Ionischen
durch Skulptur vollendet. Von Gurtgesimsen macht
die griechische Architektur selten Gebrauch, uur dann,
wenn mehrere Stockwerke errichtet werden, wie bei-
spielsweise bei den Markthallen.

Die Ausführung der Aranzgesimse in Stein,
wie sie bei den Römern der Aaiserzeit üblich war,

läßt schon gar nicht mehr
an die ursprüngliche Ab-
leitung aus den: Holz-
bau denken. Es kom-
men bei den Römern be-
reits Gebälks mit Aranz-
gesimsen vor, welche
über die glatte Mauer
hingeführt sind, wie am
Tempel des Antonin und
der Faustina, und boten
in dieser rein dekorativen
Verwendung der Renais-
sance ein viel benutztes
Vorbild. — Das durch
übertretende Sparren ge-
bildete hölzerne Dach-
gesims wurde in den
etruskischen und später
auch in den griechischen
Bauten Unteritaliens mit
Tonplatten bekleidet. Die
hölzernen Dachgesimse
der Renaissance, wie sie
namentlich noch in Flo-
renz erhalten sind, stehen
der antiken Auffassung
noch nahe genug, bleiben
aber unverkleidet. Bei
den Römern kamen Gurt-
und Brüstungsgesimse an den häufiger er-
richteten mehrstöckigen Bauten ain Äußern
und im Innern zur Verwendung; so
wird das Innere des Pantheons zu Ron:
von zwei Gurtgesimsen durchschnitten. Die
Profilierung der Gesimse bleibt immer noch
die griechische, doch tritt an Stelle der Be-
malung durchweg die plastische Ausführung
der Verzierungsformen. Aber auch die Wandmalerei,
wie die in den Titusbädern und in den pompejani-
schen päusern, zeigt eine kräftige Gliederung nach
der pöhe und der Breite der Wand und gewinnt
durch diese Teilungen sowie durch die Stilisierung
der Einzelformen den Vorteil, selbst bei abgcblaßter
Farbe immer noch Auge und Sinn erfreuen zu
können, während die naturalistisch aufgefaßten

423. Handspiegel;
Bronzerahnien mit
(Elfeiibeiitgrtff.

Entwurf von
L. Riegel, München.
(Vs d. w. Gr.)
 
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