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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Gmelin, L.: Ausstellung bemalter Wohnräume München 1910
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0328

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Ausstellung bemalter tvohnräume München

Weiß lackiertes Mobiliar
hat — zur Genugtuung der
Hygieniker — in Schlaf- und
Krankenzimmern wie über-
haupt in allen der Hygiene
gehorchenden Räumen schon
längst Bürgerrecht erworben,
zumal wenn die anr meisten
gefährdeten Füße durch Mes-
singschuhe geschützt find; so
zeigt die Ausstellung in meh-
reren Schlafzimmern und an-
deren der Erholung gewid-
meten Gemächern — Tee-
zimmer, Ronditorladen —
weißes Mobiliar.

In ihr Arsenal an Aunst-
griffen hat die Stubenmalerei
in den letzten Jahren wieder
einige ältere Verfahren aus-
genommen, vor allem die
Aleistertechnik; außerdem ver-
wendet sie als Werkzeuge:

Schwamm, Schablone, Gum-
mistift, Rollen rc. Um auch
die einfarbige Fläche zu be-
leben, wird sie „wellig ge-
modelt", „gespritzt", „gra-
niert", mit dem Pinsel „ge-
stupst", nrit dem Schwamm
„getupft". Besonders raffiniert
entfaltet diese Aunst in dem
Jagdzimmer von Jacobs und
Rainz ihre Wirksamkeit. In an-
deren Räumen spielt die Scha-
blone eine große Rolle, ein-
und mehrfarbig, zum Teil in
Verbindung mit freier Malerei.

In den eigentlichen Wohnräumen sind die
Wände meist bis Türhöhe farbig, in senkrechten
Streifen behandelt, bald in engen, gleichartigen,
rhythmisch wiederholten Strichlagen, bald in breiten,
glatten oder ornamentalen Bahnen; der Oberteil der
Wand bleibt meist weiß — selten, daß eine fries-
artige Ausschmückung beliebt wurde. Von pflanz-
lichen Motiven zur Füllung der Flächen ist wenig
Gebrauch gemacht worden; nur als begleitende Bor-
düre über den dunklen Brüstungen der Vorplätze
treten sie öfters auf.

Die Reihe der Einzelräume eröffnet ein Speise-
wagen — Entwurf und Ausführung von pans
Urbanisch. Der Raum als Ganzes ist in seinen
Wandteilen in ein ins Rotviolette gebrochenes Grau

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(Ausstellung bemalter tvohnräume): Teestube; Entwurf und Ausführung von
bfans Urbanisch; Entwurf der Möbel von ff es sein er & Schmidt.

getaucht, das sich in den schwarzweiß beränderten
Fenstervorhängen einem blassen Purpur nähert, der
bei durchfallendem Licht dem ganzen Raum eine
warme Stimmung verleiht. Die mit einer breiten
Aehle ansetzende Decke ist im wesentlichen perlgrau
nrit weißer Musterung, durch breite Doppelstreifen —
in grün, schwarz, weiß — gegliedert und in den
größeren Feldern durch dreifarbiges Blumen-
ornament belebt, dessen gelber Grund auf die mes-
singenen puthaken und Lampen vorbereitet.

In dem anschließenden Durchgangsraum von
pans Urbanisch bietet die Wand — über der nie-
deren gelbgrauen Matte — eine treffliche Probe der
Aleistertechnik; noch erfreulicher ist die Decke: zwischen
grauen Balken teppichartig wirkende Felder mit

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