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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Mosler-Pallenberg, Heinrich; Schönfeld, Paul: Am Hochzeitsmorgen
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Lenbach, Franz von: Portrait des Fürsten von Bismarck
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Cain, Georges: Marats Büste an den Markthallen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0016

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MODERNE KUNST.

o

Der ist ums Herz es heut so eigen
Wie nie zuvor;
Die hat, versunken ganz in Schweigen,
Für niemand Ohr.
Und, nun sich unter frohen Klängen
Im Hochzeitsstaat,
Indes die andern nach sich drängen,
Der Liebste naht:
Sie fühlt den Blick auf ihrer Wange
Und kann zurück
Ihn geben nicht, als ob ihr bange
Vor all dem Glück ....
Ja, Glück, unnennbar Glück, es waltet
In diesem Raum,
Zu schönster Wirklichkeit entfaltet,
Kein leerer Traum;
Und wem’s das Herz nicht machte wärmer
Gleich Sonnenschein —
Der müfst’ ein sonderbarer Schwärmer
Wie Zola sein!
Paul Schönfeld.

PORTRAIT DES FÜRSTEN VON BISMARCK,
VON
FRANZ LENBACH.

tfs innerhalb der heutigen Portraitmalerei — und ;
zwar keineswegs blofs der deutschen — Franz Len- |
bachs Leistungen in erster Reihe stehen, ist im
In- und Auslande schon längst eine unbestrittene
Thatsache. Ist es ihm doch gelungen, die hervor- I
ragendsten Persönlichkeiten der Gegenwart, die
unsrer Zeit ihr Gepräge aufdrücken, im tiefsten Kerne |
ihres Wesens zu erfassen und dasselbe in wahrhaft
monumentaler Gestalt zu verkörpern. Unter all den
meisterlichen Bildnissen, die an intuitiver Kraft mit |
den genialsten Charakterschilderungen der Poesie und ■
der Geschichtsschreibung wetteifern, sind es vor-
nehmlich diejenigen des deutschen Reichskanzlers, welche Lenbachs j
Namen populär machten. Hier tritt der gewaltige Staatsmann dem
Beschauer in seiner ganzen weltgeschichtlichen Bedeutung, in seiner
unbeugsamen Energie und Überlegenheit entgegen, mit einer über- I
zeugenden Kraft geschildert, welche diesen Darstellungen den gleichen
Wert verleiht, wie er den Werken eines Holbein, Tizian, van Dyck
und anderer grofser Menschendarsteller innewohnt. Um Schöpfungen
dieser Art hervorzubringen, ist neben einer aufsergewöhnlichen Natur- '
anlage ein langes und begeisterungsvolles Ringen vonnöten, und auch
Lenbach hatte einen weiten Weg zurückzulegen, ehe er sich zur Höhe I
seines Gestaltungsvermögens emporschwang.
Als Sohn eines Maurermeisters 1836 zu Schrobenhausen in Ober-
bayern geboren und zu dem gleichen Gewerbe bestimmt, besuchte
Lenbach zunächst die technischen Schulen in Landshut und Augsburg,
begann jedoch nebenher sich im Zeichnen und Malen zu versuchen
und fafste dabei eine solche Neigung zum Künstlerberuf, dafs er nach
dem Tode des Vaters 1856 die Münchener Akademie bezog und in
Pilotys Atelier eintrat. Hier schuf er zunächst eine Reihe ländlicher
Genrebilder, deren Ertrag es ihm ermöglichte, seinen Lehrer 1858
auf einige Monate nach Rom zu begleiten. Die Hauptfrucht dieses
Aufenthaltes war eine Ansicht des römischen Forums, die durch ihre
Auffassung und techniche Vollendung allgemeines Aufsehen erregte.


