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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft IX (September 1908)
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Hahn, Robert: Dritter Internationaler Kongress zur Förderung des Zeichenunterrichts
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0102

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92

Viel zu denken gaben auch die Ausführungen von Prof. Graf-Zürich über
d i e N o t w e n d i g k e i t des exakt en Z ei ebnens an Mittelschulen, welche
ihre Zöglinge auf das Studium an Technischen Hochschulen vor-
bereiten. Auf diese erwiderte ich etwa folgendes: Herr Prof. Graf beschwert
sich, dass wohl 9O°/o der Abiturienten, die wir zum Politechnikum schicken, nicht
imstande seien, ein einfaches Kapital oder etwas Aehnliches in einfachen guten
Umrissen zu zeichnen. Und nach der von ihm hier veranstalteten Ausstellung
müssen wir ihm rechtgeben. Der Herr Redner hat auch nach den Gründen
dieser Erscheinung gesucht, und wie mir scheint, u. a. auch die Hebungen im Ge-
dächtnis- und Phantasiezeichnen mitverantwortlich gemacht. Ich glaube jedoch,
dass gerade auch der Techniker eines Raumgefühls und einer Gestaltungskraft
bedarf, wie sie er-
fahrungsgemäss das
Naturzeichnen allein
nicht hervorbringt;
ich möchte daher
diese Uebungen we-
nigstens als gelegent-
liche Episoden in
meinem Unterricht
nicht mehr missen.
Dafür möchte ich
zwei Gründe an-
führen, die der Herr
Redner nicht ge-
nannt hat. Der eine
ist die ungenügende
Ausbildung vieler
Zeichenlehrer. In
manchen Ländern
ist die Ausbildungs-
zeit noch zu kurz,
dazu mit allerlei
überflüssigen wissen-
schaftlichen Fächern
belastet. Der Zei-
chenlehrer muss
selbst exakt zeichnen
können, wenn er zu
exaktem Zeichnen
erziehen soll. Der
zweite Grund ist: Wir haben zu wenig Zeit. In zwei Stunden pro Woche
können wir das nicht erreichen , was der Redner als wünschenswert bezeichnete.
Lind an unseren Gymnasien , in Sachsen selbst an den Oberrealschulen hört das
obligatorische Freihandzeichnen in den oberen Klassen sogar ganz auf: wie sollen
die Leute da noch zeichnen können'?! Ich möchte daher die Gelegenheit benützen
zu einer Bitte an sämtliche Lehrer unserer Hochschulen, namentlich der polytech-
nischen: Wenn Sie dem Zeichnen einen so hohen Wert beilegen, so verschaffen
Sie diesem Fache bei unsern Wissenschaftlern, bei unsern Behörden mehr Achtung,
sorgen Sie für eine höhere Wertung des Zeichnens, schaffen Sie uns insbesondere
mehr Zeit — immerhin drei Stunden wöchentlich in jeder Klasse — dann wollen
wir Ihnen die Leute liefern, die Sie brauchen können!
Freitag mittag brachte nichts mehr von Bedeutung. So folgten wir Schwaben
einer Anregung von Herrn Fritschi und fuhren nach Oxford. Auch zwei Damen
schlossen sich an, eine Finländerin, träumerisch wie die tannenumsäumten Seen
ihrer Heimat, und eine Schwedin, ungeduldig und üb er schäumend wie der Troll-

Figur 6.
 
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