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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0168

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Gerichte und innerstädtische Konflikte

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matische Studie der Wirtschafts- und Sozialgeschichte von S. Siro
erweisen.^ Die herausragende Stellung der Kirche und des neuen
Konvents belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass dort Angehörige
der lokalen Führungsschicht ihre Gräber fanden, wie für die Fami-
lie der Visconti von Genua bezeugt ist.^
Die weitverzweigte Verwandtschaft der alten utcccomücs, deren
ursprünglicher Name auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben
im mgUMm üaücMm verweist, fungierte wohl als örtliche Vertreter
der Markgrafen aus der Familie der Obertenghi.^ Der Zusammen-
halt und das Zusammengehörigkeitsgefühl dieser Verwandtschaft
scheint sich bereits während des 11. Jahrhunderts aufgelöst zu ha-
ben, als sich statt des Beinamens Vicecomes andere Bezeichnungen
einbürgerten, unter anderem die der de Carmadino und de Isola,
deren Besitz im Zentrum jahrhundertelanger Auseinandersetzun-
gen um Zehntrechte in Genua und ihrem Umland standen. Auch
wenn die Geschicke einzelner Zweige dieser Familien kaum nach-
zuvollziehen sind, scheinen sie die Schwerpunkte ihrer Aktivitäten
frühzeitig in die Stadt selbst verlegt zu haben, sie gehörten zu den
Vasallen der Bischöfe der ligurischen Hafenstadt und lassen sich
auch als Protagonisten der frühen Kommune nachweisen.^ Nicht
zuletzt der Konsul und Geschichtsschreiber Caffaro, selbst Betrof-
fener der Urteils von 1111, scheint einem Zweig dieser Verwandt-
schaft zuzuordnen zu sein.^
Das Urteil vom Februar 1111 stellt nicht das erste Zeugnis dafür
dar, dass es zwischen Vertretern der Genueser Kirche und Mitglie-
dern der Verwandtschaft der Vücccomücs zu Unstimmigkeiten über
die Zahlung von Kirchenzehnten gekommen ist. Der Genueser Bi-
schof Obertus, selbst möglicherweise Mitglied der Sippe, bemühte
sich unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Jahr 1052 darum, ei-
nen damals aktuellen Konflikt zu entschärfen.^ In seiner Urkunde
klagt er, es habe lange Auseinandersetzungen zwischen seinen Vor-
gängern und den Visconti gegeben, so dass Letztere sich geweigert
hätten, die Abgaben zu leisten, zu denen sie verpflichtet gewesen
seien. Es ist für die innerstädtische Situation des vorkommunalen

124 Umfangreiche Zehntrechte bestätigte S. Siro Bischof Theodulf im Jahr 952: Carte del monaste-
ro di S. Siro, hg. v. CALLERi 1, Nr. 1 (25. März - 22. September 952), S. 3 ff. Dazu MAccHiAVELLO,
Storia, S. 32 f.; vgl. die knappen Hinweise bei Carte del monastero di S. Siro, hg. v. CALLERi 1,
S. XXIX f.
125 Ebd. Nr. 45 (Juli 1052), S. 76-79.
126 BoRDONE, Visconti; PEm BALBi, Visconti.
127 Die starke - tatsächlich aber nicht dominierende - Präsenz von Vertretern verschiedener Lini-
en der Visconti haben die ältere These motiviert, dieses Geschlecht sei der maßgebliche Träger
der frühen Kommunalentwicklung in Genua; vgl. PEm BALBi, Visconti, S. 699 ff.
128 BELLOMO, A servizio, S. 18-22.
129 Carte del monastero di S. Siro, hg. v. CALLERi 1, Nr. 45 (Juli 1052), S. 76-79. Zu den immer
wieder umstrittenen Zehntrechten der Klöster vgl. CONSTABLE, Tithes.
 
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