Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0098

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
95

vder Verwerfliches zu suchen, ohne sich in den krassesten
Widerspruch mit sich felber zu bringen. Wer so weit geht,
der müßte konsequenterweise alle Gemälde-Galerien und
vollends die Antiken-Kabinette sammt und sonders schließen.
Bei der Darstellung des Nacklen ist's überall die Taktlosigkeit
und der schlechte, wohl gar schamlose und frivole Ton, der
verletzend werden kann, keineswegs aber die Nudität als solche,
sonst müßte ja in der That auch selbst die Christusgestalt des
Herrn Berlat, welche in Ew. Excellenz Erlaß besonders her-
vorgehoben, eine sittliche Berstimmung erzengen, um so mehr,
als dieselbe, wie schön auch gemalt, keineswegs von einer
dealen Auffassung Zeugniß giebt.

Wenn Ew. Excellenz aber besonders betonen, daß es das
religiöse Gefühl verletze, sobald in nächster Nähe von Christus-
Bildern größere Darstellungen einer nackten antiken Venus
und eincr Nymphe zusammen in demselben Saale erscheinen;
wenn Ew. Excellenz derartige Zufälligkeit mil einer Rigorosität,
von welcher die Akademie bisher knnerlei Beispiel gekannt
hat, für die Zukunft streng vermieden wissen wollen, so
streng, daß Hochdieselben künstig Revision und Superreviston
in Aussicht zu nehmen für erforderlich halten — so darf die
Akademie Ew. Excellenz nicht verschweigen, daß sie sich auf
das schmerzlichste getroffen nnd um so mehr in ziemliche Ver-
legenheit versetzt finbel, als sie aus Ew. Excellenz Worten und
Ansichten mit dem besten Willen keinerlei bessere Belehrung
zu schöpfen und zu gewinnen im Stande isl; daß sie ferner
es bezweifeln muß, ob gediegene Männer in der Mitglied-
schaft unter solchen Umständen und in solcher Perspektive sich
werden bestimmen lassen, das Geschäft des Arrangements der
Gemälde zu übernehmen.

Wer es jemals versucht hat, nur eine einzige Wand mit
Bildern anständig und mit Geschmack zu behängen; wer
vollends die Schwierigkeit hat kennen lernen, mehrere Sale
von sehr ungleicher, theilweise schlechtester Beleuchtung mit
Gemälden von verschiedenster Dimension, verschiedenstem Total-
Effekt rc. in einigermaßen guter Ordnnng und Symmetrie auf-
zustellen, der wird seine Arme verzweifelnd herunterfallen laffen,
wenn man ihm obenein auch noch die Zumuthung stellt, Er-
kundigungen einzuholen über persönlich beobachtete Beziehungen
der Bilder zu einander.

Die Herren Künstler, welche ausgestellt hatten und auch
künftig die akademische Ausstellung mit ihren Werken zu
schmücken in Anssicht nehmen, ste treten klagend und fragend
heran und sprechen sich unumwünden dahin aus, daß unter
so bevormundenden drückenden Berhältnissen sie es vorziehen
dürften, auf die Ehre, in den Sälen der Königlichen Akademie
künftig auszustellen, lieber ganz und gar zu verzichten.

Die Akademie hat zu allen Zeiten ein stolze's Bewußtsein
an dem Schutz gehabt, den die Krone ihr durch den Herrn
Untcrrichtsminister als Kurator hat angedeihen lassen, sie hat
in der schönsten Harmonie, die bisher ungestört stattgefunden,
gern einen Grund des augenscheinlichen Fortschrittes der
Entwickelnng unserer Kunstzustände anerkenneu wollen; um so
empsindlicher fühlt sie sich getroffen durch die beklagenswerthe
Mißstimmung, die wie ein Blitzstrahl nnerwartet und nnver-
schuldet seitens Ew. Excellenz über sie hereingebrochen ist.

Eine Beruhigung könnte die Königliche Akademie nur
darin finden, wenn Ew. Excellenz die in Aussicht gestellte
Vereinbarung mit der Königlichen Akademie über Prinzipien,
die unvereinbar sind, hochgeneigtest fallen laffen, und in rein
künstlerischen Angelegenheiten Ler Autorität der Akademie,
welche dieselbe glaubt mit Recht beanspruchen zu können, Jhre
Anerkennung nicht versagen möchten, wodurch zugleich das
letzte Wort in dieser Angelegenheit gesprochen sein würde.

Jn dieser Hoffnung zeichnet mit der schuldigen Ehrerbietung
Ew. Excellenz

Die Mitgliedschaft der Königlichen Akademie der Künste.

» ,. » Aus Tirol. Joseph Mader, der Meister von
Bruneck und Sleinach, erhält nun Gelegenheit, die neu er-
baute Altarkirche auf dem Hirschanger bei Jnsbruck mit einem
großartigen Freskencyklus auszustatten. Nach der Abstcht der
Erbauer soll die Kirche durch ihren Schmuck eine der schönsten
Les Landes werden. Sie bietet ihrer Anlage nach weite Wand-
flächen, weil man sich diesesmal zum romanischen Style ent-
schloß; alle Bilder sollen zur Transsubstantiation in Verhältniß
gebracht werden. Zu bemalen sind die Vorhallen und die
erste Kuppel mit auf das Sakrament bezüglichen Bildern aus
dem alten Testament: Melchisedech's Opfer, der Mannaregen
u. s. w. Der folgende Gurtbogen ist als Uebergang vom alten

