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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Beppo: von Eugen von Blaas
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Reymond, Maurice: Der Lautenspieler von T. Conti
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0055

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XXIX.
BEPPO
VON
EUGEN vonBLAAS.

Der Maler dieses köstlichen kleinen Buben,
der aus seinen grossen braunen Augen unter
den dichten schwarzen Wimpern und den ihm
über Stirn und Brauen hereinhängenden dunkeln
glänzenden Haaren hervor so ernsthaft den
Beschauer anblickt, gehört einer österreichi-
schen Künstlerfamilie an. Sein Vater, Carl
Biaas, war 1815 zu Meuders in Tirol geboren.
Er suchte seine Ausbildung als Maler in
Venedig, in Florenz und Rom, hier wurde er
zum künstlerischen Evangelium der deutschen
Nazarener bekehrt. In ihrem Sinne gedacht,
aber doch mit geringerer Gleichgültigkeit
gegen das Kolorit gemalt, sind die zahl-
reichen religiösen Darstellungen Wand- und Staffeleigemälde, welche er,
der 1850 als Professor an die Akademie zu Wien berufen wurde,' dort
und in Ungarn ausführte. Fünf Jahre später nahm er eine Professur
an der Akademie zu Venedig an. Von jener nazarenischen Richtung
hatte er sich gründlich befreit. Er wurde ein trefflicher Bildnissmaler,
und zeichnete sich nicht minder im historischen und mythologischen
Genre, als in der Profan-Geschichtsmalerei aus. Mit Wandgemälden aus
dem Leben des Prinzen Eugen schmückte er einige Räume der Hofburg
zu Wien; mit Bildern aus der österreichischen Kriegsgeschichte das dortige
Arsenal. Für seine beiden begabten Söhne Eugen, geboren zu Albano 1843
und Julius, geboren ebendaselbst 1846, wurde der Vater der erste Lehrer
in seiner Kunst, der ihnen die beste, sicherste Grundlage für ihre weitere
Entwickelung durch seinen Unterricht und sein'Beispiel gegeben hat. Julius’
künstlerische Stärke liegt besonders in jenen Darstellungen aus dem heutigen
Volksleben Oesterreich-Ungarns oder aus der älteren Zeit, in welchen den
Thieren, den Pferden und Rindern eine Hauptrolle zugewiesen ist. Auf
der diesjährigen internationalen Kunstausstellung zu Wien sieht man ein
grosses lebensvolles Bild eines „Pferdemarktes in Bischofshofen“, und ein
kleineres, vorzüglich gemaltes, und sehr ergötzliches Werk: „Der Sohn.“
Ein ungarischer Rekrut bei der Kavallerie wird bei einer winterlichen
Reitübung auf der schneebedeckten freien Bahn von seinen Eltern, einem
ungarischen Bauernpaar, erkannt und mit elterlicher Freude und Stolz
begrüsst. —
Eugen (Vater und Söhne sind geadelt worden und führen den
Titel „Ritter von“) setzte seine in der väterlichen Werkstatt begonnenen
Studien an der damals noch kaiserlich-königlich österreichischen Akademie
zu Venedig, dann an der zu Wien fort. Sein schönes und gefälliges Talent
entwickelte sich rasch. Hier wie dort errang er die ersten akademischen
Preise. Als Stipendiat der Wiener Akademie ging er nach Rom und Paris.
Nachdem er auch England und Belgien besucht hatte, wandte er sich zu
dauerndem Aufenthalt nach Venedig, das ihn mit gleich unwiderstehlicher
Macht gefesselt hält wie seine österreichischen Kunstgenossen Passini und
Ruben. Eugen von Biaas ist ausserordentlich produktiv. In Bezug auf die
Wahl seiner Gegenstände nichts weniger als einseitig, beweist er in Allem,
was er malt, den Besitz gerade der Eigenschaften, mittelst derer der
Künstler die Seelen der Menschen am sichersten gewinnt und fesselt. Seine
Frauen-, Mädchen- und Kindergestalten und Köpfe sind meist mit holder
Anmuth und Grazie geschmückt. Seine Farbe ist reich und harmonisch,
II. 5.


