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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Zur Geschichte des Barock und Rokoko
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0252

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485

Zur Geschichte des Barock und Rokoko.

486

- Zur Geschichtc des Barock und Rokoko.

Unter diesem Titel finden wir im Berliner
„Wvchcnblntt fnr Bnnknnde" (1889, Nr. 18) einen
Anfsatz vcm P. Walls, welchcr nbcr die Entstehnng
des dvrtigen Zeughauses beachtenswcrte Daten ent-
halt. Der Anfsatz lautet:

„Vor ciniger Zeit brachte das „Wochenblatt für
Bankunde" Nachrichten über Jean de Bvdt, die der
Ubersetzung eines Briefes ans dem Jahre 1781 (in
der „Französ. Eolonie") entnommen waren. Vor kur-
zem nun gelang es, in das wichtige Schriftstück, wel-
ches von einem nahen Berwandten de Bodts herrührt
und das in dem Archiv des französischen Konsistoriums
aufbewahrt wird, selbst Einsicht zu gewinnen. Da-
nach ist zunächst festzustellen, daß als das Geburtsjahr
de Bodts auch dort das Jahr 1670 angegeben wird,
sv daß hierübcr die Meinungen nicht mehr ver-
schieden sind.

Aus diesem Briese ist zweierlei zu crsehen, worauf
hicr ausmcrksam gemacht werden m»ß. Einmal, daß
I. dc Bodt den Untcrricht des Fran^ais Blondel ge-
noß und einer seiner Lieblingsschüler gewesen, zweiteus,
daß nach den Ausführnngen dieses Briefes, die, wie
angenommen werden muß, auf mündlichen Mitteilungen
durch I. de Bodt selbst bernhen, das Zeughaus, das
durch de Bodt vollendet wurde, während des letzteren
Abwesenheit von Berlin nach deu Zeichnungen eines
andercn Architekten fortgeführt worden.

Die erste Stelle lautet:

. . . „Ooiuius ik (Uoät) murguuit uu goui äooickö
?our llnrokiitsoturo oivils st militairs Nousisur cks
Uloucksl Hlareolial äs oamp et äirsotsur äs 1'aoaäs-
uiis ütal)Ii(e) ü Uaris Is Urit kort eu nllsotiou" . . .

Der andere Satz besagt von de Bodt:

„I?suckunt sou udssnos äs Ilsrliu, ou ooiu-
meu(,ii u I,atir I'urssual sur Iss ässsius ä'uu nutrs
uroliitsotö" . . .

Beide Stellen lassen sich in Verbindung mit
anderem zu der Beweisführuug verwenden, daß C. Gur-
litt mindestens sehr voreilig gehandelt hat, wenn er
in seinem soeben abgeschlossenen mehrbändigeu Werke
über die „Geschichte des Barock, des Rokoko und des
Klassizismus" das Zeughaus zu Berlin ohne weiteres
dem französischen Marschall Blondel zuschreibt, das-
selbe der französischen Knnstgeschichte einverleibt und
selbst die Abbildung des Berliner Zeughauses in
seinem gegenwärtigen Zustaude der Biographie Blon-
dels einreiht.

Das heißt nichts anderes, als vorbedacht die Bau-
geschichte Berlins eines vortrefflichen Werkes berauben
und zwar zu Gunsten eines Franzosen auf Gruud
eines Materials, das niemand für beweiskräftig
halten kann.

Bei einer mehrfach wahrnehmbaren gewissen Ab-
neigung des genannten Architekten gegen die Berliner
Architekturschnle dürfte man sich über die Kühnheit
seiner Schlüsse, die er früher schon hinsichtlich dcs
Zeughauses knndgegebeu, vielleicht weniger wundern,
doch hätte man von seiner ruhigeren Einsicht und
Nnparteilichkeit erwarten dürfen, daß er infolgc des
Widerspruches, den er gefunden, eine Sache von solcher
Wichtigkeit lieber als unentschieden zur Zeit noch
hätte ruhen lassen, anstatt durch sein jetziges Vorgehen
den Streit um das Zeughaus zu ernenern und zu
einem noch schärferen zu gestalteu.

Was Gurlitt für seine Mcinnng anfnhren kann,
ist nur das, daß in dem Werke „Vuss ckss Valais et
Nnisous äs pluisauos äs 8a Llaj. Is Iloi äs I'russs"
(1733) ein Blatt sich befindet, das unter dcr Ansicht
des Neuen Arsenals zu Berlin die Worte zeigt „äu
ässsin äs Us. Illouäsl". — Das ist alles!

Das Werk aber, um das es sich handclt, besteht
aus Kupfertafeln des I. B- Broebes, die dieser
währcnd seines Berlincr Aufenthaltes (1687—1720)
angeblich in höherem Auftrage anfertigte, nni eine
Sammluug davon herauszugebeu, deren Vollendung
dnrch den Tod Friedrichs I. (f 1713) verhindert
wurde. Nun aber ergiebt eine genaue Besichtigung
der Tafeln, daß die Platten vor ihrem Erscheiuen,
das erst nach Broebes Tode erfolgte, nicht nur
mchrmals den Besitzer gewechselt haben, sondern daß
dieselben im Formate veräudert und eingeschränkt und
in der Folge mehrfach mit anderen Aufschriften, Be-
merkungen und Erlänteruugen versehen wnrden, die
die Charakterisirung des Werkes als eine Arbeit, sür
welche Broebes verantwortlich gemacht werden soll,
völlig ausschließen.

Was da jetzt vorliegt, dieses Tafelwerk voni
Jahre 1733 ist unsicher, unbeglanbigt und daher un-
zuverlässig, und kein einziger Franzose ist je darauf
gekommen, jene Bemerkung als ausreichend anzusehen,
um das Zeughaus zu Berlin dem Marschall Blondel
zuzuschreiben.

Jn der Absicht, Gründe für sein merkwürdiges
Verhalten zu finden, bemerkt u. a. Gnrlitt, um die
Erbanung dnrch Blondel wahrscheinlich zu machcn,
daß dem Kurfürsten daran gelegen gewesen sein müsse,
beim Zeughausbau den Rat eines Mannes einzuholen,
der bereits für den Kardinal Richelieu das Arsenal
zu Rochefort erbaut habe! Wenn man das liest, so
ist das im ersten Angenblick bestechend; sieht man aber
iu Blondels „6ours ä'aroliitsoturs" selbst nach, sv
fällt diese Bemerkung als ein vollkommeu wertloser
Scheingrund in sich zusammen, denn jenes „Arsenal"
war weiter nichts, als ein Marinewerkplatz, für welchen
Blondel eine Seilerei und einige Werkstätten, also
 
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