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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Kleine Mitteilungen
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KLEINE MITTEILUNGEN.

131)

Der Gesamtwert dieses Elefantenschinuckes wird etwa eine
Million Mark betragen.

SAMMLUNGEN.

— Frankfurt ajM. Der Stadt Frankfurt ist durch die
Munifizenz eines Bürgers Michael Lind eine großartige Stif-
tung zu teil geworden: eine Sammlung von Erzeugnissen
der Kleinkunst, wie sie nur wenige öffentliche Institute ihr
eigen nennen können. Leider hat ein plötzlicher Tod den
hochherzigen Stifter um die Freude gebracht, die ehrende
Anerkennung und den Dank seiner Mitbürger entgegenzu-
nehmen , der um so lebhafter gewesen wäre, als die Stiftung
der Sammlung, die den Frankfurtern völlig unbekannt war,
ganz überraschend kam. In stiller Zurückgezogenheit hat
der Besitzer gesammelt und war wenig geneigt, seine Schätze
der Bewunderung und Kritik Berufener und Unberufener
auszusetzen. Auch sammelte er nicht nach einem besonderen
System: was ihm gefiel und seinen Neigungen entsprach, er-
warb er, da eben seine Mittel dies gestatteten. Allerdings
können wir auch hier, wie bei jedem Sammler, gewisse Lieb-
lingsgruppen erkennen, welche sich einer bevorzugten Pflege
erfreut haben. Das bedeutendste Stück ist der berühmte
„Parnass" der alten Meißener Fabrik, eine große Gruppe,
welche Apollo und die neun Musen, sowie den Pegasus dar-
stellt, welcher mit seinem Huf den kastalischen Quell ent-
stehen lässt. Die Gruppe, aus der Sammlung Secretan in
Paris stammend, zeigt eine ungewöhnlich gute Erhaltung.
Künstlerisch noch höher stehend, wenn auch weniger um-
fangreich, ist eine allegorische Gruppe der Ludwigsburger
Fabrik; um eine Spitzsäule, auf deren Gipfel Amor kauert,
schlingen die Grazien ihren Reigen, während die Wahrheit,
durch den Spiegel charakterisirt, sich zu einer männlichen
Figur niedergelassen hat, die sich am Boden in ohnmäch-
tiger Wut zu winden scheint. Aber auch die übrigen deut-
schen Fabriken des vorigen Jahrhunderts sind in anmutigen
Gruppen, Tierfiguren, Riechbüchschen etc. vertreten: so Karl
Theodors Lieblingsschöpfung Frankenthal, die Höchster Fa-
brik, durch Melchiors groß gedachte Kompositionen berühmt,
Fulda, Nymphenburg, Altwien, endlich auch durch schöne
Tassen repräsentirt die alte Fabrik von Wedgwood; durch
eine Kollektion ostasiatischer Porzellane ist auch dieser
Zweig der Keramik gut vertreten. Aber auch die anderen
Zweige der Keramik sind nicht vernachlässigt; die italie-
nischen Majoliken zeigen die Merkmale der verschiedenen
Fabrikationsstätten des 16. Jahrhunderts. An Gläsern finden
sich deutsche Emailgläser neben venezianischen Filigran-
und Milleflori, italienischen und deutschen Flügelgläsern ver-
treten. Die Technik des deutschen Glasmalers Schaper lässt
sich hier besser studiren wie die der sog. Doppelgläser. Auch
die Technik der sog. Hinterglasmalerei ist gut vertreten.
Von großem künstlerischen Wert sind zwei Lüster, der eine
von Meißener Porzellan, der andere von Bergkrystall von
ungewöhnlicher Größe. Unter den Arbeiten der Plastik fällt
uns vor allem ein Werk auf, welches eine der vornehmsten
Dekorationsweisen der Renaissancezeit darstellt, es ist die
Büste eines römischen Imperators (wahrscheinlich Vitellius),
die aus verschiedenen Materialien zusammengesetzt ist. Der
aus dunkelrotem ägyptischen Porphyr gemeißelte Kopf trägt
einen Lorbeerkranz von vergoldeter Bronze; von gleichem
Material schlingt sich der Kaisermantel um die aus farbi-
gem Marmor gebildeten Schultern. Einige größere Bronze-
iiguren: die Porträtbüste eines jüngeren Mannes im Kostüm
des 17. Jahrhunderts, und eine fast lebensgroße Brunnen-
figur : badende Nymphe, welche ihr Haar ausringt, zeichnen
sich durch ihre außerordentlich schöne Färbung aus; andere

