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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Müller, Sigurd: Rückblick auf die Kunstausstellungen in Kopenhagen im Sommer 1888
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0276

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533

Korrespondenz.

534

beinahe nur Bilder, die auf dcn Salons der letzten
Jahre ausgestellt waren. Wie unter den Bildhauern, so
steht auch als Maler Paul Dubois am höchstcn; das
Porträt seiner beiden Söhne und dasjenige einer
jungen, in braunen Samt gekleideten Frau sind Ar-
beiten, die neben denjenigen der großen Renaissance-
meister ihre Stelle als Meisterwerke der Charakteristik
und der Formgebung behaupten würden. Nicht
weniger schön sind die Bildnisse Wenkers; auch
Bonnat war durch seine Porträts —Pasteur, Dumas,
eine junge Dame — würdig vertreten, so auch Louise
Abbema, Aublet, Delaunay und Dagnan-Bou-
veret, dessen Porträt eines briefschreibendcn Mannes
unter die Perlen der Ausstellung zählte. Bastien-
Lepage war durch zwei Hauptwerke vertreten:
„Der Bettlcr" und „Oktobcrtag"; das erstere treff-
liche Bild mit der glänzenden Charakteristik der Haupt-
figur wurde von Herrn Carl Jacobsen um 40000 Frs.
erworben; noch bedeutenderauch zweimal so teucr
— war der „Oktobertag" mit der überaus feinen Korre-
spondenz der beiden mit der Kartoffellese beschästigten
Frauen. Cazins „Die Abreise" und „Badende
Mädchen" zeichnen sich durch tief poetische Auffassung
und wunderbare Schönheit des Kolorits aus; größer
in der Komposition und ergreifend im Ausdruck ist
seine „Judith", wo er mit feinstem Gefühlc den Aus-
gang der Heldin von Bethulia geschildcrt hat. Brou-
illets „Vorlesung in der Salpetriöre" interessirt be-
sonders durch die zahlreichen sprechenden Porträts der
anwesenden Ärzte; ein gleiches gilt von Gervex' Bild
„Die Salonjury". Gervex hatte auch seine famose
„Dame mit der Maske" ausgestellt; es war das
einzige eigentlich liederliche Bild der ganzen Samm-
lung — unter den Skulpturen fand sich auch nur
ein Stück dieser Art, die widerliche Gruppe „Amor
mit Tauben" von Jnjallart — nnd ist weder in der
Zeichnung noch in der koloristischen Wiedergabe des
Nackten besonders lobenswert. Ein gleiches gilt von
den »ackten Figuren von Carolus Duran — seiner
„Andromeda" und „Erwachen"; diese Einzelgestalten
wirken jedoch weniger abstoßend als die „Grablegung
Christi" desselben Künstlers, ein sades Machwcrk,
im Gefühl ebenso unwahr wie in dem nach stilistischen
Vorbildern schlecht studirten Kolvrit. Roll giebt in
seiuem kolossalen Gemälde: „Die Arbeit" ein ergreifen-
des, fast tendenziöses Bild des Wirkens und Leidens
französischer Proletarier; in der Färbung ist es hart
und trocken und steht in dieser Beziehung seiner tüch-
tigen Studie einer halbnackten Frau nach. Nur ein
einziges historisches Gemälde von Bedeutung hatte die
Ausstellung aufzuweisen, Tattegrains besonders in
der Schilderung des Sturmes und Regens ausgezeich-
netes Bild „Die Einwohner von Cassel in Flandern

übergeben sich Philipp dem Guten"; auch die Militär-
malerei war nur sparsam vertreten. Ein paar Wochen
hindurch war jedoch der vielbesprochene „Traum der
Soldaten" von Detaille von der französischen Regie-
rung überlassen. Mit bewundernswerter Virtuosität ist
hier der ausgedehnte Plan des Schlachtfeldes gegeben,
die in Reihe und Glied schlafenden Krieger sind prächtig
individualisirt; die Traumbilder der verstorbeueu
Helden in den Wolken könnten aber am liebsten aus-
geblieben sein. Fouries „Hochzeitsmahl" ist ein
treffliches Bild frauzösischeu Volkslebens; eiu gleiches
gilt von den mit seltenster Delikatesse gemalten Fischer-
bildcrn Feyens und Vvn dcn Schilderungen dcs
modernenPariser Lebens von Beraud und Stevcns.
Unter den Leistungen der ausgeprägten Jmpressio-
uisten fand sich manches Jnteressante, sv das in der
Karnation beinahe unsinnige, in der Bewegung des
Modelles aber unübertrefslichc Damenporträt von
Besnard, mehreres von Rafaölli, Claude Monet
und Sisley.

Von der neuern französischen Landschastsmalexei
gab die Ausstellung nnr cinen unvollständigen Be-
griff; mehr oder weniger wertvolle Sachen enthielt sie
jedoch von Künstlern wieHarpignies, ?)vn, Nozal,
Toudouze, Bonnefoy, Duez u. a. — Unter deu
Handzeichnungen hoben sich die Soldatenfigureu De-
taille's vorteilhaft hervor; die große Reihe von Jllu-
strationen zur Geschichte der Merovinger von Jean-
Paul Laurens sind außerordentlich tüchtig in der
Formgebung, svnst aber von grvßartiger Langweiligkeit.

Sigurd Müller.

Aorrespondenz.

Budapest, Mitte Mai 1880.

Dic Gcsellschaft für bildeude Kunst in Budapcst
beschäftigte sich in ihrer letzten Sitzung mit dem Plane,
einc Reihe Vvn Kuustausstellungen in der Provinz zu
veranstalten, um auch in dem dortigen Publikum den
Sinn für ideale Zwecke zu hebcn. Die erste dieser
Ausstellungen, die im vergangenen Jahrc sehr günstig
ausgefallen siud, hätte heuer in Klausenburg (Sie-
beubürgen) stattsinden sollen. Es hat sich auch ein
Komitee unter Vorsitz des Vizegespau Nicolaus von
Gyarmathy gebildet, welches bereit geweseu wäre,
für den moralischen und materiellen Erfolg des Unter-
nehmens die Garantie zu leisten, weun die Gesellschaft
fiir bildende Kunst in Budapest die Ausstcllung bis
16. April in Klausenburg eröffnet hätte. Das vor-
nehme Publikum Klausenbuxgs verläßt nämlich die
Stadt den Sommer über, und später wäre daher ein
günstiger Erfolg nicht zu erwarten. Die Zeit war
leider viel zu kurz, als daß man die Teilnahme der
Künstler hätte sichern lönnen, und somit mußte die
 
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