Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

DOI Heft:
Bilderklärungen
DOI Artikel:
Der Taschenspieler Vautier, Benjamin
DOI Artikel:
Der heilige Grundel-oder Kammersee Becker, August
DOI Artikel:
Ein Konzert in Alt-Aegypten Calbert, A.
DOI Artikel:
Ländliche Idylle Eberle, Adolf
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0026

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8

MODERNE KUNST.

zu ziehen, die mit erstaunlich wenigen Mitteln die Erscheinungen des
Lebens in überzeugender Realität vor Augen führen. Dasselbe gilt von
den köstlichen Kompositionen zu Immermanns „Oberhof“, in denen sich
Vautier als einer der feinsinnigsten Illustratoren bewährt hat.

XIV.

DER HEILIGE GRUNDEL- oder KAMMERSEE
VON


AUGUST BECKER.
den hervorragendsten Naturschönheiten des an land-
schaftlichen Reizen so reichen Salzkammerguts gehört
der romantisch gelegene Grundelsee, der sich bekanntlich
aus drei durch Landengen getrennten Teilen zusammen-
setzt. Überraschend ist besonders der Anblick, der sich
dem Wanderer darbietet, wenn er, vom mittleren Teil
herkommend, der auch Teplitzsee genannt wird, sich
durch den dichten Buchenwald durchgearbeitet hat und
nun den hinteren Grundel- oder Kammersee vor sich sieht,
den unser Holzschnitt in so malerisch wirksamer Weise
wiedergiebt. Umschlossen von steil emporsteigenden Fels-
wänden, die dem Sonnenlicht nur von oben den Zugang

gestatten, ruft das einsame Gewässer mit seinem dunkelgrünen Spiegel

einen ganz eigentümlichen, geheimnisvollen Eindruck hervor, der noch ver-
stärkt wird durch die imposante Umgebung, die mächtigen Felsblöcke, die
rings am Ufer lagernd an die gewaltigen Umwälzungen der Urzeit erinnern,
und die in die Felsspalten eingezwängten hohen Tannen, die, kahl und mit
lang herabhängendem Moos bewachsen, von dem Wüten der Naturgewalten
Zeugnis geben, die hier in der rauhen Jahreszeit sich austoben.
Der treffliche Künstler, von dem das poesievolle Bild des herrlichen
Sees herrührt, weilt leider seit dem 19. Dezember 1887 nicht mehr unter
den Lebenden. In voller Schaffenskraft stehend, erlag August Becker im
65. Lebensjahre, nachdem er soeben die letzte Hand an ein für den König
von Rumänien bestimmtes Werk gelegt, einem Schlaganfall, der einer an
ernstem und gedeihlichem Wirken reichen Laufbahn ein jähes Ende be-
reitete. Nachdem er den ersten Unterricht in seiner Heimat Darmstadt
bei dem Landschaftsmaler Schilbach empfangen, begann er 1840 an der
Düsseldorfer Akademie seine Studien als Landschaftsmaler und unternahm

bald darauf Reisen nach den norwegischen Hochgebirgen, nach Tirol, der
Schweiz und den schottischen Hochlanden, deren mächtige Eindrücke er
in zahlreichen Bildern meist grossen Umfangs verwertete. Durch charakter-
volle Auffassung und fleissigste Durchführung ausgezeichnet, halten sich
dieselben fern von jeder konventionellen Schönmalerei, die damals in Düssel-
dorf den Ton angab. Als seine bedeutendsten Werke sind zu nennen ein
norwegisches Alpenglühen und die Hurongen bei Mitternachtssonne (1846),
eine norwegische Hochebene (1861), Abendlandschaft aus dem Berner
Oberland, das Kaisergebirge in Tirol (1864), der Königssee im Sturm (1872),
der Dachstein, der Wallensee in der Schweiz, Überschwemmung am Nieder-
rhein und eine Partie vom Hardangerfjord, die auf der vorjährigen aka-
demischen Kunstausstellung zu Berlin mit ihren vorzüglichen Beleuchtungs-
effekten einen Höhepunkt der landschaftlichen Abteilung bildete. Für die
Königin von England, deren Töchtern er Unterricht in der Landschafts-
malerei erteilte, brachte Becker mehrere Ansichten aus der schottischen
Gebirgswelt und von Schloss Balmoral zur Ausführung. In den letzten
Jahren seines Lebens war er besonders durch Aufträge des Fürsten von
Hohenzollern und des Königs von Rumänien beschäftigt.

