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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Halm, Philipp Maria:: Max Heilmaier
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0279

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Max Heilmaier.

derselben und seinem eigenen Wahrheitsbedürfnis.
Er bleibt sich stets getreu. In diesem Sinne muß
man seinen Aposteln, die er mit reichen Baldachinen
und Tragsteinen in der kurzen Frist von kaum zwei
Jahren PstOö—sst05) für die Stadtpfarrkirche in
Wasserburg a. Inn schuf, als sprechende Belege auf-
führen. So verführerisch es auch war, dein präch-
tigen Pallenbau der Spätgotik auch „stilgerechte"
Ausstattung zu geben, für Peilmaier lautete die Auf-
gabe völlig anders. Er fühlte
daß einer kräftigen, zeitgemäßen
persönlichen Aunst, einer leben-
digen und didaktisch wirksamen
christlichen Aunst nicht das Blei-
gewicht traditionellen Nach-
betens und Nachempfindens an-
hangen dürfe, sondern daß sie
ans dem Geiste der Zeit her-
ausgeboren fein müsse. Es
wird keinen: Menschen ein-
fallen, auch nur einen der
Apostel für spätgotisch zu hal-
ten. Es sind durchaus modern
gedachte Persönlichkeiten, aber
dabei erfaßt in jener scharf-
geschnittenen Charakteristik, in
der die Blüte der spätgotischen
Plastik besteht; sie sind heraus-
gehoben aus jeder Typik zu
vollkräftigen Individuen. Ge-
rade durch die Energie des
Persönlichen, durch die mann-
hafte künstlerische, lebendige
und ungebundene Ausdrucks-
wsise fügen sich diese mäch-
tigen Gestalten dem Jahrhun-
derte älteren Raum so har-
monisch ungezwungen ein.

Das Menschlich-Nahbare dieser
Zwölfboten, wie es uns in
Paulus (Abb. 526) und den
beiden als Bartholomäus und
Simon dargestellten Stiftern entgegentritt (Abb. 527
u. 528), lenkt den Blick des Unbefangenen mit Ge-
walt auf sich und läßt die Werke in ihrem Eigen-
werte zur Geltung kommen.

Dieses Anpassungsvermögen Peilmaiers nicht
etwa an die Äußerlichkeit alter Formen, sondern an
den Stimmungsgehalt der Umgebung, war sicherlich
ausschlaggebend für die Wahl seiner Person zur
Schaffung von Ersatz für etliche zugrunde gegangene
Figuren an der 5t. Iakobskirche in Rothenburg o.T.,
von denen wir nebenstehend einen hl. Iakobus

S2Y. Iakobus der ältere;
Nuschelkalk>5tatue in Rothenburg o. d. Tauber,
(*/,2 d. wirkt. Größe.)

(Abb. 52st) abbilden, vor allem aber für die bild-
nerische Ausgestaltung der von Architekt Professor
I. Schinitz der katholischen Pfarrkirche von Neu-
markt in der Oberpfalz mit außerordentlichen: Ge-
schick in das westliche Joch des Mittelschiffs einge-
fügten Orgelempore (Abb. 530—535). In diesem
letzteren Falle verzichtete ebenso wie der Architekt
auch der Bildhauer durchaus auf einen Anschluß im
Sinne von Stileinheit. Eine weise Beschränkung der
schmückenden Glieder auf sta-
tische Punkte wie Bogenanfän-
ger, Schlußstein und ans einige
Füllungen entsprechen der vor-
nehmen Schlichtheit des Baues.
Peilmaier hat seinem dekora-
tiven Schinnck den Gedanken
unterlegt: „Alles was Odem
hat, lobet den perrn."

Den Aristallifationspunkt
der Ausschmückungsidee bildet
die mächtige f,60 m hohe und
über 3 m breite Schlußstein-
komposition (Abb.53^), die uns
das von einer Allegorie der
Erde getragene Jesuskind zwi-
schen zwei musizierenden Putten
darstellt, eine höchst liebens-
würdige, dabei aber großzügige
Schöpfung von absolut plasti-
schem Einpfinden. Ganz den-
selben Ausdruck von Anmut
atmen die Aän:pferreliefs mit
den köstlichen Aindersigürchen,
die in ihren fröhlichen Spielen
Gottes Lob künden (Abb. 555),
und der rechte Schlußstein,
dessen Einhorn mit putto den
Vers: „Lobet den perrn mit
pauken und Schalmeien" ver-
körpert jAbb. 535). Man merkt
es den Arbeiten Peilmaiers
allüberall an, daß sie innerlich
miterlebt sind; sie füllen sein Denken und Fühlen
aus mit künstlerischer Andacht. Das offenbart sich
in der Dekoration der Laibung des Pauptbogens der
Einpore deutlich. Will er mit den: lustigen Völklein
von allerhand Getier zwischen den: Rebengerank uns
denn nicht auch erzählen, wie sich im Aleinen des
Schöpfers Größe widerspiegelt? Die erwähnten
Bildwerke sind in Stuck hergestellt, die Brüstung der
Empore ist mit zwei großen figürlichen Reliefs in
warmen: roten Trientiner Marmor dekoriert, die uns
die typischen Vertreter kirchlicher Musik repräsen-

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