warm und leuchtend; seine Malerei giebt dieser Farbe einen edeln Schmelz,
der sie den Augen doppelt wohlthuend und einschmeichelnd macht. Die
Zeichnung und die Durchführung sind höchst liebevoll und gewissenhaft.
Eugen von Biaas errang seine ersten grossen Erfolge durch
historische Genrebilder, deren Stoff ihm das italienische Mittelalter gab;
die Dogaressa, die Einleitung zum Decamerone, der Edelknabe, der
Brautzug in San Marco u. A. In ihnen allen herrscht eine eigenthümlich
feierliche Anmuth. Die Bewegungen der Gestalten sind fast immer ruhe-
voll und von schönem Rhythmus. Alles Wilde, Leidenschaftliche, Rohe
und Hässliche ist strenge ausgeschlossen von diesen Darstellungen. Bei
allem ernsten Naturstudium wird er doch nie naturalistisch im modernen
Sinne, so wenig in dem, was er darstellt, wie in der Art seiner Behand-
lung, welche dafür die Gefahr, den Bildern eine porzellanartige Glätte zu
geben, nicht immer vermeidet. — In neuerer Zeit hat Eugen von Biaas sich
mehr und mehr den Schilderungen aus der ihn im heutigen Venedig um-
gebenden Wirklichkeit zugewendet. Einzelne Mädchen- und Kindergestalten,
voll jener eingeborenen unbewussten Grazie und jenem Liebreiz, welche
durch armselige Tracht, Schlumpigkeit und Schmutz kaum etwas von ihrem
Zauber einbüssen, und einfache Scenen, wie man sie täglich auf den Gassen,
den Plätzen, den Canälen, in den Kirchen und Palasthöfen der Lagunenstadt
beobachten kann, und wie sie Passini, Pozzos, Favretto, Ruben den unerschöpf-
lichen Stoff zu ihren venezianischen Bildern gegeben haben, bilden auch
die Gegenstände vieler der liebenswürdigsten Schöpfungen Eugens von Biaas
aus den letzten Jahren. Die grösste Wirkung unter seinen derartigen
Bildern hat das der lebensgrossen Einzelgestalt eines venezianischen
Mädchens („Ninetta“) gemacht. In der Thür eines Hauses vor dem dunkeln
Hintergründe des Flures steht sie auf der Schwelle der zu dem vorbei-
fliessenden Canal hinabführenden Treppe in einer Stellung voll entzückender
Anmuth und Koketterie, die linke Hand auf die Hüfte gesetzt, den roth-
bestrumpften rechten Fuss im Knöchel biegend, die lachenden blauen
Augen von übermüthiger Lebenslust strahlend, die Glieder von heiss-
pulsirender Lebenskraft geschwellt. Dies vielbewunderte Gemälde und ein
zweites, gestaltenreiches, ausserordentlich reizvolles, mit aller Kunst, Liebe
und Fleiss durchgeführtes „Marionettentheater im Kloster. Venezianische
Karnevalscene aus dem 18.Jahrhundert“ bildeten 1887 zwei der anziehendsten
Zierden der italienischen Kunstausstellung zu Venedig, wie in diesem Jahr
der „Jubiläumsausstellung“ zu Wien. —■ Auch als Bildnissmaler nimmt
Eugen von Biaas einen hohen Rang ein. Das grosse Portrait einer
schönen jungen Frau in ganzer Figur, womit er auf der Berliner Aus-
stellung von 1886 vertreten war, hätte allein schon genügt, ihm denselben
zu sichern.
L. P.

D E R

LAUTENSPIE L E R

VON
T. CONTI.

Oior Francesco Martinengo
Von dem rühmlichen Geschlechte

Martinengo Dalle Palle,
Dem so manch ein hoher Staatsmann,
Manch ein Kriegsheld auch entsprossen
In Guastalla’s Blüthetagen —
Sior Francesco Martinengo,
Einz’ger Sprosse Dom Battistas,
 
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