Monismus der Kunst?
Zunächst etwas Bestechendes; der Traum unserer
Größten scheint dann erfüllt zu sein, alles hat Be-
deutung, Wert und Sinn; es ist dann tatsächlich
alle Kunst, soweit sie eben in diesem Rahmen noch
geübt werden kann, unmittelbar mit dem Leben in
Verbindung gebracht, sozusagen ins Leben gerückt,
und das Wort „Sachkunst" wäre viel zu bescheiden
sür einen Komplex von Kulturgütern, die den Traum
der früheren Menschheit zur Wahrheit machen. Ts
ckt aber denn doch sehr fraglich, ob die Menschheit
eines solchen Daseins je fähig werden kann; ob das
^anze nicht schließlich hinausläuft auf die dekorative
Verbrämung der inneren Leerheit eines reich ge-
wordenen Genießertums. Goethe z. B., der ja vor
allem stets bestrebt war, dem gesamten Dasein Wert
und Bedeutung, dem „Augenblick Dauer" zu ver-
leihen, er würde trotz allem an die Möglichkeit eines
Elchen ununterbrochenen Fest- und Heiertags-
Z u st an des^ nicht geglaubt haben; mit leichter Mühe
ließen sich aus seinen besten und reifsten Werken
Dutzende von Stellen anführen, aus denen hervor-
geht, daß er „den armen Sterblichen" das Dasein
von „Erdengöttern" vorenthalten glaubt. So viel
ist selbstverständlich und gewiß: auch jene Kultur,
die jetzt so vielen als heißes Ziel des gesamten
') Ein Fest ist ja schließlich nichts weiter als der versuch,
einer Zeitspanne erhöhte Bedeutung, und zwar durch Konzen-
tration aller möglichen kebensäußerungen, zu verleihen.
79. Brunnen (Modell) für den Marktplatz einer kleinen Stadt;
von Jak. kj offmann, München, (Höhe 6,20 m.)
80. Mittelstück zum Dstertagdenkmal in Dürkheim a. H.
kvettbewerbskizze. (2. Preis.)
Menschheitsringens erscheint, würde schließlich als
flach, verblaßt und alltäglich empfunden werden, und
man müßte an der Menschheit verzweifeln, wenn
sich nicht unwiderstehlich das Verlangen nach einem
wirklichen inneren Erlebnis rühren sollte.
Dann aber würde man e r st e r k e n ifle n,
wie arm diese jetzt so verlockend erschei-
nende Kultur gemacht, wie flach und all-
täglich sie das Leben gestaltet! Und zwar
dadurch, indem sie den vielen, den Durchschnitts-
menschen das Beste genommen, was ihnen das
arme, flache Leben bieten kann: das ahnende Mit-
erleben und Mitempfinden der inneren Erlebnisse
der schaffenden Geister. Denn wenn die Raum-
wirkung zum einzigen Kriterium bei Beurteilung eines
Dramas, eines Gemäldes, einer Skulptur erhoben
werden sollte, dann tritt eben das ein, was über die
Behrenssche Versuchsbühne in klagen gesagt wurde:
gerade die größten, die stärksten Werke iverden zum
Vorteil kleingeistiger Experimente verkannt, die ge-
waltigen inneren Erlebnisse, die ihnen zugrunde
liegen, werden der Menschheit verloren gehen. Das
Zunächst etwas Bestechendes; der Traum unserer
Größten scheint dann erfüllt zu sein, alles hat Be-
deutung, Wert und Sinn; es ist dann tatsächlich
alle Kunst, soweit sie eben in diesem Rahmen noch
geübt werden kann, unmittelbar mit dem Leben in
Verbindung gebracht, sozusagen ins Leben gerückt,
und das Wort „Sachkunst" wäre viel zu bescheiden
sür einen Komplex von Kulturgütern, die den Traum
der früheren Menschheit zur Wahrheit machen. Ts
ckt aber denn doch sehr fraglich, ob die Menschheit
eines solchen Daseins je fähig werden kann; ob das
^anze nicht schließlich hinausläuft auf die dekorative
Verbrämung der inneren Leerheit eines reich ge-
wordenen Genießertums. Goethe z. B., der ja vor
allem stets bestrebt war, dem gesamten Dasein Wert
und Bedeutung, dem „Augenblick Dauer" zu ver-
leihen, er würde trotz allem an die Möglichkeit eines
Elchen ununterbrochenen Fest- und Heiertags-
Z u st an des^ nicht geglaubt haben; mit leichter Mühe
ließen sich aus seinen besten und reifsten Werken
Dutzende von Stellen anführen, aus denen hervor-
geht, daß er „den armen Sterblichen" das Dasein
von „Erdengöttern" vorenthalten glaubt. So viel
ist selbstverständlich und gewiß: auch jene Kultur,
die jetzt so vielen als heißes Ziel des gesamten
') Ein Fest ist ja schließlich nichts weiter als der versuch,
einer Zeitspanne erhöhte Bedeutung, und zwar durch Konzen-
tration aller möglichen kebensäußerungen, zu verleihen.
79. Brunnen (Modell) für den Marktplatz einer kleinen Stadt;
von Jak. kj offmann, München, (Höhe 6,20 m.)
80. Mittelstück zum Dstertagdenkmal in Dürkheim a. H.
kvettbewerbskizze. (2. Preis.)
Menschheitsringens erscheint, würde schließlich als
flach, verblaßt und alltäglich empfunden werden, und
man müßte an der Menschheit verzweifeln, wenn
sich nicht unwiderstehlich das Verlangen nach einem
wirklichen inneren Erlebnis rühren sollte.
Dann aber würde man e r st e r k e n ifle n,
wie arm diese jetzt so verlockend erschei-
nende Kultur gemacht, wie flach und all-
täglich sie das Leben gestaltet! Und zwar
dadurch, indem sie den vielen, den Durchschnitts-
menschen das Beste genommen, was ihnen das
arme, flache Leben bieten kann: das ahnende Mit-
erleben und Mitempfinden der inneren Erlebnisse
der schaffenden Geister. Denn wenn die Raum-
wirkung zum einzigen Kriterium bei Beurteilung eines
Dramas, eines Gemäldes, einer Skulptur erhoben
werden sollte, dann tritt eben das ein, was über die
Behrenssche Versuchsbühne in klagen gesagt wurde:
gerade die größten, die stärksten Werke iverden zum
Vorteil kleingeistiger Experimente verkannt, die ge-
waltigen inneren Erlebnisse, die ihnen zugrunde
liegen, werden der Menschheit verloren gehen. Das