Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

DOI Artikel:
Die Erziehung zum Baukünstler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0149

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IE ERZIEHUNG ZUM BAU-
KÜNSTLER.

Angesichts der problematischen Resultate,
die die Architekturgeschichte seit Gründung der
Bauakademie und der Technischen Hochschule
gezeitigt hat. mehren sich die Stimmen nach
einer Reform der architektonischen Lehranstalten
an Haupt und Gliedern.

Die Trennung- der Architektur von den bilden-
den Künsten ging auf der neugegründeten Bau-
akademie zu Berlin um die Wende des acht-
zehnten Jahrhunderts vor sich, als das Volk der
Dichter und Denker in einer philosophisch und
wissenschaftlich allzu einseitig beeinflußten Periode
stand. Auf sämtlichen Gebieten der Wissenschaft
und Kunst begann sich der Geist der Theorie
breit zu machen. So vorteilhaft das für die
Wissenschaften war, so schlecht fuhren dabei
die Künste, denn der Schmelz der Ursprüng-
lichkeit, der Hauch der Persönlichkeit erlitt hier-
durch starke Trübungen. War der Wert der

Kunstakademien zum mindesten problematisch,
so entwickelten sich die Bauakademie und später
die Technischen Hochschulen, soweit die Archi-
tektur dabei in Frage kommt, geradezu ver-
derblich. Losgelöst aus dem Kreise ihrer Ge-
schwister, der Malerei und Plastik, überantwortet
rein technischen und abstrakten Wissenschaften,
büßte die Baukunst ihr Edelstes und Bestes,
nämlich ihre Seele ein.

Wir haben, abgesehen von verschwindend
wenigen Ausnahmen, fast ein Jahrhundert lang
eine Baukunst ohne Seele gehabt, dafür bedeckte
sich unser schönes Deutschland umso zahlreicher
mit archäologisch ausgeklügelten Stilprodukten und
Bastardwerken, in denen die Erbschaft zweier Jahr-
tausende zu grotesken Mißbildungen führte. Diese
Scheinkunst verstand es, unseren Augen Scheu-
klappen anzulegen, sodaß wir für Wesen und
Kern der Architekturwerke unserer Vorfahren blind
wurden und die Fühlung mit der Tradition verloren.

Seit wir in den letzten zwölf Jahren wieder
richtig sehen lernten, seit wir den Ursprung des

IFABRETT. Religiös-ornamentales Kunstgewerbe der postbyzantinischen Periode aus den atlantischen
Küstenländern (Jorubaland, westlich der Nigermündung). FUND DER FROBENIUS - EXPEDITION

115
 
Annotationen