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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Ajdukiewicz, Thadeusz: Pferdemarkt in Kairo
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Essen, Johannes Cornelis van: Löwen im Käfig
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Ende, Felix von: Im Herbst
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0110

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38

MODERNE KUNST.

sind wir leider nicht im Stande. Die Ehrlichkeit der Pferdehändler ist im
Orient, wie in der ganzen Welt, keineswegs eine ganz zweifellose. Dazu
kommt, dass der Aegypter für die Erkennung der inneren und geheimen
Fehler eines Pferdes fast gar keine Handhabe hat. Die Amulete spielen
hierbei eine Hauptrolle und an diesen Hülfsmitteln lassen es die schlauen
Araber gewiss nicht fehlen.
Was die von den Aegyptern bei solchen Käufen bevorzugten Rassen
betrifft, so kommen hier besonders die syrische und die arabische Rasse
in Betracht. Das gewöhnliche syrische Pferd wird vorwiegend zum Trans-
port von Waaren verwendet, während eine verfeinerte Art desselben, die
nach dem Beduinenstamm Anezi ihren Namen führt, als Reitpferd im Ge-
brauch ist. Ein Kenner dieser ägyptischen Verhältnisse, Alfred von Kremer,
giebt von den Anezi nachstehende Beschreibung. Dieses Pferd ist von
mittlerer Höhe und vorwiegend hellgrau oder röthlich. Der Körper ist
kurz, die Form des Kopfes gleicht einer umgestürzten Pyramide. Die
grossen, feurigen Augen passen zu der Energie, welche sich in der ganzen
Haltung zeigt. Der Nacken ist gerade, der Widerrist hervorstehend, Rücken
und Croupe kurz, Schwanzansatz hoch. Hacksen und Knie sind breit, der
Huf ist klein und trocken, der Bauch von geringem Umfang. In seiner
Heimath widersteht es, wenn es richtig gepflegt wird und seine gewohnte
Nahrung, Kameelmilch, Datteln, Gerste erhält, 30 bis 40 Jahre allen An-
strengungen, welche ausgedehnte Wüstenritte mit sich bringen. An Adel
und Schnelligkeit wird das Anezi - Pferd von dem arabischen Negdi - Rosse
noch übertroffen, nicht aber an Ausdauer. Durch die schöne Haltung seines
Kopfes, den feurigen Blick und den hochgetragenen Schweif fällt das Araber-
Ross sofort auf ■ doch ist letztere charakteristische Eigenschaft nicht an-
geboren, sondern wird durch verschiedene Manipulationen erreicht, welche
die Beduinen vornehmen. Der Schweif wird bald nach der Geburt des
Pferdes förmlich geknetet und dann nach oben umgebogen, so lange bis
er von selbst die auffallende Form annimmt. Ein Negdi-Pferd vermag
ohne genügende Nahrung grosse Strecken zurückzulegen und wird selbst
dann seinem Reiter stets noch auf’s Wort gehorchen. Seine Treue und
Intelligenz ist sprüchwörtlich und gehört nicht bloss in das Reich der
bunten Phantasie eines Orientalen.

LXV.

JAN VAN ESSEN.

s ist eine Eigenthümlichkeit der modernen holländischen
Malerei, dass sie fast ausschliesslich heimische Motive
wählt. Im Gegensatz zu den kosmopolitischen deutschen
Künstlern hält sich der Holländer selten äusser Landes
auf; er studirt den vaterländischen Boden und die vater-
ländische Geschichte und gewinnt beiden die prächtigsten
Darstellungen ab. Die moderne holländische Schule hat
dank dieser Beschränkung in technischer Beziehung die
alten Vorbilder erreicht, während der freiere geistige Inhalt
auf das neunzehnte Jahrhundert weist. In Jan van Essen,
dem Maler unseres Bildes „Löwen im Käfig“, lernen wir
nun einen holländischen Künstler kennen, der nicht zum
heimischen Stoffkreise greift, sondern als Thiermaler seine
geht. Was er bietet, ist eine vollendete Leistung, die von

eigenen Wege
grossem Talent in der Behandlung des schwierigen Motivs zeugt, und die
sich dreist mit den Arbeiten deutscher Thiermaler messen kann.
Jan van Essen ist in Amsterdam am 25. Januar 1854 geboren. Seine
malerische Ausbildung erhielt er durch den Genremaler P. F. Greive; akade-
mische Studien hat er nicht gemacht. Im Jahre 1879 stellte er zum ersten


