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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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von Blaas, E.: Piccolo
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Liezen-Mayer, Alexander von: Flucht nach Aegypten
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Spitzer, Emanuel: Heimliche Lektüre
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0098

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LVI.

—w» PICCOLO -

VON
E. von BLAAS.

Mit Passini theilt Eugen von Biaas sich in den Ruhm, der beste Schilderer
modernen venezianischen Lebens zu sein. Und wenn beide Künstler
auch die Illusionen zerstört haben, die in der früheren Auffassung Italiens
und namentlich der Italienerinnen ihr Spiel trieben, so wird man ihnen doch
nicht böse sein, da sie an die Stelle der antiken Erscheinungen mit raben-
schwarzem Haar und klassischem Profil wirkliche lebenswahre Menschen
setzten, die uns so ganz vertraut vorkommen, wenngleich es noch immerhin
viel an ihnen zu bewundern giebt. Zu dieser Sorte der modernen Italiener,
die von den beiden genannten Meistern wieder zu Ehren gebracht worden
ist, gehört auch das Modell unseres „Piccolo“. Man hat seine Freude an
dem prächtigen Burschen, dem die italienische Staatsangehörigkeit trotz der
Abwesenheit aller idealisirenden Momente aus den Augen guckt. — Ueber
den Maler des Bildes, Eugen von Biaas, haben wir bereits in früheren
Lieferungen ausführlich berichtet.

LVII.

FLUCHT NACH AEGYPTEN
VON
A. LIEZEN-MAYER.


A. Liezen-Mayer.

deutendsten Arbeiten anregten.
Liezen-Mayer die Akademieen
das Atelier Piloty’s ein. Die

Unter den der Schule Piloty’s entspros-
senen Historienmalern steht Alexander
Liezen-Mayer in erster Reihe. Ungar
von Geburt, gehört er doch völlig mit
seinem Empfinden und künstlerischem
Schaffen der deutschen Kunst an. Er
ist in dieser Hinsicht viel mehr zum
Deutschen geworden als sein Kollege
und Landsmann Alexander Wagner, der
zumeist wieder zu den Stoffen griff,
welche die I leimath bot, während Liezen-
Mayer grade die deutsche Geschichte
und die deutsche Dichtung zu den be-
Geboren im Jahre 1839 zu Raab, besuchte
von Wien und München und trat 1862 in
ersten Schöpfungen waren „Die Krönung

Karl Durazzo’s in Stuhlweissenburg“ und die „Heiligsprechung der Land-
gräfin Elisabeth von Thüringen“. Seinen ersten grossen Erfolg aber ver-

dankte er dem Gemälde „Kaiserin Maria Theresia stillt im Prater ein armes

Kind“. In diesem historischen Genrebilde hatte er einen Ton angeschlagen,
der tief zum Herzen drang. In jener Zeit begannen auch seine ersten Ver-
suche auf dem Gebiete der Illustration, auf welchem er später so Grosses
leisten sollte. Einige Bildnisse, die er inzwischen fertig gestellt hatte, fanden
wegen ihrer koloristischen Vorzüge grossen Beifall; sie bewirkten auch seine
Berufung nach Wien im Jahre 1870, woselbst er verschiedene Porträts aus-
zuführen hatte. Er blieb zwei Jahre in Wien und malte u. A. auch den
Kaiser Franz Joseph. Nach seiner Rückkehr nach München schuf er in
den Jahren 1872—74 vier Gemälde, in denen er reizvolle Darstellungen
von Scenen aus den Werken der klassischen Dichter gab. Es sind dies
die Bilder: „Imogen und Jachimo“ (aus Shakespeare’s „Cymbeline“), P'aust

