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Keupp, Jan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Wahl des Gewandes: Mode, Macht und Möglichkeitssinn in Gesellschaft und Politik des Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 33: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34735#0158

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Meine Kleider gab ich auf freiem Feld zwei Holzmännern
sie diinkten sich Helden, sobald sie das Tuch anhatten
Lieder-Edda, Hävamäl, 13. Jahrhundert

2. Die Spielregeln der Identität*

a) Zugewiesene Identität: Das Ritual der Investitur
Uneinigkeit herrschte im Kollegium der Kardinäle, so berichtet die Kölner Königs-
chronik über die Papstwahl des Jahres 1159. Der von einem Teil der Anwesenden
favorisierte päpstliche Kanzler Roland habe sich selbst für unwürdig erklärt, den
päpstlichen Purpurmantel über seine Schultern zu legen: »Als diejenigen dies
vernahmen, welche dem Reich wohlgesonnen gegenüberstanden, erwählten sie den Kar-
dinal Oktavian, einen vornehmen Mann, und nachdem sie ihn nach römischer Sitte mit
dem Mantel bekleidet hatten, nannten sie ihn Viktor und setzten ihn unter Jubelrufen
auf den Stuhl des heiligen Petrus.«1
Der hier referierte Ereignisablauf entspricht zweifellos der Version, wie sie im
Umkreis der Kölner Kirche unter ihrem damaligen Elekten Rainald von Dassel kol-
portiert wurde. Während dieser nach Kräften die Sache Viktors IV. zu unterstützen
und somit nach eigener Auffassung die »Einheit des christlichen Glaubens« wieder-
herzustellen suchte2, galt er seinen kurialen Gegnern als »Werkmeister, Anstifter und
Bannerträger« eines annährend zwanzig Jahre andauernden Schismas3. Die ver-

* Titelformulierung (ohne Artikel) auch bei Krass, Geschriebene Kleider, S. 93.
1 Chronica Regia Coloniensis, hrsg. von Georg Waitz, MGH SS rer. Germ. 18, Hannover 1880,
a. 1161, S. 105: Hoc illi audientes qui imperio favebant, Octavianum cardinalem, virum nobilem, elegerunt
et Romano more immantatum Victorem appellaverunt et in iubilo vocis in sede beati Petri collocaverunt;
qui mox Romae consecratus est Nonas Octobris. Aus der Fülle der Fachliteratur zum Wahlvorgang
hervorgehoben seien: Marshall W. Baldwin, Alexander III and the Twelfth Century, Glen Rock
1968, S. 43-47; Timothy Reuter, The papal schism, the Empire and the West 1159-1169, Oxford
1975, S. 9-22; Willibald Madertoner, Die zwiespältige Papstwahl des Jahres 1159 (Dissertatio-
nen der Universität Wien 136), Wien 1978; Pier Fausto Palumbo, Le doppie elezioni del 1130 e del
1159 e il giudizio di Alessandro III e della sua età sullo scisma precedente, in: Storia e Civiltà 1,
hrsg. vom Centro di studi sulla civiltà comunale, Viterbo 1985, S. 408-429, S. 416-421; Johannes
Laudage, Alexander III. und Friedrich Barbarossa. Ein Beitrag zur Erforschung des Verhältnis-
ses von Kaiser und Papsttum im hohen Mittelalter (Forschungen und Beiträge zur Kaiser- und
Papstgeschichte des Mittelalters 16), Köln/Weimar/Wien 1997, S. 103-123.
2 Hugo de Campo Florido Suessonensis Episcopus, Epistolae, hrsg. von Michel-Jean-Jacques
Brial, in: Recueil des historiens des Gaules et de la France 16, Paris 1878, Nr. 11, S. 202: totisque
viribus intendatis atque cooperemini, ut ad catholicae fidei unitatem Christi fidelium resipiscere queat
universitas. Vgl. August Nitschke, Die Mitarbeiter des jungen Friedrich Barbarossa, in: Landes-
geschichte und Geistesgeschichte. Fs. für Otto Herding zum 65. Geburtstag, hrsg. von Kaspar
Elm/Eberhard Gönner/Eugen Hillenbrand, Stuttgart 1977, S. 56-79, hier S. 69.
3 The Letters of John of Salisbury (Oxford Medieval Texts), Bd. 2: The later letters (1163-1180),
hrsg. von William J. Millor/Christopher Nugent Lawrence Brooke, Oxford 1979, Nr. 277,
 
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