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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Lind, Karl: Restaurationsberichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0308

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268

Sprünge zerrissen das Mauerwerk und die Gewölbe, der
Boden mit dem Steinpflaster war stellenweise einge-
sunken, viele Marmorsäulchen fehlen, desgleichen Sockel,
Capitäle und Consolen, vieles davon war fragmentirt
und verstümmelt. In richtiger Würdigung der Bedeutung
dieses Bauwerkes, in fürsorglicher Pietät' für die Schöp-
fungen des Stifters, in lobenswerthem Verständniss der
Bestimmung und endlich der richtigen Verwendung der
Geldmittel des Klosters ging man im vorigen Jahre da-
ran, an dieses Gebäude die sorgsam heilende Hand zu
legen. Mit grossem Verständniss wird das Restaurations-
werk durchgeführt und der Versuch gemacht, auch ohne
die wahrlich unnöthige Erneuerung jedes nur wenig be-
schädigten Ornamentstückes , somit mit möglichster
Schonung des Bestehenden, dennoch den Bau in seiner
ursprünglichen Schönheit wieder herzustellen. Das Re-
staurationswerk ist bereits sehr weit vorgeschritten und
wird unter der leitenden Obsorge des Abtes Alberik
Heid mann und Stiftskämmerers Joh. N. Hinter hol-
zer hoffentlich im nächsten Jahre der Vollendung zuge-
führt werden. Der Schmuck stylgerechter farbiger Fen-
ster darf dabei ebensowenig als die Umgestaltung des
jetzigen geschmacklosen und mit dem Kreuzgange in ab-
scheulicher Disharmonie stehenden Brunnenhauses (er-
baut 1834) und die Aufstellung eines Bleibrunnens in
demselben fehlen.
Nicht minder einer durchgreifenden Restauration
bedürftig als der Kreuzgang war das Capitelhaus,
dessen niedrige Gewölbe vier mächtige Steinsäulen mit
roh behandeltem Capitäl tragen, der älteste Tlieil der
erhaltenen Stiftsbaulichkeiten. Auch hier waltet dieselbe
liebevoll hütende und restaurirende Hand , auch hier
wird bald das Gemäuer die alten Werkschichten in der
ursprünglichen Farbe zeigen und wieder eröffnete Fen-
ster werden das durch Grisaille-Gläser gedämpfte Licht
einlassen.
Von den übrigen alten Räumlichkeiten, wie Dormi-
torium, Refectorium u. s. w., ist fast nichts mehr vorhan-
den. Die in Folge der Zerstörungen durch die Feuersbrunst
im Jahre 1810 ausgeführten Neubauten haben davon
nur geringe Spuren übrig gelassen.
Wir kommen nun zum Schlüsse dieser Partie unseres
Berichtes, und da drängt sich uns die Bitte auf, den vielen
in der Kirche,im Capitelhause und imKreuzgange zerstreu-
ten Grabmalen, die in höchst unwürdiger Weise als Boden-
pflaster dienen und sich meistens nicht mehr an ihrer ur-
sprünglichen Stelle befinden, ein schützendes Plätzchen
an den Wänden des Kreuzganges zu gewähren. Auch in
Betreff des schönen Grabmales des letzten Hohenbergers
dürfte sich empfehlen, diesen Stein, gleichwie die übrigen,
aufrecht gestellt an der Wand zu befestigen, statt der
mit Rücksicht auf eine Tradition beabsichtigten schiefen,
ganz ungewöhnlichen Aufstellung, die, höchst unschön,
den Bestand desselben arg gefährden würde und, soweit
wir unterrichtet sind, ihresgleichen nirgends fände.