EIN KONZERT IN ALT-AEGYPTEN

VON


A. CALBET.

ind wir über die bildende Kunst des alten Pharaonen-
landes dank den eifrigen wissenschaftlichen Forschungen
der letzten Jahrzehnte ziemlich genau unterrichtet, so
wird sich dagegen von der altägyptischen Musik ebenso-
wenig je eine deutliche Vorstellung gewinnen lassen, wie
es in Ermangelung der nötigen Urkunden bei der griechi-
schen Musik der Fall ist. Dass dieselbe jedoch ebenfalls
weit von derjenigen Ausbildung entfernt war, zu der
sich die moderne Musik erhoben hat, ist schon aus den
Instrumenten zu schliessen, die uns in bildlichen Dar-
stellungen überliefert sind, und so würden denn auch
unsere verwöhnten Ohren schwerlich besondere Be-

friedigung bei Anhörung des Konzerts empfinden, welches die jugendlichen
Virtuosinnen des Calbetschen Gemäldes, mögen sie auch besser geschult
sein als so viele unserer klavierbearbeitenden Damen, im Vorraum des stil-
gerecht ausgestatteten Tempels aufführen. Die Lotosblumen, mit denen
sie 'geschmückt sind, wie die metallene Klapper im Vordergrunde deuten
darauf hin, dass die musikalische Huldigung dem Osiris gilt, neben Isis
dem Hauptgotte der ägyptischen Mythologie, der als Schirmer der Kultur
und auch als Erfinder und Beschützer der edlen Tonkunst verehrt wurde.

XVI.
LÄNDLICHE IDYLLE

VON
A ADOLF EBERLE.
nter denjenigen Malern der Münchener Schule, deren
Spezialität das ländliche Genre bildet, hat sich Adolf
Eberle durch eine Anzahl von Schöpfungen hervorgethan,
die durch ihre Wahrheit und Anmut nicht selten an
Defregger, den gefeierten Hauptvertreter dieses Faches,
erinnern. Am 11. Januar 1843 als Sohn des Tiermalers
Robert Eberle zu München geboren, bezog er schon in
jungen Jahren die dortige Akademie, wo er sich als
Schüler Pilotys so schnell zu einem tüchtigen Sitten-
schilderer und Koloristen entwickelte, dass er bereits im
Alter von 18 Jahren mit seinem ergreifenden Bilde „Die
Pfändung der letzten Kuh“ einen aussergewöhnlichen
Eine Zeit lang malte er dann vorzugsweise Vorgänge aus.
dem Kriegsleben, unter denen besonders eine „Vorpostenszene“, die „Lager-
schule aus dem 30jährigen Kriege“ und die „Einquartierung von Panduren“
zu nennen sind. Diesen Arbeiten folgten das „Liebesgeständnis“, „Die
verunglückte Musikprobe“, „Der Hochzeitstag“, „Nach der Taufe“, „Der
Unterricht auf der Zither“, „Die alte Innsbruckerin mit ihrer Enkelin“, „Der
Brauttanz“, „Das Tischgebet“, „Der erste Rehbock“, die in gegenwärtigem
Hefte veröffentlichte „Idylle“, welche beweist, dass Eberle das Talent seines
Vaters, Schafe zu malen, in vollem Umfange geerbt hat, ferner „Der
Besuch des Jägers bei der Sennerin“, „Im Hundestall“, „Das verspätete
Mittagessen“ und andere Szenen aus dem Jäger- und Bauernleben der
bayrischen und Tiroler Gebirge, in denen das Thun und Treiben dieser
Naturkinder eine ebenso getreue wie künstlerisch durchdachte Wiedergabe
gefunden hat.
 
Annotationen