mit dieser Tatsache befassen, wollen
wir von allen Erwägungen absehen,
die von einem smarten Geschäfts--
mann als sentimental empfun-
den werden könnten. Wir scheiden
also alle kulturellen Betrachtungen
aus. Wir lassen unter geistigen
Gesichtspunkten den Barbier als (Lr-
zieher ruhig gelten. Wir fragen
lediglich, ob er ein — wertvoller
geschäftlicher Faktor sein konnte.
Auf den ersten Blick sieht die
Sache ja außerordentlich modern,
will sagen: außerordentlich exakt-
empirisch aus. Man will den
Geschmack der Masse treffen; was
kann man also Besseres tun, als bei
der Masse selber anfragen und
somit den Barbier zum geistigen
Oberhaupt der Literatur zu machen?
Fragen wir zunächst: was ist
eine Masse? „Die Vereinigung
einer großen Menge von einzelnen
Menschen." Wenn ich also einige
Lausend literarisch gebildete Men-
schen zusammentrommle, habe ich
eine Masse? Bein, es gehört zum
Begriff, daß die Einzelnen keine gei-
stige Selbständigkeit haben und der
Literatur im Guten wie im Schlim-
men mit vollkommener Naivität
gegenüberstehn. Die geistige Selb-
ständigkeit kann man mit 000
multiplizieren, ohne daß in einem
geistigen Sinne eine Masse ent-
steht.
Aber dann stimmt ja die Sache
mit Scherls Barbier! Wenn die
Einzelnen keine geistige Selbständig-
keit haben, muß die Masse not-
wendig einen uniformen Zug
aufweisen. And wer könnte bestrei-
ten, daß sie das in der TaL auch
tut? Ist aber die Masse ein uni-
formes ELwas, so handelt man
ganz logisch, wenn man einen Lin-
zelnen herausgreift, um von ihm
den Geschmack der Masse zu erfah-
ren. Es ist mit der AniformitäL
der Masse wie mit der Gleichartig-
keit fremder Rassentypen.
In europäischen Augen sehn sich alle
Neger ähnlich, weil die gleichartigen
Merkmale der schwarzen tzaut, der
Wollhaare, der aufgeworfenen Lip-
pen usw. alle individuellen
Züge überschatten. In der Tat aber
sind diese individuellen Züge natür-
lich nicht nur da, sondern auch wirk-
sam. Wie uniform sieht nicht in
den Augen des SLädters eine Kuh-
herde aus! Man unternehme aber
einmal vergleichende physiognomische
Studien in einem Kuhstall, und man
wird sein blaues Wunder erleben!
Ich habe es öfter getan und habe
die unterschiedlichsten Typen gefun-
den: treuherzige, blöde, relativ vor-
nehme, friedfertige, zänkische usw.
Ia, ich habe sogar einmal eine Kuh
gefunden, die so ausgemacht ko-
kett und raffiniert aussah, daß ich
ihr jede weibliche Mederträchtigkeit
zugetraut hätte. Also: die Masse
erscheint unsern Augen uni-
form, i st es aber nicht. Die Massen-
psyche des Kleinbürgers ist von
der des Arbeiters verschieden und
verschieden von der des Bauern.
Die Massenpsyche des Mannes
ist anders als die des Weibes
usw. Wer möglichst viele Massen-
gruppen in seine geschästliche Spe-
kulation hineinbeziehen will, muß
die gemeinsamen psychologischen
Grundlagen ausrechnen und muß
also eine bestimmte Intelligenz in
Anwendung bringen.
Eine Iwischenfrage: wendet man
sich vielleicht an einen Dumm-
kopf, wenn man Aufschlüsse über
das psychologische Wesen der Dumm-
heit haben will? Man studiert
vielleicht das überreiche Material,
von dem man umgeben ist, aber man
erwartet dabei gewiß keine persön-
lichen Aufschlüsse. Wenn ein Dumm-
kopf über seinen eigenen Zustand
theoretisch Rechenschaft ablegen
könnte, wäre er ja nicht mehr dumm.
