Ludwig Richter.
gebracht werden. Richter beschäftigte sich hierauf
intensiv init dem Studium der menschlichen Gestalt,
und bald hatte er sie so gut zeichnen gelernt, daß
er sie mitz Vorliebe in seinen Bildern und Blättern
zu verwenden begann und mit großer Sorgfalt über
den Rahmen der Staffage hinaus behaitdelte.
Am (. April \827 verließ er Rom, am No-
vember desselben Jahres heiratete er seine Iugend-
548. Holzschnitt aus „Beschauliches und Erbauliches" von
Ludwig Richter; geschnitten von A. Gab er. (Oerlag von
Gg. Wigand, Leipzig.) Ungef. 'ft der Griginalgröße.
geliebte, trotzdem Arnold, durch große Geschäfsver-
verluste entmutigt, den auf weitere Zahre ver-
sprochenen Gehalt nicht mehr auszahlte. Richter ra-
dierte nun wieder wie in der ersten Zeit „An- und
Aussichten", bis er (828 als Lehrer an die Agl.
Porzellanmanufaktur in Meißen berufen wurde. Zn
dieser Stellung verblieb er 8 Zahre bis zu deren
Aufhebung; damals malte, radierte und zeichnete er
viel und mancherlei. Seine Gemälde aus der Meißener
Periode hatten vorzüglich italische Motive zum Ge-
genstand der Darstellung und sind selbst in ihren
blassen Farben hart. (83H Hub eine schwere Zeit
der äußeren Not für ihn an. Die beiden Bilder
»Lago d’Averno« und eine Wiederholung des unter
Arankheitsqualen vollendeten »Rocca di mezzo«
konnte er nicht verkaufen. Da erhielt Richter durch
den Geschichtsmaler Aarl Bähr den Auftrag, für
einen Runstfreund eine italienische Landschaft zu malen.
Bähr wollte nach Rom und hätte Richter gern zum
Begleiter gehabt, weswegen er für ihn die Bestellung
bewirkte. An eine so weite und mithin kostspielige
Reise konnte Richter allerdings nicht denken, doch
hoffte er Bähr bis Gberitalien begleiten zu können
und am Gardasee Studien zu machen. Das Bild
hatte er glücklich vollendet, da erkrankte seine Frau
schwer an einer Abszeßbildung. Wochenlang war
die Gefahr für ihr Leben groß, endlich trat eine
Besserung ein. Bähr war mittlerweile nach Italien
gereist, wohin ihm Richter nun nicht mehr folgen
konnte, weil seine Reisekasse durch die Rosten, welche
die Arankheit seiner Frau verursachte, arg zusammen-
geschmolzen war. Unr doch wieder einmal ins Freie
zu gelangen, unternahm er auf das dringliche Zu-
reden seiner Frau eine zwölftägige Reise durch das
Elbetal nach Böhmen. „Als er an der Elbe zwischen
Aussig und Lobositz wunderte, gingen ihm plötzlich
die Augen auf. Die Schönheit dieser deutschen Na-
tur packte ihn gewaltig, und er sammelte nach Mög-
lichkeit Studien und Skizzen. Am Schreckenstein,
einem steil in die Elbe abfallenden Alinksteinselsen
von ziemlicher pöhe, bekrönt durch inalerische, aus-
gedehnte Burgruinen, fand er besonders reiche und
schöne Motive. Und nun war unser Meister von
seiner fast krankhaften Sehnsucht nach Italien geheilt.
Mit Begeisterung ging er an die Ausführung neuer
Bilder nach böhmischen Motiven." Gr hatte für sich
die deutsche Landschaft entdeckt, bald schloß sich daran
die Entdeckung und Darstellung des deutschen Volks-
lebens, dem er nun bis zu seinem Schaffensende
treu blieb. Zn jener Zeit, nach seiner böhmischen
Reise, setzte sein Wirken ein, das ihn uns so teuer
und liebenswert macht. So weit, wie er Rom ver-
gaß, wie Gurlitt sagt, soweit wurde er ein Meister,
der dauernde Werte schuf. Er wurde deutsch und
einfach, sinnig und wahr.
Das deutsche Volksleben in all seinen vielen
Äußerungen von Arbeit und Muße, Genuß und
Entbehrung, Freude und Leid, Überschwang und
Beschränkung spiegelt sein Werk. Und immer ist
das deutsche paus und die deutsche Landschaft der
Hintergrund, von dem es sich abhebt. Sein Werk
spiegelt das Leben vielleicht nicht ganz wahr, aber
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gebracht werden. Richter beschäftigte sich hierauf
intensiv init dem Studium der menschlichen Gestalt,
und bald hatte er sie so gut zeichnen gelernt, daß
er sie mitz Vorliebe in seinen Bildern und Blättern
zu verwenden begann und mit großer Sorgfalt über
den Rahmen der Staffage hinaus behaitdelte.
