Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

DOI Artikel:
Carl Frithjof, Smith: In der Dorfkirche
DOI Artikel:
Strobel, R; Trojan, Johannes: Pyramus und Thisbe
DOI Artikel:
Eisermann, Richard: Der Trompeter von Säkkingen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0036

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

MODERNE KUNST.

da sie von einem (hier nicht sichtbaren) Fenster in der jenseitigen Kirchen-
wand beleuchtet und so nur oben und seitlich mit schmalen Lichtkanten
gesäumt werden. Die grossen Schattenmassen aber sind wieder durch die
Reflexe vom beleuchteten Boden und der diesseits anzunehmenden hellen
Wand her aufgelöst und zum klarsten Helldunkel, zumal auf den Gesich-
tern, den lichten Stoffen der Schürzen und Kopftücher, der Kirchenwand
drüben und den Seitenwänden der Gestiihle, verwandelt. Mit diesen sonnen-
hellen und helldunkeln reflexgelichteten Partien kontrastiren wieder ener-
gisch die in ganz tiefdunkeln gesättigten Lokalfarben gehaltenen, über
welche die Lichtreflexe keine merkbare Wirkung ausüben können, die
schwarzen Nonnentrachten, die Röcke der Alten und das Kleid des
älteren Mädchens auf der ersten Bank. Dies ganze Spiel des Lichtes auf
den ihm zu- und von ihm abgekehrten Flächen, Kanten, Wölbungen und
sein Einfluss auf die Erscheinung der Farben ist hier liebevoll und auf-
merksam beobachtet, genau studirt und mit Geschmack und künstlerischer
Freude daran im Bilde durchgeführt.
Aber ebenso glücklich ist Smith in der Erfindung und Composition
des Bildes gewesen. So ein katholisches Gotteshaus im Dorf wie in
der Stadt, der prächtige von Gold, Farben und Marmor der Altäre
schimmernde Dom, wie das bescheidenste Dorfkirchlein, hat den Vorzug
vor jedem, dem protestantischen Cultus geweihten, voraus, dass es
den Gläubigen, abgesehen von wenigen Stunden, fast während des grössten
Theiles jedes Tages offen steht, nicht nur während des Gottesdienstes
an den Feiertagen und gelegentlich der Taufen und Trauungen. Wessen
Herz das Bedürfniss fühlt, in der weihevollen Stille des geheiligten
Ortes, wo kein profaner, roher Klang des Werktagslebens an unser
Ohr schlägt, Einkehr in sich zu halten, sich in Demuth und Vertrauen
dem oder den Unsichtbaren auszuschütten, von denen es Trost und
Errettung- von allen Leiden erhofft und erfleht, die unsers Fleisches Erb-
theil, — der tritt eben ein. Er spricht oder liest sein leises Gebet,
hört der gerade am Altar celebrirten Messe zu, oder ruht in irgend
einer beliebigen Ecke ungestört und unbehelligt im Frieden des Orts und
dessen kühler Dämmerung aus von dem heissen Drang und Lärm des
Lebens da draussen, und von dessen leidenschaftlichen Aufregungen. Eine
solche Versammlung, wie sie sich zufällig auf den Bänken einer katholischen
Dorfkirche zusammen findet, äusser dem Nonnenpaar und den beiden
Mädchen unter sich, keiner mit dem andern bekannt, schildert das Bild
wahr und ungesucht.
Von der Last des Alters und der Lebensnoth gedrückt, gebeugt, ge-
quält und geängstigt, suchten die Einen hier Zuflucht, wo sie dem, welcher
die Mühseligen und Beladenen zu sich rief, um sie zu erquicken, näher
zu sein meinen, leichter von ihm mit ihren Klagen gehört und erhört zu
werden hoffen, als draussen ausserhalb des Hauses, das seines Vaters ist.
Die beiden Beguinen führt mehr die gewohnte Pflicht hierher, die ihnen
gebietet: „Dem lieben Gott weich nicht aus, findst du ihn auf dem Weg“,
sie hören zur bestimmten Stunde die Messe, beten den Rosenkranz. Mit
dem still lächelnden Ausdruck des beruhigten, in ihrem Gott befriedigten
Gemüths, das keine inneren Kämpfe mehr kennt, sitzt die ältere von beiden
im Gestühl, während die jüngere knieend in innigem Gebet wohl um
Schutz vor den Anfechtungen fleht, die ihr armes Mädchenherz bestürmen,
das noch immer vergebens ringt, den Frieden zu gewinnen, den jene ältere
Schwester geniesst. Kein Leid im Herzen, keine Stürme im Gemüth, keine
Last und Qual des Gewissens, kein Bedürfniss des Trostes aber hat die
beiden lieblichen Kinder dort auf der ersten Bank hierher geführt. Sie
kamen, weil es die Mutter ihnen gesagt hat, und weil auch ihnen wohl
wird in der feierlichen Stille des kühlen heiligen Raumes. Halb Kinder- |
spiele, halb Gott im Herzen, die eine aus dem vergriffenen Büchlein in der
Hand Gebete lispelnd, die jüngere hübsche Genossin in frohen Träumen
vor sich hinblickend, so sitzen sie dort sittiglich da. Was gäben jene vom
Leben zermürbten, vom Schicksal zerzausten armen alten Frauen in den
hintern Bänken dafür, wenn sie noch einmal werden könnten, wie diese
Kinder 1
L. P.

