Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

DOI Artikel:
Miller, Fritz: Etwas über Bronzetechnik; ein Wort zur Abwehr
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0300

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Etwas über Bronzetechnik; ein Mort zur Abwehr.

486. Alter Einband, im Besitz des Antiquars Gottlob lheß,
München, ('/s der wirkl. Gr.) Rotes Leder mit Goldpressung.

Das Buch ist gedruckt: J674.

Schwierigkeiten, mit welchen der Bronzegießer zu
kämpfen hat. Wer in Benvenuto Tellinis Er-
zählungen aus feinem Leben die Borgänge beim
Gusse seiner heute in der Loggia dei Lanzi in Florenz
aufgestellten Figur des Perseus liest uitd die Umständ-
lichkeit verfolgt, welche dem berühmten Meister die
verhältnismäßig kleine Figur bereitete, wird heute
von einem Rückgang der Technik nicht mehr sprechen
dürfen. Sehr praktische Gründe, nicht Unkenntnis
der älteren Formweisen, haben dazu geführt, in den
30 er fahren von der Wachs- zur sog. Stückformerei
überzugehen. Der Stolz der Ausführenden und das
Verlangen der Rünstler war vor allem darauf ge-
richtet, große Stücke, Reiterfiguren und Standbilder,
ungeteilt zu gießen — und was darin erreicht wurde,
dafür geben die, nur von dem Fachmann genug zu
würdigenden Riesenaufgaben Belege, die Ehrendenk-
nmle für die Runst des Erzgusses für alle Zeiten
bleiben werden. Von dieser Vorliebe für große un-
geteilte Güsse ist man aber abgekommen, man sah
darin wenig praktische Vorzüge und legte dafür
größeren Wert auf die genaueste Wiedergabe des
Modells, auf den Vorzug ohne jedes Verschneiden,
wie man das früher nannte, resp. ohne jede nach-
trägliche Bearbeitung gewissermaßen die Handschrift
des Bildhauers, jeden Strich des Modellierholzes

wiederzugeben. Man kehrte zur früheren Wachs-
formerei zurück, heute aber mit Verbesserungen, von
denen unsere Vorfahren keine Ahnung hatten. Mit
Pilse elastischer Formen ist es möglich geworden, das
Modell nicht nur zu erhalten, sondern wiederholte
Reproduktionen desselben mit aller denkbaren Schärfe
zu machen. Es gibt heute kaum eine Arbeit, welche
dem Gießer unüberwindliche Schwierigkeiten zu bieten
vermöchte, und weit entfernt, einen Rückgang zu kon-
statieren, waren die Franzosen, welche wohl die besten
Renner des Bronzegusses find, fstOO in Paris über-
rascht von den Leistungen der Deutschen. Sie sprachen
in ihrem offiziellen Jury-Gutachten mit höchster An-
erkennung von den damals ausgestellten Güssen. Für sie
waren große Statuen im Wachsausschmelzverfahren
hergestellt ein bedeutungsvolles Ereignis. Sie fanden
Vorzüge in der Patinierung und in den Verschieden-
heiten der Behandlung, an denen wir bei uns achtlos
vorübergehen und die nur der wirklich Sachkundige
zu würdigen weiß. Ihr Lob galt ebenso den kleinen
Bronzen, den Zinn-, den Rupfer- und Eisenwaren, und
mit aufrichtiger Befriedigung konnten den deutschen
Rollegen die Urteile aller fremden Juroren erfüllen.

Angesichts solch unparteiischen Lobes ist der
schwere Vorwurf eines Rückganges der Bronzetechnik
in Deutschland, von dem der Artikel in der Gold-
schmiedezeitung erzählt, nicht recht verständlich — er
setzt Leistungen des deutschen Runsthandwerks her-
unter, auf die wir vielmehr ein Recht haben stolz
zu sein. Wenn wir gleichwohl weitere Fortschritte
lebhaft wünschen, glaube ich, liegt der richtige Weg,
dies zu erreichen, nicht in einem Anzweifeln unseres
Rönnens, in der Minderung des Vertrauens auf
unsere Leistungen, — Aufgabe eines jeden Freundes
kunstgewerblicher Metalltechnik wird es vielmehr sein,
dahin zu wirken, daß in immer weitere Rreise
das Verständnis derselben dringt, daß
Behörden, Be steiler und Räuser sich klar
werden über die Vorzüge und Schwächen
der verschiedenen Metalle, der Eigenart
ihrer Bearbeitung und der tiefeingreifen-
den Bedeutung, welche für unser Ansehen
wie für unser wirtschaftliches Wohl in der
Gediegenheit deutscher Arbeit liegt. —
Trotz des unleugbaren hohen Standes unserer Technik
haben wir immer noch anzukämpsen gegen minder-
wertige Ware, gegen eine Scheinkunst, die unser
kaufendes Publikum nicht nur duldet, sondern zu der
es direkt den Runsthandwerker drängt. Daß pudor
diesen wunden Punkt berührt, ist dankbar anzu-
erkennen — gegen die Annahme eines Rückganges
der Bronzetechnik sich zu verwahren, ist aber nicht
minder Pflicht und gutes Recht. Fr. v. M.

278
 
Annotationen