Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

DOI Artikel:
Petzold, Emil: Gedanken eines Laien über die Kunst der Gegenwart
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0470

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
OEDANKEN EINES LAIEN ÜBER DIE KUNST DER GEGENWART

- friedlicher Mensch sei er, wie es

ihrer gottlob noch viele Millionen
gibt, die sich tagtäglich mühen
und plagen in Geschäften, Aemtern,
Handel und Wandel. Diese
Laien, sind sie nicht eigentlich
die Grundpfeiler des Staates und
der Gesellschaft?-1 Und sie sollten
nicht mitreden dürfen, wenn es sich
darum handelt, jene Grundpfeiler
zu belasten . . . mit Kunst? Mit der
Kirnst der Gegenwart?

Aber der Laie wird sich den
Mund doch nicht verbieten lassen,
er wird, wenn es auch nichts
nützt, doch seinen Empfindungen
Ausdruck verleihen wollen.

Es kann sich aber noch fragen,
dressur. Silhouette th. crampe ais welcher Art Wesen man den

Laien anhören müsse. Es wird
gegenüberstehen, so ist eben dieser Laie doch bestritten, daß der Mensch in seiner Seele und
allermindestens ein fühlendes Wesen, das instinktiv seinem Geiste göttlicher Herkunft sei. Dann
etwas vom Schönen und Ewigen ahnt. allerdings hätten diejenigen Unsinniges ge-

Und da der Laie als Käufer von Kunstsachen schrieben und geredet, die von der Göttlichkeit
der eigentliche Kunstträger ist, derjenige, der die der Künste gepredigt haben. Wenn es keinen
Kunst der Gegenwart denkommenden Geschlechtern Gott gibt, dann kann es logischer Weise auch
überliefert, so sollte man ihn doch nicht ganz so nichts Göttliches geben.

verächtlich behandeln, wenn er in Angelegenheiten Ja, allerdings — wenn dem Laien nichts
der Kunst den Versuch macht, mit hineinzureden. Göttliches innewohnt, dann ist der höhere Schwung,
Der Laie selbst müßte auch dazu beitragen, daß in welchen ihn gewisse Kunstwerke versetzen,
seine Beachtung als fühlendes Wesen, dem man nur seine törichte Einbildung. Dann ist der
wenigstens den geheimen überirdischen Zug zum Laie vielleicht trunken, wenn er im Anblick des
Schönen nicht absprechen kann, wenn schon man Kölner Domes schwelgt, wenn er hingerissen die
sich schämen sollte, diesen göttlich zu nennen, daß Sixtinische Madonna betrachtet0 Merkwürdig,
seine Beachtung durch die Kunstverständigen daß immer wieder dieselben Werke alle
viel größer würde. Zu den Kunst-
verständigen sind hier, damit aller
Streit vermieden werde, auch alle die
mitgerechnet, die sich das Urteil an-
maßen, ohne vom Zug des Schönen
in sich etwas zu verspüren.

Reden wir also nur vom reinen
Toren, vom arglosen und harmlosen
Laien, der noch nie ein Kunstmöbel-
stück baute, noch keinen Binsel ergriff,
um zu malen, sondern der, gutartig
denkend, jedem das Seine läßt, be-
scheiden zuhört, wenn andere über
Dinge sachverständig werden, die
seiner Unwissenheit böhmische Dörfer
sind.

Ein solcher gutartiger Laie mag
sich redlich durchs Leben geschlagen
haben. Er sei gut von Gemüt und
trefflich von Gesinnung, er habe
weder des Nächsten Weib und Gut l^U^rr
begehrt, noch einen aus Zorn oder 'T/JT*-
Habgier umgebracht. So ein recht DER musikant. Silhouette th. crampe

392
 
Annotationen