Am (. April \827 verließ er Rom, am No-
vember desselben Jahres heiratete er seine Iugend-
548. Holzschnitt aus „Beschauliches und Erbauliches" von
Ludwig Richter; geschnitten von A. Gab er. (Oerlag von
Gg. Wigand, Leipzig.) Ungef. 'ft der Griginalgröße.
geliebte, trotzdem Arnold, durch große Geschäfsver-
verluste entmutigt, den auf weitere Zahre ver-
sprochenen Gehalt nicht mehr auszahlte. Richter ra-
dierte nun wieder wie in der ersten Zeit „An- und
Aussichten", bis er (828 als Lehrer an die Agl.
Porzellanmanufaktur in Meißen berufen wurde. Zn
dieser Stellung verblieb er 8 Zahre bis zu deren
Aufhebung; damals malte, radierte und zeichnete er
viel und mancherlei. Seine Gemälde aus der Meißener
Periode hatten vorzüglich italische Motive zum Ge-
genstand der Darstellung und sind selbst in ihren
blassen Farben hart. (83H Hub eine schwere Zeit
der äußeren Not für ihn an. Die beiden Bilder
»Lago d’Averno« und eine Wiederholung des unter
Arankheitsqualen vollendeten »Rocca di mezzo«
konnte er nicht verkaufen. Da erhielt Richter durch
den Geschichtsmaler Aarl Bähr den Auftrag, für
einen Runstfreund eine italienische Landschaft zu malen.
Bähr wollte nach Rom und hätte Richter gern zum
Begleiter gehabt, weswegen er für ihn die Bestellung
bewirkte. An eine so weite und mithin kostspielige
Reise konnte Richter allerdings nicht denken, doch
hoffte er Bähr bis Gberitalien begleiten zu können
und am Gardasee Studien zu machen. Das Bild
hatte er glücklich vollendet, da erkrankte seine Frau
schwer an einer Abszeßbildung. Wochenlang war
die Gefahr für ihr Leben groß, endlich trat eine
Besserung ein. Bähr war mittlerweile nach Italien
gereist, wohin ihm Richter nun nicht mehr folgen
konnte, weil seine Reisekasse durch die Rosten, welche
die Arankheit seiner Frau verursachte, arg zusammen-
geschmolzen war. Unr doch wieder einmal ins Freie
zu gelangen, unternahm er auf das dringliche Zu-
reden seiner Frau eine zwölftägige Reise durch das
Elbetal nach Böhmen. „Als er an der Elbe zwischen
Aussig und Lobositz wunderte, gingen ihm plötzlich
die Augen auf. Die Schönheit dieser deutschen Na-
tur packte ihn gewaltig, und er sammelte nach Mög-
lichkeit Studien und Skizzen. Am Schreckenstein,
einem steil in die Elbe abfallenden Alinksteinselsen
von ziemlicher pöhe, bekrönt durch inalerische, aus-
gedehnte Burgruinen, fand er besonders reiche und
schöne Motive. Und nun war unser Meister von
seiner fast krankhaften Sehnsucht nach Italien geheilt.
Mit Begeisterung ging er an die Ausführung neuer
Bilder nach böhmischen Motiven." Gr hatte für sich
die deutsche Landschaft entdeckt, bald schloß sich daran
die Entdeckung und Darstellung des deutschen Volks-
lebens, dem er nun bis zu seinem Schaffensende
treu blieb. Zn jener Zeit, nach seiner böhmischen
Reise, setzte sein Wirken ein, das ihn uns so teuer
und liebenswert macht. So weit, wie er Rom ver-
gaß, wie Gurlitt sagt, soweit wurde er ein Meister,
der dauernde Werte schuf. Er wurde deutsch und
einfach, sinnig und wahr.
Das deutsche Volksleben in all seinen vielen
Äußerungen von Arbeit und Muße, Genuß und
Entbehrung, Freude und Leid, Überschwang und
Beschränkung spiegelt sein Werk. Und immer ist
das deutsche paus und die deutsche Landschaft der
Hintergrund, von dem es sich abhebt. Sein Werk
spiegelt das Leben vielleicht nicht ganz wahr, aber
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