Bronzen, ein sitzender Flötenspieler und ein Satyrpaar nach
Clodion, zeigen die schöne durchsichtige Patinirung. Von
sonstigen Werken der Kleinplastik, welche auch noch in
kleineren Bronzefiguren und Büsten reichlich vertreten ist,
heben wir eine Anzahl von Arbeiten in Holz hervor, frei-
stehende Figürchen, die als „Bettler" oder „Buttenträger"
bei den Sammlern sehr beliebt sind. Unter den letzteren
namentlich finden wir ein Stück aus dem 16. Jahrhundert
— einen jungen Burschen, der in flotter Stellung seine sil-
berne Butte auf dem Rücken trägt — eine Arbeit, die hin-
sichtlich ihres Kunstwertes dem größten Museum Ehre machen
würde. Unter den Flachreliefarbeiten in Holz nimmt die-
jenige Art eine ziemliche Bedeutung in Anspruch, die man
als „Prager Arbeiten" bezeichnet. Unterscheidend für die-
selben ist die Behandlung des Reliefs in verschiedenen bunt
gefärbten Holzarten, auch wohl, wie bei den beiden Bildern
„Susanne im Bade" und „Joseph und Potiphar" durch Zu-
hilfenahme von Elfenbein und Alabaster bereichert. Gewöhn-
lich werden diese Tafeln in Prager Arbeit zu Einsätzen in
Schränkchen und Kassetten verwendet; auch bei uns sehen
wir mehrere derartiger kleiner Ziermöbel, vor allem einen
Schrank mit der Geschichte vom verlorenen Sohn und ein
Schachbrett, welches der besten Zeit des 17. Jahrhunderts
angehören dürfte. An die Holzskulpturen schließen sich die
von Solenhofener Stein, vor allen zwei geätzte Platten, Jagd-
szenen in offener Landsehaft darstellend, welche durch dis-
krete Färbung einen besonderen Reiz erhalten. Wahre
Prachtstücke finden wir unter den Möbeln. Ein kostbarer
holländischer Schrank in rotem Lack mit Goldornament und
Beschlägen; eine prächtige Kommode in Palisanderholz im
Stil Louis XV. und als Paradestück ersten Ranges eine Wie-
derholung des herrlichen Kabinetts der Marie Antoinette in
Trianon, dessen Beschläge zu den ersten Leitungen der fran-
zösischen Ciselirkunst zählen dürften. Neben diesen drei
Hauptstücken treten die übrigen Möbel in den Hintergrund,
wenn sie an sich auch gute Repräsentanten ihres jeweiligen
Zeitgeschmackes sind. Dies gilt namentlich von einer reich-
geschweiften Schreibkommode mit unzähligen Schubladen
vom Ende, und einem Pfeilerschränkchen, schwarz mit Mes-
singbeschlägen, vom Anfang des 17. Jahrhunderts, während
uns ein hübsch gezeichnetes „Kabinett" die bei den Italienern
beliebte Anwendung der farbigen Stucco-lustro zu Möbelein-
lagen vorführt. Ein Tisch zeigt in seiner eingelegten Platte
die guten Ornamente des beginnenden Barocks; mehrere ge-
schnitzte Stühle die reiche Zierweise der italienischen und
deutschen Renaissance. Unter den Bijouterien der Linel-
sammlung finden wir die mannigfaltigsten Kleinarbeiten,
welche dem Menschen zum Schmuck oder zur gefälligen
Spielerei dienen, kostbar zum Teil durch das aufgewendete
Material, das Gold und die Edelsteine, zum Teil durch den
ganz erheblichen Kunstwert. Besonders Bemerkenswertes
aus diesen Anhängern, Broschen, Schnallen, Uhrchen, Ta-
baks- und Bonbondosen, Chatelainen, Necessairs und hundert
anderen Kleinigkeiten herauszuheben, ist unmöglich. In das
Gebiet des menschlichen Schmucks gehören in weiterem
Sinne auch die Fächer; eine kleine Kollektion derselben,
welche uns hier begegnet, enthält wenigstens einige recht
beachtenswerte Stücke. Auch an größeren Edelmetallarbei-
ten ist die Sammlung reich; ein deutscher Renaissancebecher
in jener klassischen Form, zu welcher Holbein in seinen Ent-
würfen das Vorbild geliefert hat — ein Doppelbecher aus
Wurzelholz, ein kleiner Traubenbecher, mehrere große Hen-
kelkrüge und einige gute Beispiele des gravirten, auf Kugel-
füßen stehenden Deckelbechers aus dem 17. Jahrhundert.
Den Silberarbeiten schließen sich auf der einen Seite die
 
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