Das in der österreichischen Cultur- und Kirchen-
geschichte seit seiner Gründung eine hervorragende
Stelle einnehmende Benedictiner-Stift zu Admont im
Ennsthale der oberen Steiermark wurde im Jahre 1865
von einem schweren Unglücke heimgesucht. Ein gewalti-
ger, alles verheerenderBrand zerstörte nebst einem grossen
Theile des Marktes fast das ganze Stiftsgebäude sammt

dessen archivalischen Schätzen, wie auch die Kirche und
ihre ganze Einrichtung. Von dem alten Kirchengebäude
blieben nur die nackten Mauern, die Pfeiler, die das ein-
gestürzte Gewölbe tragen und die einem Schlott ähn-
lichen Stumpfen der beiden Thürme übrig. Was vom
Feuer verzehrbar und zerstörbar war, unterlag der All-
gewalt des Elements.
Admonts Stiftung zählt nach vielen Jahrhunderten.
In der ersten Hälfte des XI. Jahrhunderts lebte zu
Strassburg im Gurkthale Frau Hemma, die Witwe Wil-
helms des gemordeten Grafen von Friesach und Zelt-
scliach ; durch die Hinschlachtung ihrer beiden Söhne
kinderlos geworden, wendete sie nunmehr der Kirche
ihr reiches Vermögen zu und stiftete mit freigebiger
Hand, dem Rathe des Salzburger Erzbischofs Balduin
folgend, das Nonnen- und Chorherrenstift Gurk. Die ihr
eigenen ausgedehnten Ländereien in der oberen Steier-
mark widmete sie einer weiteren frommen Stiftung und
liess zu diesem Zwecke noch vor ihrem Tode (1045) das
hieftir bestimmte Vermögen dem benannten Erzbischöfe
von Salzburg übergeben. Gebhard, dessen Nachfolger
am erzbischöflichen Stuhle des heil. Rupertus erfüllte
Hemma’s Wunsch und gründete 1072 die Abtei zu
Admont, die den 28. September 1074 ihr segens-
reiches Wirken begann.
Abt Walfold gründete 1120 zu Admont ein Nonnen-
kloster , das die Bestimmung eines weiblichen Er-
ziehungs-Instituts hatte.
Im Jahre 1152 wurde unter Abt Gottfried ein
grosser Tlieil des Stiftes durch Feuersbrunst zerstört,
doch erstand das Stift bald wieder aus der Asche und
mit ihm auch die Stiftskirche. Es ist wahrscheinlich,
dass man bei Wiederherstellung der Kirche die Um-
fangsmauern des alten Gebäudes benützte, wodurch es
erklärbar wird, dass vom ursprünglichen Baue sich noch
theilweise Reste bis heute erhalten haben. Immerhin war
dieser Restaurationsbau nicht mit genug Aufmerksamkeit
geführt worden, denn hundertdreissig Jahre später nennen
die Chroniken die Kirche wieder baufällig und dem Ein-
sturze nahe. Abt Heinrich II. führte damals einen neuen
Restaurationsbau, bei dem wieder das Umfassungsmauer-
werk benützt wurde, somit der ursprüngliche Grundriss
wenigstens theilweise erhalten blieb, nur dürfte damals
das Presbyterium mit dem polygonen Abschluss und den
schmalen hohen Spitzbogenfenstern versehen worden sein.
Noch zwei Metamorphosen musste das Kirchengebäude
durchmachen, um zur heutigen Gestalt zu gelangen. Die
im Jahre 1622, als Abt Mathias sie im Geschmacke der
ausartenden Renaissance ausstatten liess und endlich den
gewaltig eingreifenden Restaurationsbau nach dem neue-
sten Brande. Nun stellt das Bauwerk als solches voll-
endet vor uns und wird auch in seinerinneren Auschmüc-
kung bald vollendet sein.
Noch ist’s die dreischiffige1 Anlage mit den spitzbö
gigen Arcaden, die die Schiffe mit einander verbinden,
noch streben je sieben reich gegliederte Pfeiler empor,
um die spitzbogigen Gewölbe zu tragen, noch scliliesst
sich das Presbyterium, in Höhe und Breite dem Haupt-
schiffe gleich, in schöner Perspective an, überall sehen
wir die Principien des gothischen Styles anerkannt, im
Laub-Ornament der Capitäle, in der Gliederung und im
1 Durch die Einbeziehung der an beiden Langseiten fortlaufenden Ca-
pellen bekam das Langhaus den Charakter einer fünfschiffigen Anlage.
 
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