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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 3.1928/​1929

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Nummer 4-5
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Foerster, Herbert: Jakob Steinhardt
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https://doi.org/10.11588/diglit.65605#0130
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[JAKOB STEINHARDT

SELBSTBILDNIS (1925)

feiner Gemälde und Graphi-
ken wefentlich beftimmten.
Frühzeitig f chon beherrfchte
ihn der Trieb, bildnerifch im
natürlichften Sinne des Wor-
tes fich zu betätigen, nämlich
während feiner Berliner Gym-
nafiaftenzeit vifuelle und fee-
lifche Eindrücke nach beftem
Gewiffen aufs Papier zu ban-
nen. Eine glückliche Fort-
fetzung fand diefes Zeichnen
in den Ferien, in der ftillen
Enge feiner Vaterftadt Zer-
kow. 1906 wird es Ernft, er
erreichte es, daß er in Berlin
die Kunftgewerbefchule be-
tuchen, ein Jahr fpäter
Schüler von Corinth werden
und nach einem weiteren
Jahr Paris auf buchen konnte.
Wieder ein Jahr fpäter in
Berlin glaubt er den richti-
gen Weg gefunden zu haben:
fein Schaffen mündet in eine
pathosgefättigte Auffaflung,
in der ein religiöfes Moment
den Grundton angibt.
Eine Vertiefung und eine
Verinnerlichung erfährt die-
fes Wollen, als er als Soldat
in Litauen Bekanntfchaft mit
der transzendentalen und in-
brünftigen Wefensart des
dort in einer feltfamen All-

JAKOB STEINHARDT
[VON
HERBERT FOERSTER
Der aus der ehemaligen Provinz Pofen flam-
mende Maler Jakob Steinhardt gehört zu
jenen immer lebendigen Künftlern, die als Erben
die vielerlei Anregungen durch Lovis Corinth
mit perfönlicher Eigenart weitergebildet und ver-
vollkommnet haben. Die Kurve feiner weltan-
fchaulichen und künftlerifchen Entwicklung, die
er felbft im „Graphifchen Jahr“ des Verlags Fritz
Gurlitt fehr lebendig befchrieben hat, verlief nicht
außergewöhnlich, jedoch unter befonderen Ein-
drücken, die den thematifchen Inhalt der meiften

tagsfphäre lebenden jüdifchen
Volkes macht. Der Haupt-
beftandteil feines Werkes wurde feitdem aus ver-
wandten Grundftimmungen geboren und hat
das Stigma eines apokalyptifchen Getümmels un-
gewöhnlicher Phantafiekräfte. In jiingfter Zeit
ift dazu noch eine malerifch frifche Erfaffung
Berliner Stadtfichten und etlicher damit im Zu-
fammenhang flehender Stadteigentümlichkeiten
gekommen. Vorbildlich ift hier, daß nicht mit
dem Brimborium von luminöfen und technifchen
Effekten, auch nicht im allzu kleinlichen Sinne
einer Vedute gearbeitet ift, fondern in großzügi-
ger Diftanz zur Sache, malerifch ungehemmt,
ohne das Thema zu verwifchen, und in einer
immer neu überrafchenden Blickweife.

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