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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0079

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KLEINE MITTEILUNGEN.

und Seide von einer Dalmatika herrührend, vermehrten die
Sammlung der Handarbeiten, ebenso eine vorzügliche Arbeit
italienischer Kunst um 1560. Zu den kostbarsten Stickereien
des Museums gehört eine vor mehreren Jahren bereits erwor-
bene, jetzt erst zur Ausstellung gelangte Tischdecke in Seide
und Gold auf Leinen gestickt: dieselbe, vielleicht Schweizer-
arbeit aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, steht als
deutsche Arbeit ebenbürtig neben der Venezianer Pracht-
stickerei des Museums. Die Gruppe der Holzarbeiten ist
bei diesen letzten Erwerbungen ganz besonders reich
bedacht. Alles überragt eine Schenkung ganz ungewöhn-
licher Art, welche dem Herrn Kommerzienrat Emil vom
Rath verdankt wird, wie bisher nur wenige an Bedeutung
und Wert dem Museum zu teil geworden sind. Es ist
eine gotische Thür aus Nussbaumholz, der Sakristei einer
spanischen Kirche entstammend in vier Füllungen, völlig
bedeckt mit Ranken und Blattwerk in edelster Zeichnung;
dabei von fast tadelloser Erhaltung. Gleichfalls Spanien ent-
stammt ein kleiner Reliquienbehälter in Kapellenform, flott
geschnitten und vergoldet mit dem Wappen des Landeshei-
ligen S. Jago. Aus den anscheinend unerschöpflichen Maga-
zinen des Wallraf-Richartzmuseums wurde die Sammlung
um einige schöne vergoldete Rokokoschnitzereien bereichert:
einen Eckkonsoltisch und zwei prächtige Wandkonsolen,
dreiteilig, zum Aufstellen von Porzellanvasen, sicher ent-
standen unter dem Einfluss der Stiche des Bernard Toro.
Von einer bisher noch nicht vertretenen Art spätgotischer
Möbel italienischer Herkunft ist nunmehr auch ein schönes
Probestück in das Museum gelangt: eine Truhe aus einem
weichen Holz in der sog. Holzbrandtechnik, mit ausge-
hobenem und gepunztem Grund und eingebrannter Innen-
zeichnung in den Reliefs. Die Abteilung der Kassetten —
die an mittelalterlichen Arbeiten nur von der der Sammlung
des Germanischen Mueums und des Berliner Kunstgewerbe-
museums übertroffen wird ■— nähert sich auch mit den Arbeiten
der späteren Zeit allmählich einer gewissen Vollständigkeit.
So wurde eine deutsche Lederkassette ersten Ranges erworben;
dieselbe, wahrscheinlich sächsische Arbeit des 16. Jahrhun-
derts aus der bekannten Sammlung des Professor Seyffer in
Stuttgart stammend, außen mit Maroquinleder bezogen und
in edelster Zeichnung mit Rankenwerk in Handvergoldung
verziert. Muss diese Kassette als ein Hauptstück der Leder-
abteilung angesehen werden, so bezeichnet die zweite kürz-
lich für schweres Geld erworbene Kassette die Höhe der
deutschen Kleinbronzekunst des 16. Jahrhunderts. Dies Käst-
chen von gleicher Form, wie das eben genannte, ist mit
Sammet überzogen und auf allen Seiten außen reich mit
den künstlichsten vergoldeten Bronzeornamenten beschlagen.
Die Kanten mit gepressten Verzierungen: Arabeskenornament
oder Tierdarstellungen in Rankenwerk. Die Eckfüllungen
mit stilisirten figürlichen Ornamenten, oben eine durchbro-
chene getriebene Platte mit einer figürlichen Darstellung in
zierlicher ornamentaler Umrahmung. Das Innere zeigt kleine
Schubkästen um einTgrößeres Mittelstück mit geätztem Or-
nament und Löwenköpfen als Griffe. Prächtig ausgestattet
ist die innere Seite des Klappendeckels: eine figurenreiche
Darstellung in Gravirung umrahmt ein geätztes Bandorna-
ment. Auf der Versteigerung der Sammlung Vincent in
Konstanz im September dieses Jahres gelang es dem Mu-
seum, drei Stück charakteristischer Schweizer Glasscheiben
zu erwerben. An den Ankauf großer Prachtstücke konnte
mit Rücksicht auf die Mittel des Museums und die
zum Teil ganz unverständigen Preise, die dort gezahlt
wurden, nicht gedacht werden, obwohl gerade der Ver-
gleich zwischen dem Besten, was die Schweiz und der Nieder-

