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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Wolff, H.: Die Volkskunst und die Volkskunst-Ausstellung in Berlin 1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0099

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Die Volkskunst und die Volkskunst-Ausstellung in Berlin zgost.

gäbe auf anderen Gebieten haben, aber ihr Ziel ohne
die Erkenntnis und pflege der Volkskunst nicht erreichen
könnten; so vor allem die Annstgewerbevereine und
die Architektenvereine und Zeitschriften wie der
„Aunstwart", endlich die Arrangeure von Volkskunst-
ausstellungen, soweit sie den Volkskunstproduzenten
durch die Ausstellung Absatzgelegenheit und neue
Absatzgebiete erschließen wollen und wie es in wirk-
lich großem Rahmen und mit gutem Erfolg zuletzt
der deutsche Lyceumklub durch seine Internatio-
nale Volkskunstausstellung in Berlin unter-
ommen hat.

Es ist diese letztere Ausstellung, die uns den
Anlaß bietet, die Hrage nach dem Wesen der Volks-
kunst kurz darzustellen, bevor wir eine Würdigung
der Ausstellung selbst unternehmen. Der Begriff
„Volkskunst" steht nicht fest; ohne eine Abgrenzung
des Begriffes wäre aber eine kritische Betrachtung
gar nicht möglich.

Auf dem letzten Verbandstage der deutschen
Aunstgewerbevereine stalle a. S., März \909) habe
ich es unternommen, eine Abgrenzung der Volkskunst
zu geben. Weine damaligen Ausführungen*) haben
den Beifall des Verbandstages gefunden; die Ver-
treter einiger anderer großer Verbände stimmten
ebenfalls bei: ich nenne nur den deutschen Werk-
bund, den Bund deutscher Architekten, den Bund
deutscher Zeichner.

Man meint heute noch durchaus nicht ein- und
dasselbe, wenn man von Volkskunst spricht; nicht

*) Gedruckt auf Beschluß des Verbaudstages iu einer
Auflage von 20 000 Exemplaren; bei Gebauer-5chwetfchke,
Kalle a. S., 1909; 30 3.

(75. Volkskunst-Ausstellung, Berlin (909: erruhe ans dem
Museum Berchtesgaden.

innerhalb der einzelnen oben genannten Gruppen,
ja nicht einmal innerhalb ein und derselben Veran-
staltung, Ausstellung, Zeitschriftennummer oder An-
kündigung. Das Wort „Volkskunst" muß noch recht
Verschiedenartiges decken, und damit
zusammen geht ein Schwanken des
Zieles der Volkskunstbestrebungen und
Unsicherheit in der Arbeit für die
Volkskunst.

Was alles hat man nicht auf
den Volkskunstausstellungen, in Volks-
kuitstabhandlungen usw. als Volks-
kunst vorgesetzt bekommen! So ziem-
lich alles, was Wcnschenhand und
Wenschengeist hervorgebracht hat und
Hervorbringen konnte. Je nach der
Auffassung, die jeweilen über die Volks-
kunst herrschte, waren es bald bäuer-
liche Gebrauchsgegenstände, bald bäuer-
liche Phantasieschöpfungcn, bald klein-
bürgerliche Luxusstücke, bald handwerk-
liche Produkte, bald Hcimarbcitserzeug-
niffe, bald tüftelige Leistungen unbe-
friedigter höherer Töchter, bald sogar

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