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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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Bach und einer Wassermühle im Vordergrund, bei aus-
gehendem Monde, setzt den Beschauer einigermaßen in
Verlegenheit, sich die Beleuchtung zu erklären, da man
nicht recht begreift, wie die Mondscheibe bei so niedriger
Stellung über dem Horizont ein so helles Licht verbreiten
kann, und der abnehmende Mond im Herbst — der durch
das dünne, gelb gefärbte Laub angedeutet ist, jedenfalls
zu spät aufgeht, um noch Spuren des Abendlichtes an-
zutreffen. — Da ist auch ein Knaus, Kinder im Felde,
lebendig und ansprechend, nur die Perspektive stört etwas,
indem der Hügel, welcher den Hintergrund bildet, nicht
hinreichend zurücktritt, oder wenn wir denselben als ganz
nahe annehmen, der Mann mit der Sense auf dem Gipfel
nicht so klein erscheinen könnte. — Ein anmuthiges le-
bendiges Bild von Otto Reth el zeigt einen Schullehrer,
vonKindern umgeben, dem ein Mädchen in ihrem Bruder
einen neuen Zögling vorstellt. Der Lehrer ist der Typus
des sprichwörtlichen halbverhungerten Dorfschulmeisters,
nicht des strengen tyrannischen Meisters vom Lineal,
sondern des gutmüthigen, wohlwollenden, dessen uner-
schöpfliche Geduld kein jahrelanges Elend zerstören konnte,
und in dem noch genug des hmnoristischen Funkens übrig
geblieben ist, um selbst die muthwilligen Streiche der
Jugend mit Nachsicht aufzunehmen. — Ein Araber mit
seinem Pferd am Brunnen von Ad. Schreyer ist ein gutes
Bild, lebendig in Farbe und Ausdruck. — Eine ländliche
Scene von Boughton, einemamerikanischenMaler, der
von der Kritik seit einiger Zeit sehr herausgestrichen
wird, zeigt Ausdruck in den Gesichtern, doch sind die Ge-
stalten störend steif in der Haltung, wie auf allen Bildern
des Künstlers, die mir bis jetzt vorgekommen; man weiß
nicht, ob unabsichtlich oder mit Wissen und Willen, nach
dem Vorbild der alterthümelnden Maler unserer Zeit.
Diese Richtung findet ihren vollen Ausdruck in„Kirchen-
gängern"von Alma Tadema, aus der Schule von Leys,
mit schwarzen Umrissen, überaus fleißiger Ausführung,
doch mehr Technik als Gehalt, und noch schlimmer in
einerweiblichen Gestalt von Lesrel, einerganzuninteres-
santen Person in grell rosa und hellgrüner Seide, an der
eben nichts bemerkenswerth ist als ihre steife, unzeit-
gemäße Erscheinung. Von Neustädter, de Aonghe,
Duverger undAufray sindartigeGenrebilderausdem
häuslichen Leben, trinkende Ritter von Comte, und dann
die unvermeidlichen — zum Theil brillaut gemalten —
Damen in eleganter Kleidung und den gleichgültigsteu un-
interessantesten Situationen, bei denen man fich auch nicht
das Mindeste denken kann. Obenan in dieser Richtung
steht ein Bild von Toulmouche, eine junge Dame vor
einem Bücherschrank, in eiu Buch vertieft, das fle her-
untergenommen hat, in dem wir über ihre Schulter die
Worte Ooäe äu irmriLAS entzifsern. Die Gestalt, von
der man größtentheils den Rücken und etwas vom Profil
sieht, ist mit gläuzender Technik gemalt, und besonders

der schwarze Sammtüberwurf zeigt eine Voüendung in
der Ausführung, die ihn zum Mittelpunkt des Bildes
macht und den Argwohn erregt, daß die Dame eigentlich
nur seinetwegen da sei. Dieselbe Richtung zeigt ein Bild
von Chavet, einelesendeDame, miteinerLöwenhaiitals
Teppich, und einem so kolossalen ausgestopften Kopf daran,
daß man ihn eher irgend einem urweltlichen Vieh als
einem zeitgenössischen Löwen zuschreiben möchte; ferner
Damen von Boutibonne, denen mannichtansieht, was
sie eigentlich auf der Welt wollen, es sei denn durch die
abscheuliche Farbenzusammenstellung ihrer Kleider —
rosa und lila, hellblau, dunkelblau und grün auf rother
Wand und rothem Teppich — unser Auge beleidigen,
und endlich eine anspruchsvolle, steife, hölzerne Person,
von Alf. Stevens verübt, ü lu vampsAno, wie die Un-
terschrift sagt, das heißt unter allerlei Kraut mit bunten
Klecksen, die Blnmen vorstellen sollen, und mit einem
großen Regensckirm. Eine Landschaft von Calame
mit Stasfage von Berboeckhoven ist reich an Waldes-
zauber, Waldeslicht und Dunkel; nur eine Baumgruppe
im Hintergrund ist etwas zu flüchtig und konventionell
behandelt. — Eine große Landschaft von Heade stellt die
Gebirge von Jamaica im Regen dar. Die vielen grünen
Berggipfel, welche ohneAbwechselung neben- und hinterein-
ander gestellt sind, machen den Eindruck der Eiuförmig-
keit, welche durch den Mangel aller Beleuchtung auf dem
großen Raum, deu das Bild bedeckt, uock erhöht wird.
Es ist Wirklichkeit von ihrer unmalerischen Seite.

(Schluß folgt).

Urkrologe.

Andreas Eigner. Am 18. November 1870 starb zu
Augsburg der Konservator der königl. Gemäldegalerie,
Andreas Eigner, als Gemälderestaurateur berühmt. Er
war 1801 zu Diedldorf in der Oberpfalz geboren. Sein
Vater, Eiseuwerk- und Gutsbesitzer, bestimmte ihn zum
Studium der Medizin. Er begann dasselbe in Regens-
burg, setzte es in Amberg fort und wollte es in Landshut
beendigen, als der Präsident Freiherr von Aretin und
später auch der Galeriedirektor Dillis auf sein künstlerisches
Talent aufmerksam wurden und ihn bestimmten, Maler
zu werden. Allmälig nahmen seine Studien auf diesem
Gebiete eine ganz bestimmte Richtung, er bildete sich zum
Gemälderestaurator aus. Er wurde als solcher für die
kön. bayerischen Sammlungen beschäftigt, deren Gemälde-
reichthum eine Kraft, wie die seinige, willkommen heißen
mußte, und ward im Jahre 1830 zum Konservator der
Augsburger Galerie ernannt. Die Einrichtung der
Sammlung, welche in den Räumen des ehemaligen Ka-
tharinenklosters aufgestellt ward, ist wesentlich sein Ver-
disnst. Vorzugswsise lag ihm das Ordnen der Bilder
altschwäbischer Schule am Herzen, für deren Vermehrung
aus verschiedenen Depots unb Stiftungen er eifrig be-
sorgt war, nachdem früher nur ein Theil derselben eine
ziemlich ungenügeude Aufstellung im Rathhause gefunden
hatte. So befanden sich die meisten vieser Bilder an dem
Orte, an welchem ste entftanden waren, man hatte die
gesammte lokale Kunstentwicklung vor sich; nicht nur über
 
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