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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Lieck, Josef: Vor dem Tanze
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Ajdukiewicz, Thadeusz: Pferdemarkt in Kairo
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0109

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LXIII.
VOR DEM TANZE
VON
JOSEF LIECK.

Josef Lieck ist der Maler einer grossen
Zahl weiblicher Phantasieköpfe, deren reiz-
volle Behandlung und Lieblichkeit dem
Künstler einen grossen Ruf geschaffen
haben. Das in vorliegender Lieferung zur
Wiedergabe gelangende Gemälde „Vor
dem Tanze“ ist ein würdiges Pendant zu
dem gleichfalls in der „Modernen Kunst“
veröffentlichten Bilde „Moselblümchen“, das
auf der Berliner Jubiläumsausstellung 1886
sehr bemerkt wurde. Die Bilder Lieck’s
zeigen mit Vorliebe ein warmes Helldunkel,
das die koloristischen Vorzüge der Dar-
stellung in effektvoller Weise hervorhebt.
Den grössten Erfolg freilich tragen die hübschen Mädchen davon, von deren
in holdem Liebreiz schimmernden Gestalten das Auge des Beschauers sich
nur schwer trennen kann. Die Vereinigung so vieler Vorzüge bewirkt
natürlich, dass die Arbeiten des Malers eine besonders grosse Zugkraft auf
die Käufer und Kunstliebhaber ausüben. Die Bilder, welche Lieck öffentlich
ausstellte, waren stets in kürzester Zeit verkauft, und oft sah sich der
Künstler genöthigt, seine Arbeiten zu wiederholen, ja drei- und viermal zu
malen, um den Anforderungen der Kauflustigen zu genügen. Es ist dies
jedenfalls ein glückliches Geschick, das sich mancher Kunstjünger herbei-
wünschen wird. Ein solches Resultat kann aber sich nur da einstellen, wo
ein grosses Talent vorhanden ist. Bei aller scheinbaren Einfachheit der
Lieck’schen Bilder spricht sich in ihnen eine eminente Begabung aus; nur
wer mit souveräner Sicherheit über die Hülfsmittel der Technik gebietet,
kann derlei Aufgaben mit Eleganz lösen. Fast jedes Bild des Künstlers
hat ein charakteristisches Etwas, das der Arbeit besonderen Reiz verleiht.
Von dem Studium, das diesen Beleuchtungs- und Helldunkel-Effekten voraus-
geht, merkt der Beschauer nichts, im fertigen Bilde erscheint Alles klar,
einfach und natürlich, und die Wirkung ist gerade deswegen um so grösser.
Josef Lieck ist am 22. Mai 1849 zu Aachen geboren und blieb dort
bis 1867, in welchem Jahre er nach absolvirtem Abiturientenexamen nach
Berlin übersiedelte. Er besuchte daselbst die königliche Kunstakademie und
wurde speciell Schüler Julius Schrader’s. Im Jahre 1874 machte er eine
Studienreise nach Italien. Seinen Wohnsitz hat der Künstler später in
Berlin genommen. — Die Ausstellungen in den letzten zehn Jahren weisen
eine Reihe von Gemälden Lieck’s auf, meist Damenporträts und Darstellungen
weiblicher Phantasieköpfe und Figuren. Das liebenswürdige Talent des
Künstlers brach sich schnell Bahn; einzelne Arbeiten, wie das „Mosel-
blümchen“, fanden durch die Photographie weite Verbreitung. Auf der
diesjährigen Berliner Kunstausstellung war Lieck durch einen reizenden
Mädchenkopf „Träume“ vertreten, während der Katalog der Münchener
Internationalen Kunstausstellung äusser dem „Moselblümchen“ das Original
unseres Holzschnittes zu verzeichnen hatte.


LXIV.

PFERDEMARKT IN KAIRO


VON
THADEUSZ AJDUKIEWICZ.
ie orientalischen Märkte haben zu allen Zeiten die Phan-
tasie des Nordländers erfüllt; die Eigenart jener farben-
prächtigen , reichen, alle Sinne des Beschauers fesselnden
Bazare ist der Europäer zu schildern nie müde geworden.
Das Luxuriöse, Kostbare, Reizvolle, all das, was sich bei
uns im tiefsten Innern des schmalen Ladens verbirgt,
dessen Schauseite meist nur banale Gebrauchsgegenstände
aufweist, baut der Orientale in seinem luftigen Zelte vor
den Augen des Käufers auf, die Geschäftslust anstachelnd
und die Begierde nach dem Besitz so schöner Dinge an-
fachend. Der pittoreske Reiz dieser in allen Farben
glitzernden Ausstellungen ist das beste Lockmittel für

den Unkundigen,

der vor Vergnügen über

den äusseren Schein die innere

Güte des Kaufobjekts zu prüfen vergisst.
Ein ähnliches Treiben, wie das in den

Bazaren des Orients, führt uns

das Bild des polnischen Malers Ajdukiewicz „Pferdemarkt in Kairo“ vor
Augen. Wer die zahlreichen Bilder, welche der Darstellung deutscher oder
überhaupt kontinentaler Pferdemärkte gewidmet sind, kennt, wird den Unter-
schied zwischen der Darstellung des Orients und des Occidents sofort heraus-
fühlen. Von jener Massenentfaltung, wie sie bei uns, entsprechend den Gewohn-
heiten des Landes, gang und gäbe ist, weiss der Maler nichts zu berichten;
der Pferdemarkt bildet einen Theil des allgemeinen Marktes, der mit seinen
Zelten und Buden bis in die Vorhöfe der Moscheen dringt und all die

charakteristischen Merkmale zeigt, welche wir oben erwähnten. Die male-
rischen Figuren der Käufer und Verkäufer, die interessanten Frauengestalten,
das Allerlei der Marktwaare, die hochbepackten Lastthiere, die sich bildenden
und sich wieder auflösenden Gruppen — Alles dies ist mit grosser Vir-
tuosität geschildert, mit jener Treue wiedergegeben, welche das Dargestellte
plastisch uns vor Augen bringt. Den Mittelpunkt des Gemäldes bildet die
dem „Pferdemarkte“ eingeräumte Schilderung, die Vorführung eines feurigen
Rosses. In gewaltigen Sätzen trabt es einher, den leichten Sand aufwirbelnd;
graziös und doch durch seine Bewegungen die Fülle der ihm eigenen Kraft
verrathend, passirt es an dem seine Schönheit und seinen Bau kritisch be-
trachtenden Kauflustigen vorbei. Die Figur dieses letzteren zeigt die orien-
talische Würde; sein imponirendes Aeussere weist auf den Wohlstand seines
Hauses hin. Als vornehmer Mann und schlauer Kaufmann unterdrückt er

jede allzu laute Aeusserung der Bewunderung, er achtet auch nicht der Zu-
reden des Verkäufers, der in seiner kriegerischen Rüstung so trotzig da-
steht, aber dem Klange des Goldes gegenüber seinen soldatischen Ueber-
muth noch rechtzeitig in kriechende Freundlichkeit verwandeln wird. Denn
ohne Handeln und Feilschen geht es auf dem orientalischen Pferdemarkte
ebenso wenig zu, wie auf dem deutschen, und man kann überzeugt sein, dass
der würdige Mann im Turban für das Pferd auch nicht einen Piaster mehr
zahlen wird, als er auszugeben gewillt ist. Ob er trotzdem nicht der Be-
trogene sein wird, ob das edle Ross auch später die guten Eigenschaften
zeigen wird, wie bei der heutigen Parade, diese Fragen zu beantworten

II. 10.
 
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