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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0072

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lene Hände, ausnahmsweise einrnal eine Platte vor- und
den Stichel zur Hand zu nehmen, so stand gewiß sein
Factotum alsbald hinter ihm und schaute ihm aufmerksam
über die Schulter. Das gefiel dem Alten und er fragte
wohl im Scherz, ob er auch Lust zum Kupferstechen habe.
Als der Knabe mit einem lebhaften „Ja" antwortete, er-
hielt er Papier und Stift und Vorlagen von Augen und
Nasen, mit der Weisung, sie nachznzeichnen. Die Dinge
geriethen so wohl, daß sich der alte Herr zu verwundern
schien und iu ungewohnter Freundlickkeit erklarte, der
Junge dürfe von nun ab fleißig zevchneu. Doch ward
nichts daraus, da die Leiden des Alten am nächsten
Morgen wiederkehrten. Beim besten Willen war nichts
recht zu machen, weder dem Professor, noch seinen Söh-
nen, noch seiner Schwester: Alle betrachteten ihn wie
ihren Hund und behandelten ihn demgemäß. Endlich war
es nicht mehr zu ertragen und Julius verließ das Haus
und schlich sich heim zur Mutter. Jhr vertraute er zu
ihrer nicht geringen Ueberraschung sein Vorhaben, Kupfer-
stecker zu werden. Er wollte „was Ordentliches" lernen,
und um das zu erreichen, mußte er in eine Zeichen-
schule. Das hatte freilicli große Schwierigkeiten, aber
Mutterliebe überwindet Alles und ihr gelang es auch,
des Schnes Aufnahme iu die Zeicheuschule der kö-
niglicken Akademie durchzusetzen. Das war am5. Oktober
des Jahres 1818. Aber vom Zeichnen konnte er nicht
leben. So putzte er denn nach wie vor Stiefel und
Kleider und kopirte in den freien Mittags- und Abend-
stunden Mannskripte. Später kolorirte er ganze Nächte
hindurch Bilderbogen, um der Mntter unter die Arme zu
greifen.

Nach vieler Mühe kam er 1825 nach Leipzig uno
fand dort so ergiebige llnterstützung, daß es ihm möglich
wurde, im nächsten Jahre 1826 nach Nürnberg zu Neindl
zu gehen. Der aber hatte kanm seine Art und Weise ge-
sehen, als er ihn auch schon barsch zurückwies und ihm
den Rath gab, lieber Schuster als Kupferstecherzu werden.
Gleickwohl ließ sich Thaeter dadurch nicht abschrecken.
Er blieb auf dem einmal betretenen Wege und sein rast-
loses Streben ward schon in Bälde durch die Anerken-
nung Einsichtsvoller und Unbefangener belohnt. Das
Jahr 1828 führte ihn nack Berlin, wo er sich indeß nicht
heimisch fühlte. So machte er sich denn schon im näch-
sten Jahre auf den Weg nach München, wo Samuel
Amsler den Stichel führte. Hier trat er in lebhaften
Verkehr mit Cornelius, Schnorr, Kaulbach, Schwind u. A.
und sicherte sich eine Stellung, welche es ihm erlaubte,
einen eigenen Hcerd zu gründen, indem er sich am
30. August 1832 mit Mathilde Kummer verehelichte.
Zwei Jahre später siedelte er definitiv nach München
über und erneuerte die früher angeknüpften Beziehungen.

Jm Jahre 1842 erhielt Thaeter einen Ruf an die
Kunstschule in Weimar uud 1844 einen solchen an die
Dresdener Akademie. Als im Jahre 1849 Amsler in
München mit Tod abging, ward er an dessen Stelle als
Professor der Kupferstecherkunst an die Akademie berufen,
wo er im stillen Kreise seiner Schüler eine glänzende
Wirksamkeit entfaltete. Jm nächsten Jahre ernannte
ihn die Dresdener Akademie zum Ehrenmitgliede nnd
König Maximilian II. zeichnete den beispiellos bescheide- !
nen Mann durch die Verleihung des Michaelordeus erster
Klasse aus, 1860.

