Ausstellung für angewandte Kunst, München tZos.
26. Damenzinimer. Entwurf von Karl Lertfch; ausgeführt (Mobiliar aus Birnbaum-
holz) von den „Werkstätten für Wohnungseinrichtung, K. Bertfch".
Beim Besuch des Ober-
geschosses kommt man zu-
erst au der Rüche von
Rudolf Rochga, Stutt-
gart (ausgeführt von den
Bereinigten Werkstätten für
Runst im Handwerk, Mün-
chen) vorüber; hier ist
alles auf Zweckmäßigkeit,
Sauberkeit und Appetitlich-
keit zugeschnitten, von dem
dreiteiligen Vorratskasten
ait bis herab zu den kleinsten
Gefäßen. Die Zweckform
der einzelnen Wöbel wird
von dem, was man als
Verzierung ansehen könnte,
in nichts beeinträchtigt; int
Gegenteil, die Abkantungen
der Tischbeine rc. kommen
dem praktischen Gebrauch
entgegen. Statt des ganz
überflüssigen Olfarb - An-
strichs, der doch beim Ab-
scheuern bald leidet, hat
das Riefernholz nur eine
Lasur erhalten, die seine
Waserung und seinen Far-
benwechsel gattz zur Gel-
tung komnten läßt und ge-
rade genügt, um die jOoren
des Holzes zu schließen.
Aber es fehlt nicht an
Farbe; sind doch die Wände
bis hoch hinauf mit glatten
fliesen in grau und grün belegt, auf den sich die
hölzernen utid messingenen Geschirrahmen rc. mit
dem farbigen Geschirr trefflich abheben (Abb. s2).
J>nt Weitergehen berührt es seltsam, unter all
den „modernen" Räumen auf einen zu stoßen, der
die verblichensten Erinnerungen aus frühester Rindheit
wachruft, — leibhaftiger Biedermeierstil -— Herren
zimmer von Th. Th. Heine: dieselben schmalge-
streiften Rtöbelbezüge und Tapeten, dieselben braven,
spießbürgerlichen Alöbelformen, dasselbe steilwandige
Sosa mit den walzenförmigen Riffen usw., wie ehe-
dem solide, ehrliche Dinger, gegen deren Form-
gebung sich wenig sagen läßt. (Ausgeführt von den
Vereinigten Werkstätten f. R. i. H.) Werkwürdig ist
nur das eine, daß, nachdem man vor kurzem die
meisten alten Stile vorne hinausgeworfen hat, man
nun eilten andern alten zur Hintertür hereinläßt. Ist
das eilt Rückfall oder eilt »pater peccavi«? Beweist
es die Lebenszähigkeit des Eklektizismus? Oder ist
man auf der Suche ltach Einfachheit von selbst wieder
in diese Richtuitg geraten? Einerlei! Was gut ist,
soll uns willkommen sein, gleichgültig, woher es
komntt. — Aber in der Farbe ist der Raum verun-
glückt; die hintbeerfarbene Wandtapete und die grün-
gestreiften Polsterungen wollen sich nicht miteinander
vertragen (Abb. \7 u. (8).
Das Speisezimmer Bruno Hauls (ausgeführt
voit dett Vereinigten Werkstätten f. R. i. H ) wirkt
neben dem Heinefchen Herrenzintmer kühl, aber tticht
etwa frostig; bei längerent Verweilen gewinttt es an
Behagen, vermöge der sorgfältigen Farbenzusammen-
stintmung. Grau, Grün uttd Braun bestintmen den
Akkord, der schon in dem gelblichgrauen mit einigem
Grün gemusterten Teppich sich ankündigt und — in
verschiedenen Stufen — an dett Bänken der Fenster-
nische, in den graugelb gebeizten Lederbezügen der
iS
26. Damenzinimer. Entwurf von Karl Lertfch; ausgeführt (Mobiliar aus Birnbaum-
holz) von den „Werkstätten für Wohnungseinrichtung, K. Bertfch".
Beim Besuch des Ober-
geschosses kommt man zu-
erst au der Rüche von
Rudolf Rochga, Stutt-
gart (ausgeführt von den
Bereinigten Werkstätten für
Runst im Handwerk, Mün-
chen) vorüber; hier ist
alles auf Zweckmäßigkeit,
Sauberkeit und Appetitlich-
keit zugeschnitten, von dem
dreiteiligen Vorratskasten
ait bis herab zu den kleinsten
Gefäßen. Die Zweckform
der einzelnen Wöbel wird
von dem, was man als
Verzierung ansehen könnte,
in nichts beeinträchtigt; int
Gegenteil, die Abkantungen
der Tischbeine rc. kommen
dem praktischen Gebrauch
entgegen. Statt des ganz
überflüssigen Olfarb - An-
strichs, der doch beim Ab-
scheuern bald leidet, hat
das Riefernholz nur eine
Lasur erhalten, die seine
Waserung und seinen Far-
benwechsel gattz zur Gel-
tung komnten läßt und ge-
rade genügt, um die jOoren
des Holzes zu schließen.
Aber es fehlt nicht an
Farbe; sind doch die Wände
bis hoch hinauf mit glatten
fliesen in grau und grün belegt, auf den sich die
hölzernen utid messingenen Geschirrahmen rc. mit
dem farbigen Geschirr trefflich abheben (Abb. s2).
J>nt Weitergehen berührt es seltsam, unter all
den „modernen" Räumen auf einen zu stoßen, der
die verblichensten Erinnerungen aus frühester Rindheit
wachruft, — leibhaftiger Biedermeierstil -— Herren
zimmer von Th. Th. Heine: dieselben schmalge-
streiften Rtöbelbezüge und Tapeten, dieselben braven,
spießbürgerlichen Alöbelformen, dasselbe steilwandige
Sosa mit den walzenförmigen Riffen usw., wie ehe-
dem solide, ehrliche Dinger, gegen deren Form-
gebung sich wenig sagen läßt. (Ausgeführt von den
Vereinigten Werkstätten f. R. i. H.) Werkwürdig ist
nur das eine, daß, nachdem man vor kurzem die
meisten alten Stile vorne hinausgeworfen hat, man
nun eilten andern alten zur Hintertür hereinläßt. Ist
das eilt Rückfall oder eilt »pater peccavi«? Beweist
es die Lebenszähigkeit des Eklektizismus? Oder ist
man auf der Suche ltach Einfachheit von selbst wieder
in diese Richtuitg geraten? Einerlei! Was gut ist,
soll uns willkommen sein, gleichgültig, woher es
komntt. — Aber in der Farbe ist der Raum verun-
glückt; die hintbeerfarbene Wandtapete und die grün-
gestreiften Polsterungen wollen sich nicht miteinander
vertragen (Abb. \7 u. (8).
Das Speisezimmer Bruno Hauls (ausgeführt
voit dett Vereinigten Werkstätten f. R. i. H ) wirkt
neben dem Heinefchen Herrenzintmer kühl, aber tticht
etwa frostig; bei längerent Verweilen gewinttt es an
Behagen, vermöge der sorgfältigen Farbenzusammen-
stintmung. Grau, Grün uttd Braun bestintmen den
Akkord, der schon in dem gelblichgrauen mit einigem
Grün gemusterten Teppich sich ankündigt und — in
verschiedenen Stufen — an dett Bänken der Fenster-
nische, in den graugelb gebeizten Lederbezügen der
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