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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Brunner-Dvořák, František: Viola
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Werner, Fritz: Marketenderin zwischen den Regimentern "Dessau" und "Bayreuth"
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0119

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LXIX.
v IOI _j _A. --
VON
FRANZ DVORAK.
us einem engbegrenzten Kreise stammen die Vorwürfe
zu den Bildern Dvoräk’s, aber trotz seiner Kleinheit um-
fasst derselbe einen so reichen Schatz, dass der fleissigste
Maler ihn nicht zu leeren vermag. Ernst und Frohsinn,
Glück und Trauer ist in ihm verkörpert, all das, was
des Menschen Herz erhebt und niederdrückt. Holde
Frauengestalten und kleine Knirpse spielen die Haupt-
personen in den' Schilderungen Dvoräk’s; sie in allen
Variationen, in immer neuen Situationen, von den ver-
schiedensten Gefühlen bewegt, zu schildern, ist die Auf-
gabe des Künstlers, der sich schon in jungen Jahren als
Meister erwiesen hat. Bei seinem ersten Auftreten vor
einem grösseren Publikum errang er durch seine Schöp-
en Sieg; die von ihm im vorigen Jahre auf die Berliner
Kunstausstellung gesandten Arbeiten „Ein Atelierstreich“ und „Kinder mit
Fächer“ machten alle Welt begierig auf die weitere Entwickelung dieses
originellen Talents. Und der Künstler hat wacker gehalten, was er zu
versprechen schien; jede seiner neuen Schöpfungen war interessant, fesselnd,
sowohl durch Inhalt wie Form. Die nackten Kinderkörper, die Spiele der
munteren Kleinen, das Mutterglück — alle Episoden des intimen Verkehrs
zwischen Mutter und Kind, alle Stimmungen und Verstimmungen, die dabei
zu Tage treten — in immer neuen Darstellungen verkörperte er diese
Motive, welche, so oft sie auch schon behandelt waren, in dieser Fassung
neu und originell erschienen. „Hoppe Reiter1“ — welches Bild wir bereits
früher reproducirten —, „Des Hauses Segen“, „Ballspielende Kinder“ sind
einige der neueren Bilder des fleissigen Malers. Auch an der Schilderung
weiblicher Schönheit liess er es nicht fehlen, und der diese Lieferung
schmückende Mädchenkopf „Viola“ zeigt, dass er in der Wiedergabe der
weiblichen Reize dieselbe Meisterschaft entfaltet, wie in der Darstellung
der Kinder.
Franz Dvorak, dessen eigentlicher Name Brunner ist, stammt aus
Böhmen. Geboren in Prelouc im Jahre 1862, begann er seine ersten künst-
lerischen Studien im Alter von achtzehn Jahren. Nach zweijährigem Aufent-
halte an der Wiener Kunstakademie ging er nach München, wo er bei den
Professoren Seitz und Lindenschmit studirte. Die ungewöhnlich grossen
Erfolge, welche der Künstler bei Beginn seiner Laufbahn davontrug, lassen
eine glänzende Entwickelung des eigenartigen Talents erwarten.
MARKE TE NDE RIN
ZWISCHEN DEN REGIMENTERN
„DESSAU“ UND „BAYREUTH“
VON
FRITZ WERNER.
In die Geheimnisse des Werdeprozesses eines Kunstwerks einzudringen,
hat für den Laien besonderen Reiz. Der Künstler lässt seine Gebilde
gleichsam aus dem Nichts entstehen; unter seinen Händen wird die Lein-
II. 11.

