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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Basedow, Hans von: Eine gotische Kirche in Krain
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0218

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Nr. 27.

2H. Zahrgaiig.

888/89,

Aunstchronik

»

U- April.

IDochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Aunstgewerbevereine.

l)erausgeber:

Larl v. Lützow und Arthnr j)abst

wien MIn

Theresianumglisse 25. Raiser.wilsielmsring 22a.

Lxpedition:

Leipzig: L. A. Seemann, Gartcnstr. Z5. Berlin: w. ks. Aühl, Iägerstr. 73.

Madonna mit der Nelke, von Th. Lrimmel. — Lin Münzfund in Florenz. — Goldschmiedeausstellung in lvien; Lin neues Museum in
Rom; Aufstellung der Grabdenkmäler und gnschriften in Walkenried; Toutelle's ^ammlung von Theaterrüstungen und Aostünistücken in
Düsteldorf; Die Altertümersammlung in Stuttgart. — Nationaldenkmal auf dem L)ohenstaufen; Aaiser-Wilhelms-Denkmal in L)amburg.

<Line gotische Airche in Arain.

von lsans von Basedow.

Dort, wo die Savizo ons deni Wocheiner See
vustritt, erhebt sich ein nltersgrones Kirchlein, St. Jo-
hann gewidmet. Wenn die Wolken nber den See
hinziehen nnd die Wogen dnmpf aufbrüllen, wenn
^er Triglav sein schneebedecktes, möchtiges Dreihoupt
unr halb verstohlen sehen lößt, donn bildet die Notnr
dort, wo sich dos Kirchlein erhebt, ein Stück Poesie,
ü>ie mon sie vollendeter koum finden konn. — Leider
betrachten die vielen Fremden die Kirche ouch nnr
als Stassage, ohne in ihr Jnneres zu treten;
ahnen sie doch nicht, doß dos Kircheninnere rciche nnd
!chöne Kunstschätze bietet!

Die St. Johannis-Kirche ist eines der schönsten
Denkmäler gotischer Boukunst des 14. Jahrhunderts
so unscheinbar, klein nnd eng sie ouch aussehen
u>ag. Sie ist uns nnverfälscht erhalten, ohne jene
Renovirung, Modernisirung, Verbessernng, d. h. Ver-
böserung des Stils, die ja jetzt so beliebt und geübt
Kt, und unter der so viel hervorragende Bauten, wie
teilweise die Wartburg, die romanische Kirche zu
^ernrode a. Harz, die Liebfrauenkirche in Arnstadt
u Th., viele bayerische und österreichische Kirchen zu
teiden hatten. Allerdings hat auch die Johannis-
Kirche gelitten und zwar unter jenem unbegreiflichen
^esetze Kaiser Josephs II., welches unbedingtes Über-
tünchen aller mittelalterlichen Kirchengemälde befahl.
Dies Gesetz, hervorgegangen aus völligem Mißverstehen
und Verkennen mittelalterlicher Kunst, hat viel Schaden
berursacht und der Kunstsorschung wichtige Handhaben

geraubt. Hervorragende Kunstschötze, von denen alte
Chroniken singen und sagcn, sind so völlig verloren
gegangen oder dnrch Mörtelbewnrf zerstört, ja
sogar byzantinische Mosaikgemölde sind anf diese
sinnlose Art vertilgt worden (z. B. in der Kaserne
zu Trient). Die offenherzige, realistische Darstellung
der Gottheit, Vatcr nnd Sohn, sowie der Heiligen,
die Naivitöt in der Auffassung, die'doch gerade
das naive Volk packt nnd fesselt, war es, die den
Kaiser bewog, oben erwühntes Gesetz zu erlassen,
da cr meinte, daß durch allzn naturalistische Dar-
stellnng die Gottheit in den Augen der Beschauer zu
sehr Mensch wiirde nnd daß sie die Ansinerksamkeit
vom Gottesdienst ablenke. Als ob das ein modernes
Bild, das ja zumeist an Stelle des alten angebracht
wnrde, nicht auch thüte! Gerade die einfache, leicht
faßliche, menschliche Darstellung ist es, die dem Volke
die mystischen, übersinnlichen, d. h. unglaublichen
Vorgänge klar, faßlich und glaublich macht.

Unter jenem gesetzlich befohlenen Vandalismns
hat, wie gesagt, auch die Johannis-Kirche teilweise
zu leiden gehabt, der Zahn der Zeit jedoch hat den
Mörtelbewurf zernagt und die alten, hochinteressanten
Fresken znm Teil wieder an das Licht gesördert.

Das Gebäude stammt aus dem Anfange des 14.
Jahrhunderts — 1320, wie eine halbverwischte Jn-
schrift besagt — auf welche Zeit auch, neben der Jn-
schrift, die Trachten auf den Fresken deuten. An der
Außenwand befindet sich in der naiven, etwas steif-
! leinenen, banausischen, aber doch urkrüftigcn Auffassnng
! der damaligen Zeit ein Christoph in vierfacher Lebens-
I größe, der leider durch die schädlichen Einflüsse der
 
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