Male aus, später beschickte er mit Landschaftsbildern die internationalen
Ausstellungen von Melbourne (1881), Amsterdam (1883) und Nizza (1887).
Seine Arbeiten fanden grossen Beifall und trugen ihm verschiedene Medaillen
und sonstige Ehrenbezeugungen ein, so ernannten ihn die belgische Societe
des Aquarellistes und der Haag’sche Teekenmaatschappy zum Ehrenmitgliede.
— Bis zum Jahre 1885 hatte van Essen fast ausschliesslich Landschafts- und
Genrebilder gemalt. Das Bekanntwerden mit einem englischen Maler, Swan,
welcher im Amsterdamer Zoologischen Garten Thierstudien machte, führte
auch van Essen auf das Gebiet der Schilderung wilder Thiere. Seine ersten
Versuche fielen so überaus glücklich aus und fanden eine so freundliche
Aufnahme von Seiten der Kritik und des Publikums, dass der Künstler
seitdem diesem eigenartigen Genre treu geblieben ist. Seine Hauptwerke
sind: „Schlafender Löwe“ (1885, im Besitz von Th. Moliere in Amsterdam),
„Ruhender Löwe“ (1886, im Besitz von Freiherr Schorer, Bürgermeister
von Middelburg), zwei Löwenköpfe (1886), „Marabut“ (1886, Aquarellbild,
im Besitz von A. Willet, Amsterdam), „Löwen im Käfig“ (1887, nach
Amerika verkauft).

LXVI.

IM HERBST


VON
FELIX von ENDE.
elix Freiherr von Ende gehört der jüngeren Münchener
Malerschule an; geboren im Jahre 1856 zu Breslau, studirte
er auf den Akademien zu Düsseldorf und München. Auf
den Ausstellungen der letzten Jahre war er mit verschiedenen
gut ausgeführten Gemälden vertreten; es erschienen „Im
Herbst“ (Berlin 1886 und Wien 1888), „Kirchenkatzen“
(Berlin 1887), „Ein Vaterunser“ und „Vor der Messe“
(München 1888) und „Parkbild“ (Berlin 1888).
Die landschaftlichen Darstellungen von Ende’s sind
äusserst gelungen; seine beste bisherige Leistung dürfte
das von uns reproducirte Gemälde „Im Herbst“ sein. Auf
demselben ist die eigenthümliche Stimmung der Landschaft,

wie sie der Herbst hervorbringt, in meisterhafter Weise zum Ausdruck ge-
bracht worden. Der Maler führt uns in einen traulichen Parkwinkel, ruhig
liegt das Wasser des Teiches da, noch stehen die Bäume und die Sträucher
im Blätterschmuck, an dessen sommerlicher Fülle der Herbstwind rüttelt
hier ein welkgewordenes Blatt entführend, dort einen belaubten Ast knickend.

In symbolischer Verbindung mit dieser Vernichtung, diesem Müdewerden
der Natur, steht die figürliche Belebung der Staffage durch die auf der
Bank sitzende Wittwe, deren Kind im Grase munter spielt. Menschenglück
und Naturschönheit — Beides ist vergänglich, und dem düsteren Gewände,

welches die absterbende Natur anlegt, entspricht das Trauerkleid der Frau,
die mit ihrem Gatten das irdische Glück zu Grabe getragen hat. Es hat
etwas wehmütig Stimmendes — diese Vereinigung von menschlichem Seelen-

schmerz mit dem rohen Zerstörungswerk der Natur. Aber auch das ver-
söhnende Element fehlt dem Bilde nicht; in dem unschuldigen Kinde, das
von Menschenleid noch unberührt seine Wege wandelt, liegt der Trost der
Mutter, die Hoffnung auf ein neues glückliches Leben, der Hinweis auf den
wieder triumphirenden Frühling.

Die koloristischen und Kompositions-Vorzüge des Bildes sind in die
Augen springend. Die Unterbrechung des Waldes durch die schimmernde
Wasserfläche, der Ausblick auf das freie Feld darüber hinaus, die Gruppirung

der dichten Baummassen rechts und links und die ungekünstelte Einfügung
des figürlichen Elements verdienen hohes Lob. Die grosse Befähigung des
Künstlers für die Wiedergabe der einer Landschaft eigenen Stimmung lässt
weitere interessante Arbeiten erwarten.
 
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