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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Friedrich III.: deutscher Kaiser und König von Preussen
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XXIII.


FRIEDRICH III.
DEUTSCHER KAISER UND KÖNIG VON PREUSSEN.

aiser Friedrich hat die Nachlassenschaft seines hochseligen
Vaters angetreten, die Nachlassenschaft der Kaiserwürde
zugleich mit der der preussischen Königskrone. In die
tiefe Trauer um den dahingeschiedenen Monarchen mischt
sich die Freude des deutschen Volkes, dass dem viel-
geliebten Kronprinzen, „unserem Fritz“, vergönnt ist,
die Krone zu tragen, deren er in jeder Beziehung so
werth ist. Schien es doch, als wollte ein heimtückisches
Geschick — die Krankheit, welche seit Jahresfrist den Kron-
prinzen befallen hatte — den Gang der Natur verändern und
den in der Kraft der Mannesjahre stehenden Sohn eher dahin-
raffen, als den greisen Vater. Ist auch die Sorge um das

Leben des siechen Kaisers in Aller Herzen lebendig, so müssen wir doch

vertrauensvoll unsere Blicke auf die Zukunft richten, und zu den Segens-

wünschen und Bitten um Gesundheit tritt das Gelöbniss, was auch die
Zukunft bringen mag, in Fassung und Demuth hinzunehmen. Unter
Aufgebot der ganzen ihm gebliebenen Kraft hat Kaiser Friedrich nicht
einen Augenblick gezögert, aus dem sonnigen Süden in die Heimath zurück-
zukehren, und dieser von erhabenster Herrschertugend und treuester Pflicht-
erfüllung diktirte Schritt zeigt, dass Kaiser Friedrich, sich selbst und dem
Volke getreu, als Kaiser erfüllen wird, was er als Kronprinz versprochen.
Ein würdiger Sohn des Entschlafenen, wird auch er sein Leben dem Wohl
des Vaterlandes weihen.

Prinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kronprinz des deutschen Reiches
und von Preussen, der jetzige Kaiser Friedrich, ist am 18. October 1831
im Neuen Palais zu Potsdam geboren worden. In der Taufe erhielt er
die Namen Friedrich Wilhelm Nikolaus Karl. Nachdem er die Kinderjahre
unter weiblicher Erziehung zugebracht hatte, erhielt er 1840 einen Gouver-
neur und wurde 1841 zum Seconde-Lieutenant im I. Garderegiment zu
Fuss ernannt. Die am 3. Juni 1849 erfolgte Beförderung zum Premier-
Lieutenant schloss die Jugendjahre ab, am 18. October .1849 wurde Prinz
Friedrich Wilhelm volljährig. Der Prinz bezog nun die Universität Bonn,
wo er bis Ostern 1852 verweilte. Seine militärische Carriere fortsetzend,
wurde er 1852 zum Hauptmann, am II. September 1853 zum Major
und am 31. August 1855 zum Oberst befördert. Im letztgenannten Jahre,
am 29. September, verlobte sich der Prinz mit der Prinzessin Victoria von
England. Die öffentliche Verkündigung des Verlöbnisses erfolgte jedoch
erst am 16. Mai 1857. Nachdem der Prinz mit Beginn des Jahres 1857
die Führung des 11. Infanterieregiments übernommen und zu diesem Zwecke
nach Breslau übergesiedelt war, erfolgte am 3. October 1857 die Ernennung
zum Commandeur der I. Garde-Infanterie-Brigade. Es war dies die letzte
Auszeichnung, die König Friedrich Wilhelm IV. seinem Neffen zu theil
werden liess. Die Beförderung zum General-Major erfolgte bereits durch
den Prinzen von Preussen, und zwar am Hochzeitstage, dem 25. Januar
1858. Die Hochzeit fand in der Kapelle des St. Jamespalastes zu London
in der Mittagsstunde statt. Wenige Tage später, am 4. Februar, betrat
das junge Paar den preussischen Boden und am 8. Februar fand der feier-
liche Einzug in Berlin statt. Am 20. November 1858 wurde das Berliner
Palais bezogen, von 1859 an diente das Neue Palais in Potsdam zur Sommer-
residenz. Am 27. Januar 1859 .verkündete der Donner der Kanonen der
Hauptstadt das freudige Ereigniss: die Prinzessin Friedrich Wilhelm schenkte
ihrem Gemahl den ersten Sohn, Prinzen Wilhelm, den jetzigen Kronprinzen.

