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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

DOI Artikel:
Brurein, Wilhelm: Berliner Architekturplastik
DOI Artikel:
Lichtenberg, Reinhold von: Die Weltanschauung Richard Wagners in der deutschen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0679

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BERLINER ARCHITEKTURPLASTIK

kunst entwickeln können. Allerdings nur unter
der Voraussetzung, daß die entsprechenden Be-
tätigungsmöglichkeiten Künstlern gestellt wer-
den und nicht Firmen, die auf der Lieferanten-
liste stehen.

Dann wird auch die neue Architekturplastik
wieder zu einer Höhe gelangen, die ihr schon
im Interesse eines gesunden künstlerischen Wett-
bewerbes zukommt und ihr hoffentlich auch in
der Zukunft erhalten bleibt.

Wilhelm Brurein,
Architekt B.D.A.

HEILIGENFIGUR AUF EINER SAEULE

BERNHARD FRYDAG

DIE WELTANSCHAUUNG
RICHARD WAGNERS IN
DER DEUTSCHEN MALEREI.

Von Prof. Dr. R. Freiherr von Lichtenberg.

(Zu den farbigen Steinzeichnungen von Franz Stassen. Vgl. die
Kunstbeilagen in diesem und im nächsten Hefte.)

Am 22. Mai d. J. feierte das deutsche Volk
den hundertsten Geburtstag Richard Wagners.
Im Alter von noch nicht einem halben Jahre
hatte er 1813 den Donner der Schlacht bei
Leipzig vernommen, der Schlacht, durch die
das deutsche Volk das fremde Joch abschüttelte
und die Einigung aller deutschen Stämme, wie
sie 1870 erfolgte, vorbereitete. In derselben
Stadt Leipzig, in demselben Jahre 1813 ward
Richard Wagner geboren, der als Deutschlands
größter Künstler zu der Zeit, da des Deutschen
Reiches völkische und politische Wiedergeburt
sich vollzog, die Wiedergeburt deutscher Kultur
und germanischer Weltanschauung bewirkte
und gleichzeitig die deutsche Kunst jvon dem
fremden Joche, von der blinden Bewunderung
und Nachahmung ausländischen Wesens befreite.

Das Werk Wagners wurzelt völlig im alt-
germanischen Wesen, das als Weltanschauung
seinen höchsten Ausdruck im Mythos erhielt.
Dieser germanische Mythos ist aber nicht etwa
ein Altvergangenes, das unter den veränderten
äußeren Lebensbedingungen einer neuen Zeit
seine Geltung und Bedeutung verloren hätte.
Der Geist eines Volkes, sein Fühlen und Denken,
die den eigentlichen Kern und Richtschnur
seines Wesens bilden, bleiben durch alle Jahr-
tausende dieselben, solange das Volk sich selbst
und seiner Kultur getreu bleibt und nicht durch
Blutmischungen völlig untergeht. So lebt auch
heute noch germanisches Denken, germanischer
Mythos von den ältesten Zeiten an in unzähli-
gen Sagen, Märchen und Volks-Bräuchen bis
heute fort.

Und diesen hell und rein sprudelnden Born
deutscher Geisteskultur ergründete und durch-
drang Wagner, wie kein anderer es je ver-
mochte, und damit setzte er in seinen Werken
dem deutschen Geiste das herrlichste und
dauerndste Denkmal. Von den „Feen" an bis zu
„Parsifal" behandeln nur zwei Werke „Rienzi"
und „Die Meistersinger" nicht mythische Stoffe,
alle anderen beruhen entweder auf dem alten
Mythos selbst oder auf dessen jüngeren [Aus-
gestaltungen und Umbildungen.

Von Anfang an besaß die germanische Welt-
anschauung drei Seiten, durch die sie in die
Erscheinung trat, die Religion, den Mythos und
das Weltbild. Letzteres ist die Vorstellung von
dem Weltganzen und seiner Teilung in drei
Reiche, dem der Götter, der Menschen und der

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