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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 3.1928/​1929

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Nummer 4-5
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Felixmueller, Conrad: Auch ein Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.65605#0142
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CONRAD FELIXMUELLER

SEIFENBLASEN (1927, OEL)

CONRAD FELIXMUELLER SPIELENDES KIND (1927-1928, OEL)

AUCH EIN DENKMAL
VON
CONRAD FELIXMUELLER

Schon lehr viel ift über Künftler und ihre Werke ge-
fchrieben worden und faft jeder Künftler hat feinen recht-
oder vorzeitigen Biographen. Zahlreiche Kunftzeitfchriften
bringen Auffätze über ihre Künftlerlieblinge. Das ift auch
alles fehr fchön. Ehe jedoch für einen Künftler die Situation
fo wird — koftet es mühfelige Kämpfe. Schwere Zeiten,
Not, Erfolglofigkeit gefährden das Werk.
Noch ehe die Oeffentlichkeit Notiz von einem Künftler
nimmt, flehen wie Schutzengel gegen Not und Drepreffion
die Freunde neben ihm. Die heftigen Schaffensräufche über-
ftürzen auch fie und oft genug teilen fie ihre meift knappen
Mittel, um dem Schaffenden den Magen zu ftopfen oder
die Materialien zu bezahlen.
Doch wer weiß, das, wenn das Werk gelungen, endlich
in die Oeffentlichkeit dringt und fich das Volk der Zah-
lungskräftigen mit Geld, Aufträgen und Ehren drängelt?
Nur wer es felbft erlebt, weiß, was es heißt, einen
Freund neben der Staffelei zu haben. Kenntnis der Kunft,
ihrer Technik und ihrer inneren Gefetze ift bei ihnen mit
leidenfchaftlicher, faft fchwärmerifcher Liebe verbunden.
Kein Tag ohne Kunft; das Lebenswerte und über dem Dreck
des Tages flehende ift fie. Keine technifche Marotte flört
ihre Hingebung und Verfunkenheit. Was wäre Rembrandt
ohne feinen Bürgermeifter Six, Marees ohne Konrad Fiedler,
van Gogh ohne feinen Bruder Theo, — was wären wir
Künftler alle ohne untere Freunde im Anfang und in
der Not?

Als Kind malte ich meift unferen Hof und die Hinter-
häufer mit den kärglichen Farbfchönheiten putzbröcklicher
Ziegelmauern, dazu die Jungens unferer Spielkameradfchaf-
ten. Einige Künftler fahen diefe Arbeiten und rafch war
ich auf den Weg gebracht, den ich heute noch mühfelig
beladen tipple. Ein Kaufmann, Konful Mühlberg, erkannte
meine Armut und ein monatlicher Wechfel machte ihn zu
meinem erften Mäzen. Bald ging das Glück zu Ende —
meinen jugendlichen künftlerifchen Experimenten vermochte
mein Gönner nicht zu folgen. Jedoch nicht zu lange
kärgelte ich dahin; nach einigen Jahren einfamen Atelier-
zaubers wagte eine tapfere Schöne mit mir den Lebenskampf
und in von der Heydts fowie in Bernhard Hoetgers Kunft-
begeifterung fanden wir in wörtlichfter Bedeutung unfere
Nahrung. Denn an einem fchon elend kalten Herbfttag 1917
erfchienen in meiner Bude die vorgenannten Kunftfreunde,
ließen fich Bilder und Blätter zeigen und kauften anfehn-
liche Mengen. Heinrich Kirchhoff in Wiesbaden machte es
fpäter ebenfo. Das waren Mäzen, wie fie in Romanen vor-
zukommen pflegen — Kunftfreunde aus vollem Verftändnis
und mit gut gefüllter Börse.
Doch im Laufe der Jahre verbraucht ein Maler durch
feine Arbeit mehr Einkommen, als es für drei mäßig an-
fpruchsvolle Familien genügt. Oft fehlt das Nötigfte für
Brot, Schuhe oder Kohlen. Hier beginnen die hingebungs-
vollen Kunftfreunde mit ihren meift kleinen Börfen die
empfindlichen Lücken zu ftopfen. Die feltenen großen

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