PTRAMUS UND THISBE

VON
R. STROBEL

I yramus und Thisbe grössten
Sich durch einer Mauer Riss;
Durch manch zärtlich Wort versüssten
Sie der Trennung Bitterniss.
Keine Wand zwar, doch ein Gitter
Trennt dies andre Liebespaar.
Ihm auch ist die Trennung bitter,
Wie sie einstmals jenem war.
In ihr zartes Liebesleben
Drängt sich nicht der Väter Wuth,
Doch ein Zaun von kalten Stäben
Stellt sich zwischen ihre Gluth.
Jenes Paar in herbem Leide
Fand den Tod an Ninus’ Grab,
Und vereinigt stiegen beide
In des Hades Reich hinab.
Doch von diesen im Gesänge
Heisst’s: Gelangweilt allgemach,
Lief sie fort, und er noch lange
Sah ihr grimmig knurrend nach.
J. TROJAN.

DER TROMPETER VON SÄKKINGEN

VON

R. EISERMANN.

oder

,,Behüt dich Gott! es wär’ zu schön gewesen,
Behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein!“ —
er ist doch reich durch die Erinnerung an fröhlich durchschwärmte Stunden,
von denen der Dichter selbst berichtet:

er Trompeter von Säkkingen — welches Mädchen hätte
nicht für jung Werner geschwärmt, welcher Jüngling
nicht das holde Mägdlein Margaretha angebetet und
wessen Herz hätte nicht schneller, fröhlicher geschlagen
beim Lesen der lieblichen Verse, die uns noch heute
frisch anmuten, obgleich sie doch schon fünfundzwanzig
Jahre alt sind. Eine neue Generation ist inzwischen auf-
gewachsen, aber auch sie ist in den Zauberbann Scheffels
gerathen, und noch mancher anderen Generation wird es
so ergehen — jung Werner hat noch lange Zeit, ehe er
sich zum ruhigen Schlaf im versteckten Winkel des
Bücherschrankes legen kann. Und wer auch nichts
weiter im Kopf behalten hat, als das
„Alt Heidelberg, du feine,
Du Stadt an Ehren reich,“


„Und Manchem, der sich eine Braut genommen
Und mit ihr auszog in die Einsamkeit,
Warst als Geschenk und Kurzweil du willkommen,
Es liest nicht uneut sich in dir selbzweit.
 
Annotationen