rhein geleistet, sehr lehrreich gewesen wäre. Immerhin ge-
nügen diese drei Stücke, von denen zwei Wappenscheiben,
die dritte eine sogenannte Bauernscheibe mit Kostümfiguren
ist, um den Unterschied in der Glasmalerei des Ober- und
Niederrheins, welch letztere ja im Kölner Museum in unver-
gleichlicher Weise vertreten ist, erkennen zu lassen. Zwei
weitere prächtige Glasmalereien: gotische Baldachine dar-
stellend, deren eine der Liberalität der Firma J. M. Heberle
(H. Lempertz Söhne) verdankt wird, sind die ersten Proben
der Nürnberger Glasmalerei im Museum. Gleichfalls der
Sammlung Vincent entstammen drei Stück alter orienta-
lischer Porzellane. Die Erwerbung der bisher angeführten
Kunstgegenstände konnte teils aus den etatsmäßigen Mitteln,
teils aus der Stiftung Elven geschehen. Aber auch der
Kunstgewerbeverein hat wiederum größere Summen zu An-
käufen zur Verfügung gestellt. Diese sind u. a. der vom
Kunstgewerbeverein begründeten Eisensammlung zu gute ge-
kommen, indem außer gelegentlichen Ankäufen an einzelnen
Beschlägen und kleineren Teilen eine sehr hübsche Kollek-
tion kleiner Grabkreuze in zierlichen Formen, aus Franken
stammend, erworben worden. Ein schöner Wandarm für
ein Wirtshaus- oder Innungsschild vom Ende des 16. Jahr-
hunderts, aus der Gegend von Neuwied, kam gleichfalls hin-
zu. Vielfache Vermehrung erfuhren die Abteilungen der
Fußbodenfliesen, meist Kölner, und der Wandfliesen, meist
holländischen Ursprungs. Ein sehr schönes Tischbesteck,
Reliefsilber mit blauem Grubenschmelz mit Wappen und
Porträts, wohl Dresdener Herkunft, führte der Sammlung
eine neue bisher unvertretene Technik zu. Auch einige Por-
zellane, Gläser, Tischgeräte und zwei Dosen des 18. Jahr-
hunderts, die eine gestanzt und fein nacheiselirt, die andere
mit eingelegter Perlmutterarbeit wurden der Technik wegen
erworben. Das Hauptstück, welches der Kunstgewerbeverein
dem Museum als Geschenk zugeführt hat, ist eine jener bekann-
ten kleinenVenezianer Prunkschalen um 1600, aus vergoldetem
Kupfer, oval auf Fuß mit durchbrochenem emaillirtenRand, der
Spiegel über und über mit einem orientalisirenden Ornament
bedeckt, welches aus verschieden geformten, in das Metall
eingesetzten Korallenstückchen gebildet ist. Endlich erhielt
das Museum unter anderen Schenkungen von Privaten drei
besonders hervorragende Stücke: ein 'Medaillonporträt des
Kurfürsten Clemens Joseph von Köln (f 1723) mit Rahmen
in Buchsbaumholz geschnitten, ein ausgezeichnetes und zu-
gleich lehrreiches Beispiel für das spätere Vorkommen dieser
Buchsbaumporträts. Das zweite Stück ist eine Emailtasse auf
deren weißen Schmelzgrund feine gepresste Goldornamente
mit durchsichtigen bunten Emailperlen aufgeschmolzen sind.
Das dritte dieser wertvollen Geschenke, welches von einer
Dame herrührt, entstammt gleichfalls der Empirezeit und
vertritt eine bisher in der Sammlung noch nicht vorhandene
Gruppe von Arbeiten. Es ist ein dreiarmiger Tischleuchter
mit Perlmutter belegt und in fein ciselirte, vergoldete und
zum Teil emaillirte Bronze gefasst. Diese zierliche Arbeit
bezeichnet die Höhe dieser geschmackvollen und feinen Pa-
riser Bijouterien um die Wende des 18. Jahrhunderts.

o—. Berlin. Der Jahresbericht des Vereins für deutsches
Kunstgewerbe zeigt denselben in einer höchst erfreulichen
Entwicklung begriffen. In erster Linie ist hier der diesjäh-
rige Zuwachs an neuen Mitgliedern zu vermerken, der
ein so außerordentlicher war, wie in keinem voraufge-
gangenen Jahre; es sind rund 300 Mitglieder neu ge-
wonnen, unter denen die verschiedensten Zweige des Kunst-
gewerbes, Künstler und Kunstfreunde vertreten sind. Die
Gesamtzahl der Mitglieder beträgt somit 787. Es fan-
den im verflossenen Jahre 21 Versammlungen statt: eine
 
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