Mit dem Portrait eines Arztes betrat er bald darauf das Gebiet, auf
dem sich später seine Thätigkeit konzentrierte. Eifriges Studium
Tizians und Rembrandts reizte ihn, die Malweisen dieser grofsen
Meister zu einer höheren Einheit zu verbinden, und noch hatte er
seinen eigenen Weg nicht gefunden, als ihn der Grofsherzog von
Weimar 1859 an seine Kunstschule berief, von der er unbefriedigt
schon im nächsten Jahre nach München zurückkehrte. Hier wurde
die Bekanntschaft mit dem Grafen von Schack von tief eingreifender
Bedeutung für seine fernere Entwicklung. Durch eine vorzügliche
Kopie nach einem Rubensschen Bilde wurde der Graf auf ihn auf-
merksam und beauftragte ihn, nach Italien zu gehen, um für seine
Gallerie eine Reihe alter Meisterwerke zu kopieren. Im Zeitraum von
drei Jahren reproduzierte Lenbach eine Anzahl erlesenster Arbeiten
von Tizian, Giorgione, Andrea del Sarto u. a. und machte sich dabei
aufs innigste vertraut mit der Weise der alten Meister. 1867 begab
er sich im Auftrage des genannten Kunstmäcens nach Madrid, wo
er aufser mehreren venezianischen Gemälden auch ein Bildnis von
Velasquez kopierte, und unternahm dann mit dem Grafen Schack eine
Reise durch die pyrenäische Halbinsel, die ihm reichste Anregung
darbot und auch einige Landschaftsbilder entstehen liefs. Die herr-
lichste Frucht aber trug das Studium der klassischen Vorbilder in
seinen Portraits und Studienköpfen, in denen. die gewonnene kolo-
ristische Meisterschaft und die vorzügliche Wiedergabe individuellsten
Seelen- und Geisteslebens ihre höchsten Triumphe: feierte. Nachdem
Lenbach in München u. a. den Grafen Schack, Paul Heyse, Richard
Wagner, Liszt, Böcklin und Makart portraitiert, riefen ihn zahlreiche
Aufträge nach Wien, wo er von 1872—.74! weilte und den Kaiser
von Österreich und viele Mitglieder der österreichisch - ungarischen
Aristokratie malte. In Berlin entstanden 1879 die Bildnisse des
deutschen Kaisers, der kronprinzlichen Familie, des Grafen Moltke
und des Reichskanzlers, welchen letzteren sich später das Portrait des
Papstes Leo XIII. ebenbürtig zur Seite stellte. Von seinen sonstigen
Arbeiten erwähnen wir noch die Bildnisse des Königs von Bayern,
des Grofsherzogs von Baden, Gladstones, Minghettis, Pilotys, Gedons
und der Gräfin Maria von Schleinitz.
Die aufserordentliche Vielseitigkeit, mit welcher Lenbach den ver-
schiedenartigsten Aufgaben gerecht wird, trat recht deutlich zu Tage
in einer zu Ende des vorigen Jahres zu Berlin veranstalteten Sonder-
ausstellung von 40 Ölbildern und Pastellzeichnungen, die noch beson-
deres Interesse dadurch boten, dafs der Meister sie aus freiem Antriebe
und nur für sich ausführte, sodafs er dabei ausschliefslich seine künst-
lerischen Intentionen verwirklichen- konnte. Hier war wie nie zuvor
Gelegenheit geboten, in die Kunstweise Lenbachs einzudringen, die
wohl kaum besser gewürdigt werden kann, als es Graf Schack in
dem lesenswerten Buche über seine Gemäldesammlung mit den Worten
gethan hat: „Man kann ein gutes Bildnis daran erproben, ob es auch
ohne Rücksicht auf die dargestellte Person Interesse hervorruft; wenn
es den Charakter, das innere Wesen eines Menschen, nicht blofs dessen
äufsere Physiognomie wiedergiebt, so wird es nach Jahrhunderten
ebenso interessieren wie heute. Nur dann ist es ein echtes Kunst-
werk, und auf diesen Namen haben Lenbachs Bildnisse vollgiltigen
Anspruch“.

VI.
MARATS BÜSTE AN DEN MARKTHALLEN.
VON
GEORGES GAIN,
Wenn man die fragwürdigen Helden Revue passieren läfst, die
in der grofsen französischen Revolution unter dem Wahlspruche der
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit jedem menschlichen Gefühle
Hohn sprachen, so findet man kaum eine zweite, die einen wider-
wärtigeren Eindruck erregte als Jean Paul Marat, und vermag sich
kaum die Macht zu erklären, welche dieses Scheusal, bar jedes grofsen
Zuges, der einem Danton und Robespierre bei aller Verworfenheit
 
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