Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 56.1905-1906

DOI Artikel:
Vom Büchermarkt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10293#0333

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dom Büchermarkt,

stischen Motive, die jedoch in ihrer Mehrzahl nicht
als individuell ganz glücklich gelöste zu betrachten sein
dürften. Schon im Vorwort sagt man uns Dinge, mit
denen man sich nicht einverstanden erklären kann.
Da heißt es u. a.: „Dem Anfänger iin Hlach-
ornamentzeichnen sollen diese Blätter in die pand
gegeben werden, zwar nicht zum Abzeichnen, sondern
zum Umformen für einen neuen Charakter. Der
Schüler lerne dadurch ein Motiv verarbeiten und
werde von Anfang an aus das Entwerfen hinge-
wiesen." Als ob ein „Anfänger" in Wirklichkeit
das überhaupt könnte! — Dem Anfänger hat man
vor allem Naturformen vorzulegen und ihn anzu-
halten, diese mit möglichst seiner Empfindung nach
zubilden, und wenn er dann reif genug dazu ist, so
soll er lernen, diese von ihm eingehend studierten
Gebilde auf Grundlage irgend welcher technischer
Bedingungen in eine vereinfachte ornamentale Horm
zu bringen, mit anderen Worten, zu stilisieren. Wenn
man aber dagegen den: Anfänger im Zeichnen ein
Blatt in die pand gibt, wie z. B. Nr. 77 aus dem
vorliegenden Werke mit den stilisierten Reseden, welch
letztere gerade so gut auch ein Kugellorbeerbäumchen
vorstellen und am allerwenigsten den wirklichen
Charakter der benannten Pflanze andeuten und läßt
zu allem Überflüsse dieses Elaborat auch noch um-
formen, dann kommt man als Resultat zu allem
eher, nur nicht zur Kunst! —

Das führt in Wirklichkeit um so sicherer zu jener
geschmacklosen Dutzendware, die man heute unter
dem Sammelnamen „Zugendstil" tagtäglich aus den
Markt bringen sieht und die einem ehrlich denkenden
und feinfühlenden Menschen die modernen Kunst-
sormen überhaupt ein für allemal entleiden könnten.

Th. S.

us Matur und Geisteswelc. Sammlung wissen-
schaftlich - gemeinverständlicher Darstellungen.
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig-Berlin.

Unsere Zeitschrift hatte schon früher Gelegenheit,
auf ein Bändchen dieser Sammlung: „Matth aei,
Deutsche Baukunst in: Mittelalter" als auf
eine ganz hervorragende Einführung in den behan-
delten Stoff hinzuweisen, Hür die Güte des Merk-
chens mag jetzt auch noch sprechen, daß es nunmehr
eine zweite Auflage erlebt hat. Wir empfehlen es
angelegentlichst allen Kunstbeflissenen, indem wir dabei
die klare, sachliche Darstellung der historischen Ent-
wicklung, die Berücksichtigung der neuesten Forschungs-
ergebnisse und den frischen, leicht lesbaren Stil be-
sonders hervorheben. Diese Vorzüge lassen das
Merkchen für Schulzwecke in hervorragender Weife
geeignet erscheinen. Von besonderem Interesse für

unsere Leserkreise sind ferner noch aus der gleichen
Sammlung: Die deutsche Illustration von
Prof. Vr. Rudolf Kautzsch, eine sehr feinsinnige
Untersuchung über den geschichtlichen Werdegang der
bildlichen Buchausstattung mit einer das Wesen der
Illustration präzis zeichnenden Einleitung; ferner:
„Das d eutfche Handwerk" von E. Gtto, der es
unter Benutzung der strengwissenschaftlichen Arbeiten
der Historiker und Volkswirtschaftslehrer wie v. Below,
Schmoller, Stieda, Lamprecht verstand, in lebendiger
Darstellung ein hochinteressantes Bild von dem älteren
deutschen Gewerbewesen zu entrollen. Selbständige
archivalische Forschungen Ottos machen das Werk
namentlich dem Theoretiker wert, doch möchten vor
allem auch unsere ausübenden Kunsthandwerker gerne
nach ihin greifen als nach einer schlichten und an-
regenden Belehrung über die Wandlungen, die das
Handwerk feit den Tagen der Grundherrschaft und
Naturalwirtschaft bis herab zu dein Zeitalter der
Gewerbefreiheit und Maschinen genominen hat. Eine
wertvolle Ergänzung bietet hierzu: „Die deutschen
Städte und Bürger im Mittelalter" von B.
peil. Dieses Bändchen bildet sozusagen die Holie, den
Hintergrund für die bei Otto gegebenen Kapitel über
das Handwerk zur Zeit der Städteblüte und über
das Zunftwesen. Bei dem Mangel gemeinverständ-
licher Abhandlungen über das mittelalterliche Städte-
wesen uiid die Glanzzeit unseres Bürgertums — es
könnte höchstens noch von Below, „Das ältere deutsche
Städtewesen und Bürgertum" erwähnt werden —
begrüßen und empfehlen wir dieses Merkchen lebhaft.
Eines der letzten Bäiidchen der Sammlung auf 5cm
uns naheliegenden Gebiete steuerte Direktor Or. Vol-
behr bei mit seinem „Bau und Leben der bil-
denden Kunst". In der richtigen Erkenntnis, daß
unsere Kunsthandbücher viel zu sehr Gewicht auf die
Äußerlichkeiten der Stilarten legen, d. h. die verschie-
denen Erscheinungsformen der Kunst als pauptmoment
hervorheben, sucht er die treibenden Faktoren, die als
formgestaltend und farbenschaffend im einzelnen In-
dividuum tätig waren, klarzulegen und führt uns so
nach und nach in das Verständnis der Künstler-
persönlichkeit als der Repräsentantin einer bestimmten
Generation, einer bestimmten Kunstanschauung und
Kunstepoche ein. Auch diesem Merkchen möchte ich
weiteste Verbreitung an unseren Kunstbildungsstätten
wünschen. Indem noch darauf hingewiesen sei, daß
die meisten Bändchen verhältnismäßig reich und
zweckentsprechend illustriert sind, betonen wir, daß
der preis für jedes einzelne in Leinwand gebundene
nur f M. 25 Pf. beträgt. Mir empfehlen die hier
besprochenen Bändchen, ebenso wie die ganze Samm-
lung aufs wärmste. TL.

verantw. Red.: Prof. £. ©me Iin. — peraurgegeben vom Bayer. Aunstgewerbeoerein. — Druck und Verlag von R. Dldenbourg, München.
 
Annotationen