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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Ein pommerscher Herrensitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0152

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jglN POMMERSCHER HERRENSITZ

Im Landhausbau von heute hat sich gott-
lob die Überzeugung immer mehr (und vielfach
schon aufs lebhafteste) durchgesetzt, daß die
Hand des Künstlers, statt der des Maurer-
meisters tätig sein muß, wenn ein behagliches
Haus zum Wohnen entstehen soll; nicht weniger
notwendig zur ästhetischen Reinheit eines Land-
schaftsbildes wie zur Lösung der Aufgabe an
sich ist aber auch eine architektonisch völlig
einwandfrei durchgeführte Schloßbau-Kunst, in
der heutigen Tags durch Unberufene noch viel
gesündigt wird. Die Schwierigkeiten sind beim
Schloßbau freilich noch größere, weil die Lust
zum Experimentieren hier sehr leicht weiteren
Spielraum finden kann; weil der räumlich
größere Baukörper schon durch kleine Un-
vorsichtigkeiten disharmonische Züge erhält
und die Einheit des Ganzen (wenn nicht ein
durchaus tüchtiges Talent am Werke ist) rasch
gefährdet wird. Wie jede andere Bauaufgabe
verlangt auch der Herrensitz die beiden Haupt-
rücksichten vom Künstler: die organische Ein-
heit in sich und eine mühelos zu erreichende
Einfügung in die Umgebung.

Wenn man den Grundriß und die hier bei-
gegebenen Außen- und Innenansichten des
pommerschen Schlosses Paatzig, von den
Berliner Architekten Hugo und Otto Schel-

lenberg geschaffen, näher betrachtet, fällt die
schöne Selbstverständlichkeit auf, mit der dieser
vornehm gedachte Herrensitz sich von innen
nach außen und von außen nach innen ent-
wickelt. Sein Organismus ist von einer durch-
gängig behaupteten Klarheit, und schon der
Grundriß zeigt, wie hier die Baukünstler die
erste jener Hauptforderungen zu erfüllen wußten.
Die Rückfront des Schlosses, wie sie etwa im
Terrain-Durchblick erscheint, gibt das Bild
einer guten Geschlossenheit und Ruhe, obgleich
diese Front eine recht reiche Gliederung durch
die Fenster erfährt und der Säulenvorbau ziemlich
kräftig heraustritt. Diese Ruhe erklärt sich aus
der sicheren Herrschaft des einfachen Giebels,
der sich alles unterordnet. So strömt hier aus
etwas widerstrebenden Elementen eine schöne
Harmonie zusammen, der sich der Beschauer
nicht leicht entziehen kann. In ihr erfüllt sich
auch die andere Forderung: die des Verhältnisses
zur Landschaft. Es erscheint hier in glück-
licher Weise gelöst, ohne daß eine Absicht
dabei hervortritt.

Die Vorderfront des Herrensitzes sucht auch
die Ruhe der anderen zu gewinnen. Die stark
niedergezogenen Seitengiebel stellen sich zwar
mit dem antikisierenden Mittelsäulenbau (der
an sich gute Schinkelsche Tradition hat) etwas
fremd zusammen. Aber der Eindruck der Be-
stimmung des Ganzen wird auch hier fest-

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