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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 56.1905-1906

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Gmelin, Leopold: Das Kunstgewerbe auf der Nürnberger Ausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10293#0318

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Das Aunftgewerbe auf der Nürnberger Ausstellung.

farbigkeit. —- Durchmustert man die weiten Hallen des
Industriegebäudes — einschließlich die damit eng ver-
bundenen Hallen des „Handwerks" — nach Raum-
kunst, so findet man außer den oben genannten
Räumen von Riemerschmid nur wenige, die sich in
künstlerischer Gediegenheit denen des Kunstgewerbe-
hauses zur Sette stellen können; aber es sind dafür
einige darunter, die an vornehmem Reichtunt die vor-
genannten übertreffen und ihnen in Geschmack nicht
nachstehen. Joseph Hein, Nürnberg, hat seine
tiefe Koje wirkungsvoll geteilt, indem er an der
Fensterseite einen weiten Erker mit anstoßendem Sitz-
platz in weiß lackiertem Holz angeordnet und von
dem übrigen Raum durch Höherlegung des Bodens
und Aufrichtung einer Halbwand getrennt hat; der
größere zu einem Speisezimmer verwendete Teil ist
besonders durch seinen reizenden Kaminplatz aus-
gezeichnet. An harmonischer Farbenstimmung läßt
das Ganze keinen Wunsch zurück fAbb. 626).

Die Firmen I. A. Eyßer in Nürnberg und
Bayreuth haben eine Gruppe von fünf Räumen
zusammengestellt, die zu dem vornehmsten gehören,
was die Raumkunst auf der Ausstellung bietet. Die
Nürnberger Firma leistet sich hier das Unikum, ein
Vestibül zu schaffen, in welchem unverfälscht italie-
nische Renaissance im Sinne Lenbachs oder Gabr.
v. Seidls — roter U)andbezug, weißer durch Ver-
goldung belebter Relieffries darüber, reich geschnitzter
Banktruhen rc. — ihre Auferstehung feiert; nur bei
der elektrischen Deckenbeleuchtung sind moderne

Schöpfergedanken zu ihrem Recht gekommen. Ganz
modern ist auch das anstoßende Damenzimmer noch
nicht; aber es geht durch feine vornehme Ausstattung
feine gewählte Farbenstimmung, seine zarte Durch-
bildung des Mobiliars ein Zug feinen weiblichen
Wesens, der zum mindesten modernem Empfinden
entspricht. In dem ganz modernen Herrenzimmer
daneben paßt der derbe, ungeschlachte Kamin aus
grobem Stein nicht in die feine Umgebung; erwirkt
fast brutal. Das ist sehr zu bedauern, da sonst auf
die Durchbildung des Raums sehr viel Sorgfalt,
Geschntack und Geschick verwendet wurden; nament-
lich das mit feinen geometrischen Intarsien belebte
Mobiliar aus ostindischem Makassar-Ebenholz kann
in seinem warmen Schwarz mit seiner matten Holitur
an gediegener Vornehmheit kaum übertroffen werden.
— Eine sehr erfreuliche Leistung stellt das damit ver-
bundene Speisezimmer der Bayreuther Tochterfirma
dar. An der einen Schmalseite, dent weiten Fenster-
ausbau gegenüber, ein prächtiger Kamin, an der
Langseite ein wohlgegliedertes Buffet. Alles —
Möbel und Vertäferung ■— in Halisanderholz mit
hellen rötlichen Füllungen, Messingbeschläg, Messing-
sprossen und eingelegten Messinglinien (der elliptische
Auszugtisch steht für gewöhnlich in dem Fenster-
ausbau). Das letzte Zimmer der Eyßer-Gruppe
von der Bayreuther Firma —, ist ein Schlafzimmer,
auf gelb, grün und weiß gestintmt, und trotz der
einfachern Haltung nicht minder vornehm wie die
vorgenannten Räume: gelb die Möbel (Kirfchbaum-

Nunst und pandwerk. 56. Iahrg. peft \0.

20,1

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