II. 9.

und Gretchen vor der Kirche und im Garten, und „Elisabeth, das Todes-
urtheil der Maria Stuart unterschreibend“. Letzteres Bild, das sich im
städtischen Museum zu Köln befindet, wurde wegen der Schärfe der
Charakteristik und der meisterhaften Koloristik sehr bewundert.
Seit dem Jahre 1874 war Liezen-Mayer eifrig als Illustrator beschäftigt.
Seine hervorragendsten Leistungen sind die Illustrationen zum „Faust“ (fünfzig
Blätter) und zum „Lied von der Glocke“ (zweiunddreissig Blätter). Hier
entfaltete er einen solchen Reichthum an Ideen und eine so grosse
zeichnerische Fertigkeit, dass er die Gunst des Publikums für immer gewann.
Auch an verschiedenen anderen Werken, wie z. B. Scheffel’s „Ekkehard“,
hat Liezen-Mayer sich bethätigt, immer mit demselben Erfolge. Gute
Komposition, tiefe Empfindung und sorgfältige Durchführung in den Details
sind die Vorzüge der Liezen-Mayer’schen Illustrationsmanier, welche stets
Gebilde von höchster malerischer Wirkung schuf.
Auch religiösen Stoffen und dem gewöhnlichen Genrebilde blieb der
Künstler nicht fern. Zu Ersteren gehört die Darstellung der Flucht nach
Aegypten, welche wir wiedergeben. Von Letzteren seien erwähnt „Erste
Freundschaft“, „Der ersten Liebe goldene Zeit“ u. s. w. Ein grösseres
neues Oelgemälde ist die „Heilige Elisabeth von Ungarn“, welches Bild sich
im Nationalmuseum zu Pest befindet.
Im Jahre 1880 siedelte Liezen-Mayer nach Stuttgart über, um dort
die Leitung der Kunstschule zu übernehmen; er gab diese Direktorstelle
jedoch bald wieder auf und kehrte nach München zurück, wo er eine
Professur an der Akademie inne hat.

LVIII.

HEIMLICHE LEKTÜRE


VON
EMANUEL SPITZER.

einen geschickten Vertreter gefunden, der in der lang-

jährigen Mitarbeit an den „Fliegenden Blättern“ sein be-

deutendes Talent für das Humoristische zur vollen Entfal-

tung gebracht hat. In seinen grösseren Arbeiten herrschen

Motive aus dem häuslichen Leben vor, deren graziöse Schalk-

haftigkeit den griesgrämigsten Beschauer zum Lachen bringen

Das heitere Element tritt im Gewände des realis-

muss.

tischen Humors auf, der sich von der grotesken Caricatur

fern hält und neben guter Charakteristik auch vollendete

ie malerische Darstellung der liebenswürdigen, neckischen
Seiten des modernen Lebens hat in Emanuel Spitzer
1
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malerische Durchführung aufweist. Was die „Fliegenden“ in
jüngster Zeit immer vorzüglicher machte, ist zum grössten Theil auf den Um-
stand zurückzuführen, dass die witzigen Zeichner auch tüchtige Maler sind,
welche sich keinen Effekt, den die Technik gewährt, entgehen lassen. Schlittgen,
Harburger, Spitzer, Schlitt, Albrecht u. A. haben so humoristische Genrebilder
geschaffen, in denen sich das moderne Leben in allen seinen Verzweigungen
und Verhältnissen abspiegelt und die deshalb einen hohen kulturhistorischen
Werth besitzen. Die Abwesenheit der politischen Momente, die Vermeidung
jeder Schlüpfrigkeit — bei aller Eleganz in der Darstellung weiblicher Schönheit
— unterscheiden diese moderne Münchener Humoristenschule vortheilhaft von


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Motive aus dem häuslichen Leben vor, deren graziöse Schalk-
haftigkeit den griesgrämigsten Beschauer zum Lachen bringen
muss. Das heitere Element tritt im Gewände des realis-
tischen Humors auf, der sich von der grotesken Caricatur
fern hält und neben guter Charakteristik auch vollendete
malerische Durchführung aufweist. Was die „Fliegenden“ in

den Vertretern des Humors in anderen Ländern.

Emanuel Spitzer ist geborener Ungar (3. Okt. 1844 zu Papa geboren),
aber durch seinen Aufenthalt in Wien und München ein echter deutscher

Humorist geworden, dem auch ein Studienaufenthalt in Paris nichts von
der österreichisch-süddeutschen Lustigkeit genommen hat. Sein Ruf datirt
von einer Schilderung des bewegten Treibens in einer Bahnhofshalle, wo eben
 
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