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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 56.1905-1906

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Habich, Georg: Neuere Entwickelung der Medaillenkunst, insbesondere in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.10293#0205

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Neuere Entwickelung der Medaillenkunst, insbesondere in Müncheri.

dorben als gebessert hat. —

Aber nicht genug damit: auch
das Publikum hat sich an
den französischen Produkten
übel versehen. Denn eine
weitere Holge jener „Wieder-
erweckung" war ein starker
Import von französischer
Ware. Und wie immer bei
pariser Import mußte sich
das liebe deutsche Kunstpub-
likum mit dem b h u b be-
gnügen. Nicht die bedeuten-
den Arbeiten, die ein Thapu,

Roty und Thaplain in
den achtziger Jahren schufen
und die heute schon schwer

zu haben sind, fanden Eingang — sie wären wohl
auch zu teuer gewesen für den deutschen Weihnachts-
markt —, sondern billige, fabrikmäßig hergestellte
Ware, die deshalb nicht wertvoller wird, weil sie
berühmte Künstlernamen trägt. Ulan kann selbst einem
Meister wie Vernon den Nowurf nicht er-
sparen, daß er mit billigen tech-
nischen Mätzchen auf den Ge-
schmack der Menge spekulierte.

Im übrigen ist die
französische Medaillen-
knnst in der Zwischen-
zeit keineswegs bei
Roty stehen geblie-
ben. Durch immer
neue Evolutionen
erweist sie eine so ge-
sunde Triebkraft,
wie sie nur einer
wirklich lebendi-
gen Kunst eigen ist.

Diese überquellende
Produktion hat nichts
künstlich Gezüchtetes wie
bei uns in Deutschland;
sie entfließt offenbar ganz
unmittelbar einem starken
künstlerischen Drang, dem eine
nicht minder starke Nachfrage die Wag-
schale hält. So bedeutend die Rolle
ist, die das Technische auf dem Ge-
biete der Medaille spielt: diese Meister reflek-

tieren nicht über ihre Ausdrucksmittel. Jede neue
Aufgabe fordert sie zu neuen Versuchen aus,
bei denen höchst gesteigertes Rafsineinent und primi-
tive Einfachheit von Tag zu Tag wechseln. Was

408. Nodin; von p. N c> eq, Paris.

409. Kardinal Manning;
von Leg ros, Paris.
(ä/6 d. wirk!. Größe.)

z. B. Alex. Tharpentier
mit pilfe des bekannten Re-
duktionsverfahrens, freilich nur
mit genialer Vorausberech-
nung des fchließlichen Effektes,
neuerdings erzielt, wird zum
mindesten ausgewogen durch
seine derben Gußstücke, die
er von vornherein in dem
endgültigen Durchmesser mo-
delliert und in ihrer ganzen
improvisierten Frische einfach
durch Rot- und Gelbguß ver-
vielfältigen läßt. Zweifellos
findet die stark impressioni-
stische Tendenz, die in der
französischen Medaillistik be-
reits seit den Tagen eines David d'Angers, preault
und Tarpeaux, wenn auch nur als Knterströmung
sozusagen, bemerkbar ist, in diesem Verfahren einen
adäquateren Ausdruck als in den Umständlichkeiten der
Reduktion und der Prägung. Nach jener Richtung
deuten neuerdings die Arbeiten von V. Peter,
Trojan owski, pugucnin und
dem Rodinnachahmer No cq ic.f
die hier nur mit Namen ge-
nannt werden können (siehe
Abb. fl06 ff). Den vorläu-
figen Endpunkt bezeich-
net vielleicht der selt-
same Pencesse, des-
sen völlig in Licht-
und Schattenspiele
ausgelöste Flachre-
liefs direkt mit der
Malerei eines Bar-
riere wetteifern.
Merkwürdig we-
nig Beachtung findet
bei uns zu Land die
belgische Medaille, ob-
wohl die Arbeiten eines
D illens, Lagae, van
der Stappen, de Vreeze,
zumal was das Porträt betrifft,
den Franzosen an plastischer Qua-
lität mindestens gleichkommen und an
Geschmack kaum etwas nachgeben (Ab-
bildung (\\2—qp7). Wir müssen den Nachweig
hier schuldig bleiben, und verweisen sowohl für
die modernsten französischen wie für die Brüsseler
Medaillenkünstler auf das große Werk von Dom-
pierre (Medailles et Plaquettes modernes) und
 
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