II. 4.

Am 2. Januar 1861 starb aut Schloss Sanssouci König Friedrich
Wilhelm IV., der Vater des Prinzen wurde König von Preussen. Am
zweiten Geburtstage des Prinzen Wilhelm wurde der Kronprinz Friedrich
Wilhelm zum Statthalter von Pommern ernannt. Die nächste Zeit war
eine ruhige und glückliche; die Familie des Kronprinzen wurde durch die
Geburt der Prinzessin Charlotte (24. Juli 1860) und des Prinzen Heinrich
(14. August 1862) erweitert. Während des schleswig-holsteinischen Krieges,
befand sich der hohe Herr beim Stabe des Generalfeldmarschalls von Wrangel.
Nach dem Kriege ernannte ihn der König, zum commandirenden General
des II. Armeecorps. In die Zeit zwischen dem dänischen Kriege und dem
Feldzuge gegen Oesterreich fällt das Leben des Prinzen Sigismund, der
als dritter Sohn des kronprinzlichen Paares am 15. September 1864 ge-
boren wurde und bereits am 18. Juni 1866 aus dem Leben schied. Bei
Ausbruch des Krieges im Jahre 1866 trat der Kronprinz an die Spitze
der II. Armee; bekannt ist das entscheidende rechtzeitige Eingreifen des
Kronprinzen in den Gang der Schlacht von Königgrätz. Auf dem Schlacht-
felde selbst überreichte ihm der König den Orden Pour le merite. Noch
vor Beginn des Krieges, am 12. April 1866, ward die Prinzessin Victoria
geboren, ihr folgte der Prinz Waldemar, geboren am 10. Februar 1868,
und die Prinzessin Sophie, geboren am 14. Juni 1870. Im Kriege gegen
Frankreich wurde dem Kronprinzen der Oberbefehl über die III. Armee
zu theil. Mit dem Stabe des General-Feldmarschalls geschmückt, nach
der Kaiser-Proclamation von Versailles zum Kronprinzen des Deutschen
Reiches ernannt, kehrte er in das Vaterland zurück, begrüsst von dem
Jubel des Volkes. Es folgten jetzt wiederumJahre des höchsten irdischen
Glückes für den Kronprinzen; am 22. April 1872 schenkte ihm die
Kronprinzessin noch eine Tochter, Margaretha, und am 18. Februar 1878
reichte die älteste Tochter, Prinzessin Charlotte, ihre Hand dem Erb-
prinzen von Meiningen zum Ehebunde. Die fluchwürdigen Attentate des
Jahres 1878 und der Tod des Prinzen Waldemar (27. März 1879) warfen
die ersten dunklen Schatten auf die bisher so reich gesegnete Lebensbahn;
der Kronprinz musste die Stellvertretung des Kaisers und Königs über-
nehmen, hatte jedoch die Freude, den Kaiser wieder genesen zu sehen.
Das Jahr 1879 brachte neue Freude; am 12, Mai schenkte die Erbprinzessin
Charlotte von Meiningen ihrem Gemahle eine Tochter, dem Kronprinzen
das erste Enkelkind, die Prinzessin Feodora. Der 2. Juni 1880 war ein
weiterer Freudentag; der älteste Sohn des Kronprinzen, Prinz Wilhelm,
verlobte sich mit der Prinzessin Auguste Victoria von Schleswig-Holstein.
Am 27. Februar 1881 fand in der Kapelle des königlichen Schlosses zu
Berlin die Trauung des jungen erlauchten Paares statt. Der 6. Mai 1882
brachte junges Glück in das Marmorpalais; der Kronprinz wiegte den
ersten Knaben seines Sohnes auf dem Arme, dem drei weitere Enkel folgten.
In der Erfüllung seiner mannigfachen Pflichten, die ihn oft weit über
die Grenzen des Vaterlandes, nach Oesterreich, Russland, Italien, dem
Orient, Frankreich, Spanien und England führten, in der Förderung aller
nationalen Interessen und in dem trauten Verkehre mit seiner Familie
bethätigte der Kronprinz die schönsten Eigenschaften eines Fürsten: Milde
und Gerechtigkeit, Edelmuth und Pflichttreue. Unermesslich war daher der
Schmerz des deutschen Volkes, als im vorigen Jahre ein langwieriges Leiden
sein Leben bedrohte, riesengross die Bestürzung, als kein Zweifel mehr
an der ernsten Natur der heimtückischen Krankheit sein konnte. Wie
der Kronprinz sein Leiden getragen hat, mit welcher Standhaftigkeit er
jeden Kleinmuth von sich wies, dies Alles ist in Jedermanns Gedächtniss,
und diese Züge eines grossen Charakters haben dem edlen Dulder die
Sympathien der ganzen Welt eingetragen. Möge ein gütiges Geschick
dem neuen Kaiser ein langes Leben verleihen — zum Heil des Vaterlandes,
das erst soeben einen schweren, unersetzlichen Verlust zu beklagen hat.
 
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