Als nach des Freiherrn v. Aretin Heimgang Herr

v. Hefner-Altcneck znm Direktor des bayerischen Na
tionalmuseums ernannt wurde, trat Thaeter in die da-
durch freigewordene Stelle eines Conservators am kö
niglichen Knpferstich- und Handzeichnungskabinet.

Thaeter war äußerst produktiv. Alle seine Werke
aufzuzählen, würde hier zu weik führen; doch mögeu we
nigstens diejenigen augeführt werden, die ihni bleibsnd
eine Stelle erstcn Ranges für alle Zeiten sichern. Es sind
dies der Spaziergang uach Cornelius (1825), die Um-
risse zu Faust nach Schwind (1830), Barbarossa nack
Mücke (1835), die Hunnenschlacht nach Kaulbach (1835—
1837), Kriemhilt an Siegfried's Leiche nach Schuorr
(1837), die Parzen nach Carstens (1840), Charon's
Ueberfahrt nach ebendemselben (1841), Barbarossa in
Mailand und Venedig nach Schnorr (1842—1844),
Nudolph von Habsburg und die Landfriedensbrecher
nach Schnorr (1844), Ritter Kurt's Brautfahrt nach
Schwind (1846). Hieran reihen sich die Stiche nach
Cornclius' Eutwürfen zum Berliner Camposanto, na-
mentlich die apokalhptischen Neiter (1849), der Thurm-
ban zu Babel nach Kaulbach (1852), die Blätter zu
Hermann's Geschichtswerk, die Werke der Barmherzigkeit
nach Schwind (1855), sowie dessen Aschenbrödel (1858).
Ferner der güldene Abt (1854), die Psalmen (1859)
und die Bolksbibel (1863), sämmtlich nach dem ihm
dnrch innige Freundschaft verbundenen Gustav König
(Lntherkönig). Auch sehr schätzbare Bildnisse stach Thaeter
und zwar gleich nach dem Leben auf die Knpferplatte.

Seine Stiche zeichnen sich durch Treue der Auffas-
sung, liebevolles Eingchen in den Geist des Vorbildes,
Richtigkeit und Feinheit der Zeicknnng und meisterhafte
Führung des Stichels ans; sis wollen gleich denen Dürer's
und Marc Anton's nicht dnrch den Farbenausdrnck oder
glänzende Technik blenden, sondern durch die Einfachheit
im Vortrage des Gedankens, in strenger Zeichnuug und
Haltuug. Von der modernen Behandlungsweise des
Stiches hat Thaeter unr wenig augenommen. — Thaeter
war für seine Kunst hochbegeistcrt nnd vertheidigte sie
wohl anch, wenn nöthig, mit der Feder. — Sein reicher
künstlerischer Nachlaß befindet sich in der Hand seines
z. Z. in Lindau lebenden Sohnes.

Kunstlitrratur und Knnsthandrl.

R. Weigel's Kunstauktion. Am 20. Februar kommen
mehrere binterlassene Sammlungen zur Versteigerung, von
denen diejenige des Majors von Haberland in Braun-
schweig die Ledentendste ist. Dieselbe enthält u. A. ein ziem-
lich vollständiges Werk Callot's, darunter große Seltenheiten.
Der Katalog verzeichnet auch eine Reihe von Handzeichnungen
und Aquarellen moderner Maler aus dem Nachlasse eines
Dresdener Künstlers.

Berliner Kunstanktion. Die Sachse'sche Hoskunsthand-
lung kündigt drei Verstcigernngen an drei hintereinander
folgenden Tagen, den 22—24 Febrnar, an. Es sind Hand-
zeichnungen und Aquarellen verschiedener alter und moderner
Meister, darunter eine Anzahl Menzel'scher Blätter und
Federzeichnungen von Herm. Kaufmann, welche unter den
Hammer komincn, ferner die Privatkupferstichsammlung des
ehcmaligen Besitzers und Begrllnders der Sachse'schen Kunst-
handlung.

Konkunr,,;.

Die königliche Kunstakadcmie in Berlin hat im Staats-
anzeiger folgende Bekanntmachung erlassen:

Die diesjährige Preisbcwerbnng Königlicher Stiftung
bei der Königlichen Akademie der Künste ist sür Architektur
bestimmt. Um zu derselben zugelassen zu werden, hat der
Aspirant vorzulegen:
 
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