ins nene Testameut der Muttergotles geweiht; unter auderen
sind in Medaillons Sinnbilder aus der lauretanischen Lüanei
anzubringen. Jn der zweiten Kuppel sind Gemälde aus dem
neuen Testament mit Scenen wie die Hochzeit zu Cana, die
wunderbare Brotvermehrung, welche sich auf das Abendmahl
deuten laffen, anszuführen. Das Presbyterium gehört der
Einsetzung des Altarsakramentes und dem Opfertode Christi;
am Gurtbogen sind die neun Chöre der Engel anbetend dar-
zustellen. Das Langschiff gibt in Nischen Raum für einen
Kranz von Heiligen, welche die Geschichte der Anbetung des
Altarsakramentes durch achtzehn Jahrhunderte^repräsemiren;
dabei hat der Künstler auch auf altchristliche Siunbilder auS
den Katakomben Rücksicht zn nehmen. Wie nian aus diesen
höchst allgemeinen Umrissen sieht, ist die Aufgabe eine gewal-
tige, aber auch die Gefahr nahe, einen dogmatischen Eiertanz
aufzuführen. Der ganze Cyklns soll in vier Jahren fertig
sein; eigenhändig kann das Mader wohl kaum ieisten, er
wird daher einen Theil der Arbeit an Gehilfen übertragen.

Um ein vorgekommenes Mißverständniß zu beseitigen, be-
merken wir noch einmal, daß Formator Steiner zn Jnsbruck
von den Basreliefs, welche Collin zum vorauS für sein
eigenes Grab verfertigte, das jetzt den neuen Friedhof schmücki,
Gypsabgüsse machte und auf Bestellung liefert, nicht jedoch
von Grabmal des Kaisers Maximilian. Es wäre allerdings
von größtem Jnteresse sür das Kunststudium, wenn die Bas-
reliefs in der Hofkirche durch Abgüsse zugänglicher würden,
Steiner konnte jedoch trotz seiner Bemühungen bis jetzt nicht
die Erlaubniß erhalten, sie abzuformen.

Bei Ausgrabiingcn in Golgos auf dcr Jnsel Chperii
hat der amerikanische Consul General Cesnola die Ruincu
eines sehr bedeutenden Tempels und eine Maffe Skul-pturen
endeckt. Diese Sknlpturen sollen ihres Styls wegen, der
eine Verschmelzung griechischer, asiatischer und ägyptischer
Typen ausweist, von großem archäologischem Werth sein.
General Cesnola hat dieselben der Eremitage in St. Peters-
burg zum Kauf angeboteu, der Kauf ist indeß nicht zu >stande
gekommen.

Zcitschriftm.

Christliches Knnstblatt. Nr. 2.

Die künstlerischen Darftellungen deS h. Abendmahls. — Ferd. Stadler,
Nekrolog (Mit Holzschn.).

l'Iiot»yrnp>1. ülittliaiIun^KII. blr. 83.

Veutsvllö Ilnli/tzituilss bir. 7 u. 8.^
llouiiiul <Iö8 Löuux-itrts. dlr. 2 u. 3.

I'Iir; .tendoiiiz' 17r. ^18.

Briefkasten.

Auf Anfrage Nr. 1 in Nr. 10 der Chronik diene zur Auskunft, daß
ein Stahlsticy nach emem Gemälde von O. Gennerich von A. Schult-
heiß qu. fol., Götz von Berlichingen vor dem Rathe zu Heilbronn dar-
stellend, bei A. H. Payne in Leipzig erschienen ist. — Alex. Bruckmann
und Joh. G. Buchner in Stnttgart sollen nach einer uns zugesandten
Notiz ebenfalls den Gegenstand in Gemälden behandelt haben.

Antwortauf Aufrage Nr. 2. Die bekannteste Darstellung der Calnmnia
(nach Apelles) ist von Naffael (Handzeichnung ehem. im Kabinet Crozat),
gestochen von N. Cochin und Alph. Leroy; radirt von V. Denon und
Novelli, mit Clairobscur von N. Lesueur. — Ein Buchtitel (Holzschnitt)
von Ambrosius Holbein behandelt denselben Gegenstand. Vergl.
Woltmann, Holbein und seine Zeit II. S. 16 ff. u. S. 433. — Eine
Komposition von Luca Penni ist gestochen von Giorgio Mantovano
(Ghisi). Vergl. Bartsch, XV pKA. 411 Nr. 64. — Eine fast ganz gleiche
Darstellung wie die Verlänmdung des Apelles, welcbe Lucian beschreibt,
zeigt ein Stich des Girolamo Mocetto (?), wahricheinlich nach einer
Zelchnung des Mantegna, den Bartsch nur als anonym bezeichnet hat.
Die Allegorie geht hier auf dem Platze S. Giovannt e Paolo zu Venedig
vor sich. Da sich daranf die Neiterstatue des Bart. Colleoni besindet,
welche erst den 21. März 1406 enthnllt wurde. ist der Stich — wenn auch
nicht die Komposition. da das Lokal durch den Stecher hinzugefügt sein kann.
— jedenfalls nacb 1496 zu setzen. S. auch Nagler IX. v. 321.

Herrn P. T. P. in Stuttgart. Besten Dank für Shre Mittheilung.
Die „Kunstchronik" wird nur ganzjährcg, d. i. von Mitte Oktober v. I.
an abgegeben und ist durch die Post zu beziehen.
 
Annotationen