Wer zur Masse gehört, kann zwar
Masse sein, niemals aber über die
wir von allen Erwägungen absehen,
die von einem smarten Geschäfts--
mann als sentimental empfun-
den werden könnten. Wir scheiden
also alle kulturellen Betrachtungen
aus. Wir lassen unter geistigen
Gesichtspunkten den Barbier als (Lr-
zieher ruhig gelten. Wir fragen
lediglich, ob er ein — wertvoller
geschäftlicher Faktor sein konnte.
Auf den ersten Blick sieht die
Sache ja außerordentlich modern,
will sagen: außerordentlich exakt-
empirisch aus. Man will den
Geschmack der Masse treffen; was
kann man also Besseres tun, als bei
der Masse selber anfragen und
somit den Barbier zum geistigen
Oberhaupt der Literatur zu machen?
Fragen wir zunächst: was ist
eine Masse? „Die Vereinigung
einer großen Menge von einzelnen
Menschen." Wenn ich also einige
Lausend literarisch gebildete Men-
schen zusammentrommle, habe ich
eine Masse? Bein, es gehört zum
Begriff, daß die Einzelnen keine gei-
stige Selbständigkeit haben und der
Literatur im Guten wie im Schlim-
men mit vollkommener Naivität
gegenüberstehn. Die geistige Selb-
ständigkeit kann man mit 000
multiplizieren, ohne daß in einem
geistigen Sinne eine Masse ent-
steht.
Aber dann stimmt ja die Sache
mit Scherls Barbier! Wenn die
Einzelnen keine geistige Selbständig-
keit haben, muß die Masse not-
wendig einen uniformen Zug
aufweisen. And wer könnte bestrei-
ten, daß sie das in der TaL auch
tut? Ist aber die Masse ein uni-
formes ELwas, so handelt man
ganz logisch, wenn man einen Lin-
zelnen herausgreift, um von ihm
den Geschmack der Masse zu erfah-
ren. Es ist mit der AniformitäL
der Masse wie mit der Gleichartig-
keit fremder Rassentypen.
In europäischen Augen sehn sich alle
Neger ähnlich, weil die gleichartigen
Merkmale der schwarzen tzaut, der
Wollhaare, der aufgeworfenen Lip-
pen usw. alle individuellen
Züge überschatten. In der Tat aber
sind diese individuellen Züge natür-
lich nicht nur da, sondern auch wirk-
sam. Wie uniform sieht nicht in
den Augen des SLädters eine Kuh-
herde aus! Man unternehme aber
einmal vergleichende physiognomische
Studien in einem Kuhstall, und man
wird sein blaues Wunder erleben!
Ich habe es öfter getan und habe
die unterschiedlichsten Typen gefun-
den: treuherzige, blöde, relativ vor-
nehme, friedfertige, zänkische usw.
Ia, ich habe sogar einmal eine Kuh
gefunden, die so ausgemacht ko-
kett und raffiniert aussah, daß ich
ihr jede weibliche Mederträchtigkeit
zugetraut hätte. Also: die Masse
erscheint unsern Augen uni-
form, i st es aber nicht. Die Massen-
psyche des Kleinbürgers ist von
der des Arbeiters verschieden und
verschieden von der des Bauern.
Die Massenpsyche des Mannes
ist anders als die des Weibes
usw. Wer möglichst viele Massen-
gruppen in seine geschästliche Spe-
kulation hineinbeziehen will, muß
die gemeinsamen psychologischen
Grundlagen ausrechnen und muß
also eine bestimmte Intelligenz in
Anwendung bringen.
Eine Iwischenfrage: wendet man
sich vielleicht an einen Dumm-
kopf, wenn man Aufschlüsse über
das psychologische Wesen der Dumm-
heit haben will? Man studiert
vielleicht das überreiche Material,
von dem man umgeben ist, aber man
erwartet dabei gewiß keine persön-
lichen Aufschlüsse. Wenn ein Dumm-
kopf über seinen eigenen Zustand
theoretisch Rechenschaft ablegen
könnte, wäre er ja nicht mehr dumm.
Wer zur Masse gehört, kann zwar
Masse sein, niemals aber über die