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Die Kunde — 3.1935

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Nr. 7/8
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Grüß: Ein vorgeschichtliches Gefäß mit Speiseresten
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Stokar, Walter von: Spinnen und Weben bei den Germanen
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https://doi.org/10.11588/diglit.60911#0173

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Die Fundmasse ist von vielen Wurzeln durchwuchert. Das konnte
nur dadurch erfolgen, daß Tageswässer die Kohlenplatten durch-
feuchteten, infolgedessen konnten die Wurzelfäden eindringen und sich
verzweigen. Diese stammten hauptsächlich von Gramineen, aber auch
von Coniseren und Dikotylen her. Mit den Wurzeln hatten auch
animalische Organismen ihren Weg in das Innere gefunden: kleine
Erdfadenwiirmer und eine Difflugia-Art, von der in einem Präparat
ein Gehäuse aufgefunden wurde.
Das endgültige Resultat der Untersuchung ist folgendes:
Die plattenförmige Kohle ist der Rest eines mit Honig versüßten
Weizenbrotes, eines Kuchens, der unter der Einwirkung einer Feuers-
brunst gestanden hatte und in der Folge stark verkohlt wurde.
R a h n s d o r f b. Berlin. Prof. vr. G r ü ß.

Spinnen und Weben bei den Germanen.
In einem Lehrbuch für Geschichte an den Höheren Schulen, er-
schienen im Jahre 189o, steht als Einleitung zur Beschreibung der
Römerkriege in Deutschland folgender Abschnitt:
„Die alten Germanen waren ein wildes, barbarisches Iägervolk,
das von seiner Jagdbeute und seinen Raubzügen in kultivierte Länder
lebte. Wenn sie nicht in den Krieg zogen oder auf der Jagd in den
unermeßlichen Urwäldern ihres Landes waren, lagen sie zu Hause auf
den Fellen erlegter Tiere, zechten und spielten Tage und Nächte lang.
.Im Freien waren sie mit Fellen gekleidet, die sie innerhalb ihrer
Wohnhöhlen ablegten. Auch in den Kampf zogen sie nackt. Erst das
Eindringen römischer Kultur brachte sie langsam zu höherer Gesittung,
so daß sie das Erbe römischer Kulturgüter antreten konnten und
einigermaßen verwalten konnten."
Das mußten damals die deutschen Jungen lernen, sie, die gerne
mit leuchtenden Augen zu Füßen ihres Lehrers gesessen sind, wenn er
von der Hermannschlacht erzählte. Damals war es Mode, alles
Deutsche in den Schmutz zu ziehen, wenn es aber heute noch Deutsche
gibt, die eine derartige Verächtlichmachung der Vorväter anhören und
glauben, so ist es eine Kulturschande. Trotzdem kann man es jetzt
noch hören.
Um tatsächlich auf die Zeit zu stoßen, in der bei uns Menschen
noch Fellkleidung trugen, müssen wir 18 000 — achtzehntausend —
Jahre das Rad der Zeit zurückdrehen. Damals war Deutschland östlich
und nördlich der Elbe, von den Alpen bis zur Donau unter einem
ungeheueren Panzer von Eis begraben. Im freien Zwischenland, so-
weit es in den mitteldeutschen Gebirgen nicht auch vereist war, herrsch-
ten die wilden Schneestürme des heutigen Polarlandes. Einige Dutzend
Iägerhorden streiften in dem ungeheueren Gebiet. In Höhlen wohn-
ten sie, armselig war ihr Dasein. Erlegten sie mehr mit List, als mit

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