wand, das Papier, der Thon lebendig. Aber von dem Reifen der Idee,
von den verschiedenen Gedanken und Stimmungen, welche den Urheber
bewegen, dringt nur selten etwas in die Oeffentlichkeit. Für die Arbeit
des Schriftstellers gilt dies in noch grösserem Masse als für die Thätigkeit
des Malers. Zuweilen tritt ein Autor aus der Reserve heraus, wie Alphonse
Daudet es jüngst gethan, und erzählt die Geschichte seiner Werke und
schildert die Personen, welche er mehr oder weniger naturgetreu gezeichnet
hat; aber diese Fälle sind doch nicht häufig. Anders beim Maler. Er wird
nur in seltenen Fällen sein Werk ohne Vorarbeiten, so zu sagen, in einem
Zuge fertigstellen — als gewissenhafter Künstler malt er die Details auf Grund
von wirklich Gesehenem, vor seinen Augen plastisch Gewordenem. Bald
wird es sich darum handeln, die beste Stellung für eine Figur zu finden,
bald sind es die Gesichtszüge, welche einen möglichst charakteristischen
Ausdruck zeigen müssen, Bekleidungs- und Beleuchtungseffekte, die Wie-
dergabe der Thätigkeit von Personen, Alles dies erfordert Studien, genaue
Betrachtung der Natur. In diesen vorbereitenden Skizzen, die scheinbar
so flott, oft mit wenigen Strichen, hingeworfen sind, offenbart sich die
wahre Meisterschaft des Künsters; sein Genius wird ihn ohne viele Um-
schweife das Richtige finden lassen. Aus den Studien und Skizzen werden
kleine Meisterwerke, an denen nichts Schwerfälliges, Mühsames haftet.
Es ist klar, dass das Studium vergangener Zeiten, die wahrheitsgetreue
Schilderung von Begebenheiten, über die nur schriftliche Berichte von Zeit-
genossen vorliegen, eine ungleich grössere Arbeit erfordern, als die Darstel-
lungen aus dem modernen Leben. Da tritt zu jenen künstlerischen, zeich-
nerischen Studien noch das Suchen in den Archiven, Museen, Bibliotheken
nach Anhaltspunkten für die Schilderung der Kostüme, Waffen etc. Wer
nicht Fehler begehen will, die den Eindruck des Bildes wenigstens für den
Kenner stören, muss genaue, Jahre lange Studien treiben, deren interessante
Resultate allerdings für die aufgewendete Mühe reichlich entschädigen.
Professor Fritz Werner gehört zu jener kleinen Schaar von Künstlern,
welche das Zeitalter Friedrichs II. zum Gegenstände ihrer Darstellungen
gewählt haben, und zu jenem noch kleineren Kreise von Malern, welche mit
völliger Beherrschung des Stoffes an ihre Aufgabe herantreten. Man muss
den Namen Adolf Menzel’s nennen, will man dem Maler der „Marketen-
derin" einen gleich gründlichen Kenner des friedericianischen Zeitalters
gegenüberstellen.
Werners Bild „Marketenderin“, welches 1886 auf der Berliner Jubi-
läumsausstellung sich befand und von der Nationalgalerie angekauft wurde,
stellt eine Marschscene aus dem siebenjährigen Kriege vor, wie sie sich
oftmals abgespielt haben mag. In gleicher Richtung bewegen sich In-
fanterie und Kavallerie fort; eine Anhöhe, auf der eine Mühle steht, hat
sie getrennt und schreibt ihnen jetzt den Abstand vor. Das Reiterge-
schwader des Dragoner-Regiments „Bayreuth“ ist als wirksamer Abschluss
prächtig am Platze; der Staub, den die vom Hügel in schnellem Trabe
herabstürmenden Pferde aufwirbeln, verdeckt den weiteren Ausblick. Auf
dem Abhange des Mühlenhügels hat eine kleine Schaar rother Husaren
Posto gefasst, die Begleittruppe des Befehlshabers, welcher von der Mühle
aus die im Marsch befindlichen Kolonnen überschaut. Das Regiment
„Dessau“, welches, mit seinen Trommlern voran, rüstig fürbass schreitet, ist
mit besonderer Sorgfalt geschildert; jede Gestalt ist echt, von höchster
Lebenswahrheit. An der Spitze des Regiments, aber etwas zur Seite, wie
es die Subordination vorschreibt, reitet die Marketenderin auf ihrem zottigen
Pferde, das nicht nur die Vorräthe für die hungrige und durstige Mann-
schaft, sondern auch noch obendrein sein Futter schleppen muss. Der
magere Hund, welcher etwas trübselig hinter der Gruppe der martialisch
dreinschauenden Trommler einhertrottet, wird wohl Eigenthum der „Regi-
mentsmutter“ sein; man sieht es ihm an, dass er die Strapazen des Kriegs-
lebens kennen gelernt hat. Zwischen der Marketenderin und den die Spitze
 
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