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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Bredt, Ernst Wilhelm: Erfolgreiche und erfolglose Künstler: ein Vortrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0204

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Erfolgreiche und erfolglose Aünstler.

362 u. 363. Gürtelschließen aus Eisenblech; von Georg v. Mendelssohn.

Man sollte große Zeitgenossen ehren durch Auf-
stellen ihrer Büsten.

Man solle Jagd machen auf berühmte Durch-
reisende, um ihr künstlerisches Bild festzustellen, als
Büste, Bild, Medaille für die städtische Erinnerung.

Die Straßenbcnennungen und -umnennungen
sind ohne jede kulturelle Wirkung, ich glaube sogar
oft teurer.

Man schaffe ein staatliches Atelierausstellungs-
gebäude, damit wir Aünstler, als ein Ganzes, kennen
lernen können. (Ich habe schon im Jahrgang sstOs
Pest 7, unserer Zeitschrift diesen plan klar entwickelt.)

Man schmücke unsere Sitzungssäle nicht nur
mit Repräsentationsbildern, die lebende Aunst ge-
hört zunächst in die Stätten der öffentlichen Wirk-
samkeit, erst später in die Museen.

Freilich möchten sich die betreffenden Männer
des Staates klar werden, ob es nicht doch noch
billiger für den Staat wäre, das beste unserer Gegen-
wart für die Nachwelt und Gegenwart schon jetzt
zu sammeln als später für einige wenige Werke noch
mehr zahlen zu müssen als jetzt für alles beste
zusammen.

Unsere illustrierten modernen Aunstzeitschriften
werden in ihrer Wirksamkeit noch immer unterschätzt.
Doch können sie noch besser wirken: durch noch
weniger Text, noch mehr Bilder. Der Text aber
sei immer unterm Bilde erklärend, ergänzend. Für
abgebildete, verkaufte Werke sollte dem Aünstler
Honorar gezahlt werden. Für nicht Verkauftes nichts.

Noch eines, was im engsten Zusammenhänge
hiermit steht, sei noch berührt: Ludwig Fulda hat
einmal sehr treffend gesagt: Wer in Deutschland jetzt
Erfolg haben will, muß entweder Ausländer oder
pervers, oder tot sein. Am sichersten aber wäre der

Erfolg, wenn man ein toter, perverser Ausländer
sei. — Nun, daß jüngst einige wirklich sehr perverse
Engländer bei uns großen Erfolg hatten, halte ich
für eine vorübergehende Erscheinung. Auch die
Ausländerei scheint nach und nach abzuflauen, wenn
diese auch noch immer ein schlimmes Tharakteristikum
des Deutschen, leider auch des deutschen Aünstlers
zu sein scheint. Aber in einem hat Fulda bitter
recht: Der tote Aünstler, von seinem Todestage an
gerechnet, gilt uns immer viel mehr als jeder andere
lebende.

Da ich mich kurz fassen muß, will ich nicht
meinen herzlichen Alagen darüber freien Laus lassen.
Nur eines sei berührt. Die Aünstler sagen: Da seid
ihr bösen Aunsthistoriker daran schuld, ihr Museums-
leute, die Modernen laßt ihr verhungern und die
Werke der Toten wiegt ihr nicht mit Gold sondern
gar mit Radium auf.

Sie sind gewiß eine bedauerliche Erscheinung,
diese wahnsinnigen Preise für oft sogar zweifelhaftes
oder ganz Falsches, aber m. E. ist es nur eine Wohl-
tat für die Zukunft, daß die kostbarsten Antiquitäten
in die Museen kommen und somit der Wirtschaft
definitiv entzogen werden.

Meine Erfahrungen mit Aünstlern zwingen
mich jedoch, zu sagen, daß an der Überschätzung von
Antiquitäten die Aünstler redlichen und großen Anteil
haben. Wie oft habe ich gerade solche Aünstler, die
lebhaft klagen, daß die Modernen hungern müssen
und die Toten überzahlt werden, von nichts schwärmen
hören als alten Möbeln, alten Teppichen, alten Ge-
räten. Ich habe schon Aünstler, und zwar keine alten
Herren, über alles was die Neuen an Möbeln pro-
duzieren, schimpfen hören, sie hielten nichts aus,
seien sofort kaput, während die Aünstler selbst an alten

Kunst und Handwerk. 60. Iahrg. Heft 6.

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