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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Ebe, Gustav: Neubildungen im Bereiche der Baugliederungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0267

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Neubildungen im Bereiche der Baugliederungen.

Imn nichts überliefert; es mag fein, daß sie gelegent-
lich mit Terrakottatafeln bekleidet wurden und sonst
Steinformen nachahmten. Die polzdecken der Re-
naissance halten sich ebenfalls ganz in den Formen
der antiken Steindecke, indem die Täfelung zwischen
den Balken zu Aasseiten ausgebildet wird. Die Gotik
bildet die Holzbalken in der ihr eigentümlichen Art,
indem sie die Profilierung aus dem vollen Aörxer
herausarbeitet, und zwar meist in der Form
von Rundstäben und Aehlen, welche die Aanten
säumen. Die Zwischenfelder werden einfach mit
Brettern eingeschalt und erhalten auf den Fugen
profilierte Deckleisten.

Ein für das moderne Schaffen maßgebendes,
gesetzmäßiges Fortschreiten läßt sich an der Aus-
bildung der Bogenprofilierungen Nachweisen. Bei
den Römern setzt sich die Stirnseite des Bogens aus
glatten oder bossierten, durch Fugen begrenzten Aeil-
steinen zusammen oder die Profilierungen, wie sie
an Tür- und Fensteröffnungen üblich sind, werden
aus die Archivolte übertragen. Den Bogenschluß be-
zeichnet oft, nach etruskischem Vorbilde, ein größerer
Aeilstein. Die Einfassung des Bogens durch ein ain
äußeren Rande vorspringendes Profil und die Tei-
lung der Stirnfläche in konzentrisch umlaufende
Streifen soll keinen gebogenen Architrav vorstellen,
sondern es ist, wie oben gesagt, die Umrahmung
einer Mffnung, bei welcher freilich das statische
Verhalten der Wölbung nicht zum Ausdruck kommt.

Das fortgeschrittene Mitteltalter wendet seit dein
\\. Jahrhundert auch wieder auf den Bogen das
Prinzip der in die Masse eingeschnittenen Profi-
lierung an und belebt zunächst die Aanten durch
Rundstab und Aehle. Es ist dies eine reine Stein-
form, aber mit ästhetischer Absicht auf den Bogen
verpflanzt. Als dann im weiteren Verlauf der Stil-
periode die letzte Spur des viereckigen Bogenquer-
schnitts durch die flüssigere Form der Rundstäbe und
Aehlen verdrängt wird, da ergibt sich eine Art der
Profilierung, welche die Elastizität der Wölblinie erst
recht zur Erscheinung bringt. Denselben Entwickelungs-
gang wie die Arkaden- und Gurtbogen machen auch
die Rippen der Gewölbe durch, und zwar mit ähn-
lichen Ergebnissen, so daß der viereckige Querschnitt
durchaus den belebten, aus Rundstäben und Aehlen
zusammengesetzten Profilierungen weichen muß. Es
wird kaum angänglich fein, die mittelalterlichen Er-
rungenschaften in der Ausbildung der Bogen- und
Gewölbrippenformen, die wir doch einmal ebenso wenig
entbehren können als die Gewölbe selbst, außer acht
zu lassen; und es werden sich wohl Wege finden
lassen, um die alten Formen in einer Weise anzu-
wenden, daß sie nicht als tote Nachahmungen des

427. Pokal (silbervergoldet) von Ernst Riegel, München.
(Grnamente ans den Buckeln leicht geätzt.) ’/a der wirkl. Gr.

Überlieferten, sondern als zutreffender Ausdruck des
modernen Empfindens gelten können.

* H

*

Wie bereits oben gesagt, hat die neue Richtung
auf dem Gebiete der dekorativen, dem Aunsthand-
werk anheimfallenden Ausstattuitg der Znnen-
räume bedeutende Erfolge aufzuweisen, aber doch
sollten die Vorzüge der älteren Arbeiten dieser

Aunst und Handwerk. 53. Iahrg. Heft y.

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